Chemie-Tarifabschluss: 3,7 Prozent mehr
IG-BCE-Verhandlungsführer Peter Hausmann (l.) und BAVC-Verhandlungsführer Hans-Carsten Hansen bezeichneten das Verhandlungsergebnis als einen Kompromiss, der für beide Seiten tragfähig sei (Bild: IG BCE)

IG-BCE-Verhandlungsführer Peter Hausmann (l.) und BAVC-Verhandlungsführer Hans-Carsten Hansen bezeichneten das Verhandlungsergebnis als einen Kompromiss, der für beide Seiten tragfähig sei (Bild: IG BCE)

Die tabellenwirksame Tariferhöhung gilt ab dem 2. Monat, kann aber um bis zu 2 weitere Monate nach hinten verschoben werden, wenn die wirtschaftliche Lage dies erfordert. Zudem werden die Unternehmen von 2014 bis 2016 bundesweit 9.200 neue Ausbildungsplätze pro Jahr anbieten. Die Entscheidung zur Übernahme bleibt weiterhin in der Verantwortung der Unternehmen.

Die Gewerkschaft hatte zu Verhandlungsbeginn eine Erhöhung der Entgelte um 5,5 % und eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 60 Euro gefordert; die Laufzeit des neuen Tarifvertrags sollte 12 Monate betragen. Außerdem wollte die Gewerkschaft den Tarifvertrag „Zukunft durch Ausbildung“ fortschreiben und die Übernahmesituation nach der Ausbildung verbessern.

Entgelterhöhung: Nach Leermonat 3,7 Prozent für 13 Monate
Nach 1 Leermonat steigen die Tarifentgelte für die Chemie-Beschäftigten sowie die Ausbildungsvergütungen um 3,7 %. Die Entgeltsteigerung wird damit in den Tarifbezirken Hessen, Nordrhein und Rheinland-Pfalz zum 1. Februar 2014 wirksam. In den Bezirken Baden-Württemberg, Bayern, Berlin (West), Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein sowie Niedersachsen und Westfalen gilt dies ab 1. März 2014. Im Saarland und im Tarifbezirk Ost tritt diese Regelung am 1. April 2014 in Kraft. Die bezirklichen Entgelttarifverträge laufen jeweils 14 Monate und gelten entsprechend bis Ende Februar 2015 beziehungsweise Ende März und Ende April 2015.

Flexibilisiertes Inkrafttreten der Tarifsteigerung
Die Betriebsparteien können mittels freiwilliger Betriebsvereinbarung festlegen, dass der Beginn der Tariferhöhung nach dem Leermonat aus wirtschaftlichen Gründen um 1 weiteren Monat verschoben wird. Unternehmen in besonderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Verlust im abgelaufenen oder laufenden Geschäftsjahr) können eine Verschiebung um 2 Monate ohne Zustimmung des Betriebsrats vornehmen. Diese zusätzliche Flexibilität trägt der differenzierten Situation innerhalb der Branche Rechnung.

9.200 neue Ausbildungsplätze pro Jahr, aber kein Übernahmezwang
Die beiden Tarifparteien haben zudem vereinbart, das hohe Ausbildungsplatzniveau der Branche auszubauen. Von 2014 bis 2016 sollen jährlich 9.200 neue Ausbildungsstellen angeboten werden (bislang 9.000 pro Jahr). Der Ende 2013 ausgelaufene Tarifvertrag „Zukunft durch Ausbildung“ wird weiterentwickelt zum Tarifvertrag „Zukunft durch Ausbildung und Berufseinstieg“, in den auch das „Start in den Beruf“-Programm für nicht ausbildungsreife Jugendliche sowie der Karrierewegweiser „Berufskompass Chemie“ integriert werden. Die Tarifparteien bekennen sich darin weiterhin zu dem erfolgreichen Grundsatz „Ausbildung geht vor Übernahme“.

Zugleich wollen die Tarifpartner die Übernahmeperspektiven nach der Ausbildung verbessern. Chemie-Arbeitgeber und IG BCE werden zunächst eine gemeinsame Datenbasis schaffen, um den Stand und die Entwicklung der Übernahmesituation in den regional und bundesweit bestehenden „Runden Tischen für Ausbildungsfragen“ zu überprüfen. Die Tarifparteien empfehlen, übernommenen Ausgebildeten möglichst einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten und nur dann befristet zu übernehmen, wenn dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen sinnvoll ist. Die Chemie-Tarifverträge enthalten weiterhin keinen tariflichen Übernahmezwang. Die Entscheidung zur Übernahme bleibt in der Verantwortung der Unternehmen. Zur Überprüfung werden auf regionaler Ebene paritätisch besetzte Runde Tische eingesetzt, die Ergebnisse jährlich auf Bundesebene zusammengeführt und bewertet.

Kommentare aus der Gewerkschaft IG BCE
Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis: „Das Ergebnis steht in der Tradition einer erfolgreichen Tarifpolitik, die der wirtschaftliche Stärke der chemischen Industrie entspricht. Gleichzeitig sind wir einen weiteren Schritt auf dem Weg voran gekommen, den demographischen Wandel in der Branche zu gestalten. Mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen und ihnen gute Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, das ist die richtige Zukunftsstrategie.“

IG-BCE-Verhandlungsführer Peter Hausmann und Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IG BCE bewertet das Ergebnis als „einen angemessenen und tragfähigen Kompromiss.“ Hausmann weiter: „Die kraftvollen Aktionen vor Ort haben Wirkung gezeigt, brachten Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen. Wir haben eine spürbare Erhöhung der Entgelte erreicht. Zudem ist es gelungen, die Ausbildungs- und Übernahmeperspektiven der jungen Leute zu verbessern. Die Ära der Befristungen geht zu Ende, wir haben eine Trendwende eingeleitet.“

Kommentare vom Arbeitgeberverband BAVC
„Heute hat sich wieder einmal gezeigt: die Sozialpartnerschaft in der Chemie funktioniert“, unterstrich BAVC-Präsidentin Margret Suckale. „Wichtig ist, dass die Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben – gerade in einer Zeit, in der immer mehr Belastungen auf die Wirtschaft zukommen. Mit dem Abschluss beteiligen wir die Beschäftigten angemessen am Erfolg unserer Branche. Und wir denken heute schon an die Fachkräfte von morgen. Deshalb bauen wir unser Engagement für junge Menschen weiter aus. Das ist für uns Sozialpartner eine echte Herzensangelegenheit, dafür steht die Chemie!“

BAVC-Verhandlungsführer Hans-Carsten Hansen wertete die Einigung als „Kompromiss, der für beide Seiten tragbar ist“. Hansen weiter: „Wir haben hart und intensiv verhandelt. Dabei sind die Arbeitgeber beim Geld bis ans äußerste Limit gegangen. Gleichwohl haben wir einen flexiblen Mix gefunden, der die Kostenbelastung im Rahmen hält und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht gefährdet. In der Übernahmefrage haben wir uns auf eine intelligente Lösung verständigt: Wir erhalten die unternehmerische Freiheit und setzen auf Eigenverantwortung statt Zwang. So können wir unsere gemeinsame Erfolgsstory in Sachen Ausbildung fortschreiben.“

(dw)

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