Dem Intensivmischer auf der Spur

1: Der Versuchsaufbau im Labormaßstab: Intensivmischer für Feuchgranulation.

  • Die Inline-Analyse ermöglicht das Überwachen der Partikelgrößen-Verteilung als kritisches Qualitätsmerkmal bei der Granulation in Echtzeit.
  • Aufgrund der kurzen Prozesszeit bei der Granulation in Intensivmischern bleibt nur wenig Zeit, um auf Prozessabweichungen zu reagieren. Dies kann zu Fehlchargen und teuren Aufbereitungsprozessen führen.
  • Inline-Dispergierer vereinzeln die Partikel und vermeiden das Verblocken des Messvolumens während der Granulation.
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Diese Fälle erfordern ein Vorbehandeln des Pulvers, um das weitere Verarbeiten zu erleichtern oder sogar erst zu ermöglichen. Die Granulation zählt zu diesen Prozessen [1, 2]. Ein kritisches Qualitätsmerkmal von Granulaten ist die Partikelgrößen-Verteilung, da zahlreiche Prozessparameter dieses Attribut beeinflussen können. Bestimmt der Anwender die Partikelgrößen-Verteilung mit einer Offline-Methode, wie beispielsweise der Siebanalyse, liefert diese die Informationen zur Granulatkorngröße erst nach Pro-zessende. Somit ist ein korrektiver Eingriff in den Prozess unmöglich. Prozessanalytische Technologien (PAT) ermöglichen eine Echtzeit-Kontrolle des Herstellungsprozesses hinsichtlich der im Vorfeld festgelegten kritischen Qualitätsmerkmale (critical quality attributes, CQAs) im Sinne des Quality by Design-Ansatzes (QbD) [3].

Echtzeit Analyse von kritischen Prozessparametern
Die Intensivmischer-Granulation zeichnet sich durch eine kurze Prozesszeit aus – allerdings können Bediener hier nur sehr eingeschränkt auf abweichende Prozessbedingungen reagieren. Die Folgen sind zeit- und kostenintensive Aufbereitungsprozesse der Fehlchargen, denen im schlimmsten Fall gar das Vernichten droht. Inline-Partikelmesssonden ermöglichen den Prozess der Intensivmischer-Granulation transparenter zu gestalten und besser zu überwachen. Dabei lassen sich Zusammenhänge zwischen Herstellungsparametern und Produkteigenschaften prozessbegleitend verfolgen und der Prozess-Endpunkt besser festlegen. Zur Echtzeit-Analyse von Feuchtgranulations-Prozessen in Intensivmischer-Granulatoren der Firma Diosna kam die Inline-Partikelmesssonde IPP 70-S von Parsum zum Einsatz.

Die Messsonde basiert auf dem erweiterten faseroptischen Ortsfilter-Verfahren, einer Modifikation des herkömmlichen Ortsfilter-Verfahrens [4]. Grundlage ist die Ortsfilter-Anemometrie, mit der sich die Geschwindigkeit von Partikeln in transparenten Medien bestimmen lässt. Durch Erweitern des herkömmlichen Ortsfilters mit einer Einzelfaser lässt sich die Abschattungsdauer als Flugzeit (time-of-flight) jedes einzelnen Partikels erfassen. Aus der Flugzeit und der Geschwindigkeit des Partikels berechnet die Sonde die Partikelgröße als Sehnenlänge. Die Partikelgrößen-Verteilung entspricht somit der statistischen Verteilung der Sehnenlängen.

Bei einem Prozess mit hoher Partikelkonzentration vereinzelt der optionale Inline-Dispergierer den Partikelstrom mittels Druckluft. Ein zeitlich getakteter Druckluft-Stoß vermeidet, dass das Messvolumen während der Granulation verblockt. Dabei entfernt der Dispergierer mögliche Rückstände.

Intensivmischer-Granulatoren durchmischen das Ausgangsmaterials während des Prozesses gründlich. Zeitgleich verdichten sie das Produkt durch ein dreiflügeliges, am Behälterboden verortetes Hauptmischwerkzeug. Zusätzlich ist seitlich in der Behälterwand ein schnell rotierendes Zerhackerwerkzeug verbaut, welches während der Granulation auftretende größere Agglomerate zerkleinert.

Für die Granulation im Labormaßstab verwendet man den Intensivmischer-Granulator P1-6 mit einem Behälternennvolumen von 4 L (Bild 1). Der Produktbehälter ist mit einem modifizierten Deckel ausgestattet, über den das in den Behälter eingetragene Dispergiergas abgeführt wird. Die orientierenden Versuche im Technikums-Maßstab finden in einem 60-l-Behälter des Intensivmischer-Granulators P/VAC10-60 statt.

5: Prozentuale Zusammensetzung der gewählten Modellrezepturen für die Feuchtgranulation im Labor- und Technikums- Maßstab [5, 6]. (Bild: Hochschule Ostwestfalen Lippe)

5: Prozentuale Zusammensetzung der gewählten Modellrezepturen für die Feuchtgranulation im Labor- und Technikums-Maßstab [5, 6].(Bild: Hochschule Ostwestfalen Lippe)

Messung im Labor- und Technikums-Maßstab
Bei der Untersuchung der Feuchtgranulation im Labormaßstab kam ein Klebstoff-Granulat zum Einsatz (Bild 5). Die vorgelegte Pulvermenge beträgt 720 g. Bei exemplarischen Untersuchungen im Technikums-Maßstab hat das Klebstoff-Granulat eine abweichende Zusammensetzung. Die Ansatzgröße hierbei beträgt
17,5 kg. Sowohl im Labor- als auch im Technikums-Maßstab werden die Produkte mit Wasser aufgranuliert.

Um den Einfluss des Bindemittels auf den Verlauf der Partikelgröße während der Feuchtgranulation zu untersuchen, variiert die Einsatzkonzentration des Poly-Vinylpyrrolidons (PVP) zwischen 3,4 und 10,0 %. Bild 2 zeigt, dass die Inline-Partikelmesssonde die Partikelgröße des sich bildenden Granulates über die gesamte Prozessdauer erfasst. Zudem zeigen sich Variationen in der Granulatzusammensetzung, da ein Anstieg der Bindemittelkonzentration eine deutliche Zunahme der Endpartikelgröße zum Prozessende bedingt. Ab einem PVP-Anteil von mehr als 5,4 % steigt die Endpartikelgröße nicht mehr an. Ein plausibler Grund ist die limitierte Menge an Granulierflüssigkeit.

Bei der zweiten Versuchsreihe steht der Einfluss der zugesetzten Granulierflüssigkeits-Menge auf die resultierende Endpartikel-Größe im Fokus. Dabei variiert der Anteil an Granulierflüssigkeit im Bereich von 5,8 bis 24,6 %. Der PVP-Gehalt beträgt konstant 5,4 %. Mit steigendem Anteil an Granulierflüssigkeit ist die Zunahme der Endpartikel-Größe in Echtzeit möglich (Bild 3). Besonders deutlich ist das Überfeuchten der Pulvervorlage ab einem Wassergehalt in Höhe von 27,1 %. Ab diesem Wasseranteil geht die feuchte Pulvervorlage in einen suspensionsartigen Zustand über, was sich durch eine Abnahme der Partikelgröße abzeichnet. Die Inline-Analyse der Partikelgröße erfasst deutlich die Endgranulat-Größe in Abhängigkeit der eingesetzten Menge an Granulierflüssigkeit.

Ob die Messung auch im Technikums-Maßstab geeignet ist, zeigt sich in einem Feuchtgranulations-Prozess mit einem 60 l großen Intesivmischer-Granulator, in den die Sonde eingebaut wurde. Die detaillierte Analyse dieses Versuchs umfasst ausschließlich die Phase der Flüssigkeitszugabe. In diesem Prozessabschnitt ist der stärkste Anstieg der Partikelgröße zu erwarten und die Größe des Ringspeichers, also die Anzahl der erfassten Messdaten, wirkt sich maßgeblich auf den Zeitabstand zwischen potenziellen Prozessänderungen und deren Detektion aus. Mithilfe der Messsoftware lässt sich jeder Granulationsversuch unterschiedlich auswerten und der Verlauf der Partikelgröße auf Grundlage unterschiedlicher Ringspeicher-Größen darstellen.

Aus den Kurven in Bild 4 lassen sich unterschiedliche Empfindlichkeiten des Messsystems auf die bei der Granulatbildung stattfindenden Vorgänge ableiten. Vornehmlich der Kurvenverlauf der Ringspeicher-Größe von 20.000 Partikeln, weicht in dieser Phase stark von den restlichen Kurven ab. Grund für diesen Verlauf und die schwankende Partikelgröße sind vereinzelte größere Agglomerate, die sich während der Zugabe der Granulierflüssigkeit bilden. Da die volumenbasierte Verteilung (Q3, q3) äußerst sensitiv bei größeren Partikel ist, verschiebt sie sich zu diesen hin. Der Einfluss größerer Agglomerate macht sich vor allem bei kleineren Ringspeicher-Größen bemerkbar. Eine vergrößerte Ringspeicher-Kapazität und somit auch der Umfang der dynamischen Stichprobe führen zu geglätteten Kurvenverläufen. Deutlich abzulesen an den Beispielen einer Ringspeicher-Größe von 50.000 und 100.000 Partikeln.

Unabhängig von der gewählten Ringspeicher-Größe werden nach Abschluss der Flüssigkeitszugabe vergleichbare Partikelgrößen detektiert. Das Partikelwachstum während der betrachteten Prozessphase zeigt zudem den qualitativ gleichen Verlauf, der bereits aus den Versuchen im Labormaßstab bekannt ist. Die Unterschiede bei der gemessenen Endpartikel-Größe sind auf die unterschiedlichen Granulate bei den Versuchen im Labor- und Technikums-Maßstab zurückzuführen.

Fazit: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich die Inline-Analyse vom Labor- in den Technikums-Maßstab übertragen lässt. Das kontinuierliche Überwachen des Prozesses hilft Rezeptureinflüsse auf die resultierende Partikelgröße zu erkennen. So wird eine transparente Produktion von Granulaten ermöglicht. Der erste Versuch im Technikums-Maßstab zeigt, dass das Bestimmen der Partikelgröße während der Zugabe der Granulierflüssigkeit auch hier in Echtzeit realisierbar ist. Zur Analyse der Messergebnisse scheint eine prozessspezifische Anpassung der Softwareparameter notwendig, insbesondere der Ringspeicher-Größe.

Literaturverzeichnis

[1]     Parikh, D. M. Handbook of Pharmaceutical Granulation Technology. New York (USA): Marcel Dekker, Inc. 1997.

[2]     Serno, P., Kleinebudde, P., Knop, K. Granulieren: Grundlagen, Verfahren, Formulierungen. Aulendorf: Editio Cantor Verlag. 2007.

[3]     International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for human use. Pharmaceutical Development Q8(R2). 2009.

[4]     Aizu, Y., Asakura, T. Spatial Filtering Velocimetry: Fundamentals and Applications. Berlin: Springer Verlag. 2006.

[5]     Hüttner, C., Kutz, G., Dietrich, S. PAT in High-Shear Granulation Processes using In-line Particle Size Measurements.  Abstract & Poster beim 6th International Congress on Pharmaceutical Engineering Graz, 2014.

[6]     Hüttner, C., Türken, B., Kutz, G., Dietrich, S. Real time process control during wet granulation in a high-shear mixer using spatial filtering velocimetry – Influence of different formulations.  Abstract & Poster beim 9th World Meeting on Pharmaceutics, Biopharmaceutics and Pharmaceutical Technology; Lissabon, 2014.

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