Die Skalierbarkeit war für uns ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Auswahl der Chromatographiesäulen“, sagt Dr. Timo May, Head of Downstream Processing bei Strathmann Biotec. Mit vielen Auftraggebern bestehen langfristige Verträge, das heißt der Produktion geht in der Regel die Prozessentwicklung voraus. „Wenn wir von 2g ausgehen und um den Faktor zehn hochskalieren, ist es von Vorteil, dafür den Säulentyp nicht wechseln zu müssen.“ Denn die Kunden setzen auf Sicherheit, was in diesem Fall gleichbedeutend mit Beständigkeit ist. Jeder Systemwechsel könnte das Risiko bergen, eine Zulassung zu verlieren, ganz abgesehen vom Aufwand einer erneuten Validierung. Mit dem neuen 630-mm-Modell stehen inzwischen neun Säulendurchmesser – 70 bis 630mm – zur Verfügung, die ein breites Einsatzspektrum von den ersten Laborversuchen bis zur großtechnischen Produktion abdecken.

Während die „Hardware“-Komponenten für die Reinigung der Produkte – in erster Linie rekombinante Proteine und Plasmid-DNA – ebenso wie die anderen Produktionseinrichtungen bei Strathmann Biotec für den Multi-purpose-Betrieb ausgelegt sind, wird jede Säule, das heißt die Hardware in Kombination mit der stationären Phase, für ein bestimmtes Produkt zertifiziert. Im Vorfeld werden dafür der Herstellungsprozess detailliert bewertet und mit Hilfe von Risikoanalysen kritische Parameter identifiziert. Aggressive Medien oder temperaturempfindliche Produktbestandteile erfordern eine maßgeschneiderte Lösung. „Hierbei ist auch die Erfahrung des Systemanbieters gefragt“, sagt Timo May, etwa wenn eine Säule während des Trennprozesses gekühlt werden muss. Der Lohnherstellungskunde kauft dieses Know-how samt Säule und kann dann entscheiden, ob er nach abgeschlossener Prozessoptimierung weiterhin bei Strathmann fertigen lässt oder das System in den eigenen Betrieb umzieht.

Bei Auslegung ist Weitsicht gefragt

Um die Chromatographiesysteme den unterschiedlichsten Anforderungen anpassen zu können, sind die Säulen der QuikScale-Serie, die speziell für den Niedrigdruckbereich in der präparativen Chemie (LPLC) entwickelt wurde, modular aufgebaut. Für jeden Säulendurchmesser werden drei Höhen angeboten: 550, 800 und 1100mm. Die Säulen sind jeweils in den Werkstoffen Glas,Acryl undEdelstahl erhältlich. Die unterschiedlichen Säulentypen eines Durchmessers lassen sich jeweils beliebig auf ein und denselben Rahmen montieren. „Am häufigsten – etwa 60 bis 70% aller Anwendungen – finden Acrylsäulen Einsatz“, sagt Gerd Walter, European Hardware Technology Manager beim Hersteller Millipore:„Diesen Werkstoff haben wir kürzlich in Kooperation mit einem Zulieferer verbessert, um die Lösemittelbeständigkeit zu erhöhen.“ Glassäulen decken etwa 30% aller Anwendungen ab. Edelstahl findet bislang nur in 5 bis 10% aller Anwendungsfälle Einsatz, dominiert aber klar in der Pharmaproduktion bei großen Säulendurchmessern.

„Feinarbeit bei der Auslegung für den Mehrproduktbetrieb erfordert vor allem die Sensorik zur Inprozess-Kontrolle“, sagt May: „Auf den ersten Blick scheinen sich unsere Produkte ähnlich zu verhalten, sie absorbieren aber Licht unterschiedlicher Wellenlänge.“ Eine Festwellensensorik ist in einer Mehrzweckanlage deshalb fehl am Platze. Zusätzlich zu einem UV/VIS-Spektrometer besitzen die Chromatographiesysteme bei Strathmann Biotec am Auslauf eine NIR-Messstelle. „Schon bei der Auslegung der Anlage muss man sich überlegen, welche Produkte in Zukunft angefragt werden könnten. Man weiß nie, was auf einen zukommt.“
Über OPC-Schnittstellen sind die Chromatographiesysteme inklusive Sensorik mit dem Prozessleitsystem verbunden. „Die Tendenz geht zur automatischen Steuerung“, so May. Dennoch bedeutet die Aufreinigung mittels Chromatographie nach wie vor viel Handarbeit. Das Handling der Säulen ist über die letzten Jahre aber deutlich einfacher geworden. „Wir haben die Zahl der Einzelteile in unseren Chromatographiesäulen von herkömmlich über 100 auf um die 50 reduziert“, sagt Gerd Walter: „Innerhalb von wenigen Minuten lässt sich die Säule auseinander nehmen und ebenso schnell wieder montieren.“

Innovatives Dichtkonzept erhöht Betriebssicherheit

Komplett zerlegt werden muss die Säule nur noch bei einem Produktwechsel, sie ist CIP-fähig. Voraussetzung dafür ist die totraumarme Abdichtung der Verteilerzelle. An der unteren Verteilerplatte ersetzt eine U-Sektionsdichtung herkömmliche O-Ring-Lösungen, die Abdichtung der oberen Verteilerzelle wird mit Federn erzielt. Zum Lösen muss Luft – zum Beispiel mit Hilfe einer Handpumpe – in das System gepumpt werden. Dabei werden die Federn zusammengedrückt. „Im normalen, entspannten Zustand ist die Säule immer dicht“, sagt Gerd Walter: „So kann die Chromatographiesäule nicht aus Versehen geöffnet werden.“
Eine weitere Besonderheit dieser Säulenfamilie sind die konisch geformten Verteilerzellen. Luftblasen werden beim Packen direkt nach oben aus der Chromatographiesäule geleitet. Beim Einsatz moderner Medien werden Flussleistungen von bis zu 1000cm/h erreicht.

Zum Packen lässt sich die obere Verteilerzelle bis zu einem Durchmesser von 450mm zur Seite schwenken. Die untere Verteilerzelle lässt sich zum Entpacken abnehmen, so dass das Gelmaterial direkt und einfach in ein Gefäß entsorgt werden kann, ohne suspendiert zu werden. „Früher mussten die Säulen immer zu zweit entleert und neu gepackt werden, weil eine Person alleine die schweren Teile nicht heben konnte“, sagt Timo May. Ein Säulenoberteil aus Edelstahl wiegt bis zu 150kg, und Kräne sind in Reinräumen in der Regel nicht vorhanden.

Auf die Frage, welche Wünsche an den Systemanbieter bislang noch unerfüllt geblieben sind, spricht Timo May die Reproduzierbarkeit der Packung an. Gepackt wird derzeit hydraulisch im Fluss, und dabei ist die Qualität der Säule nach wie vor stark vom Operator abhängig. „Ich wünsche mir – und da geht auch der Trend hin –, dass man robust und reproduzierbar packen kann“, so May: „Axialfluss-Packen könnte eine Lösung sein.“ Erste Anwendungen gibt es bereits, es wird aber noch eine Weile dauern, bis sich diese Technik im GMP-regulierten Umfeld etabliert hat. Mindestens bis dahin bleiben die Erfahrungen und das Know-how der Produktionsmitarbeiter ein wertvolles „Asset“ für den Lohnhersteller. Das Packen, so Timo May, „ist eine Kunst für sich.“

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