Dem Unterschied zwischen Reinraumklassifizierung und Reinraummonitoring wird zwischenzeitlich Rechnung getragen, und es existieren eine Reihe von Hinweisen zur sinnvollen Klassifizierungsprobenahme. Während zumindest einige Handlungsanweisungen zur räumlichen Platzierung von Monitoring Probenahmepunkten existieren, fristen Untersuchungen zum Probentransport bei kontinuierlichen, extraktiven Systemen in der Literatur ein Schattendasein. Ebenso gibt es kaum konkrete Zahlenwerte zum Verlust von größeren bzw. schwereren Partikeln mit zunehmender Probenahmelänge.

Pharmazeutische Regelwerke undihre Aussagen zur Probenahme

Für den Betrieb Reiner Räume definiert die Norm ISO 14644 Reinraumklassen und gibt konkrete Handlungsanweisungen für Qualifizierungs- und Klassifizierungsdurchführung. Die Anweisungen beinhalten unter anderem die Anwendung von optischen Partikelzählern (OPZ). Anzahl, Aufteilung und Aufstellung der notwendigen Messpunkte wird ebenso dargestellt wie die minimalen Messvolumina und die isokinetische Probenahmetechnik. Im pharmazeutischen Umfeld wird die Reinraum(re-)qualifizierung ergänzt durch kontinuierliches Partikelmonitoring. Der EU-Guideline “guide to good manufacturing practice“ geht in sterilen A-Bereichen von einem kontinuierlichen Monitoring aus und empfiehlt die kontinuierliche Monitoringstrategie für B-Bereiche.

Aussagen hinsichtlich einer empfehlenswerten Probenahmestrategie werden nicht gemacht. In Bemühungen, den EU-Guideline praxistauglicher zu gestalten, ergeben sich präzisere Unterscheidungen zwischen qualifizierenden Partikelmessungen und kontinuierlichem Monitoring. Auch findet erstmalig die Problematik langer Entnahmeschläuche Erwähnung. Darüber hinaus fehlen weiterhin praktikable Richtlinien zur Festlegung von Probenahmepunkten.
Weiterführende Fingerzeige zum Thema Probenahme gibt das korrespondierende Papier der FDA “Guidance for Industry, Sterile Drug Products“. Hier wird darauf hingewiesen, dass die Probenahmestelle nicht mehr als 30 cm (1foot) vom Produkt entfernt sein sollte – gewisse produktionstechnische Aspekte – beispielsweise bei einer Pulverabfüllung – dies aber unmöglich machen können. Ferner erklärt der FDA-Guidance, dass die Probenahmestelle am risikoträchtigsten Punkt platziert sein sollte (… measurements to … be taken at sites wherethere is most potential risk to the exposed sterilized product …) und eine möglichst repräsentative Probe (… meaningful sample …) darstellen soll. Diese FDA-Aussagen betonen die Bedeutung zeitlich vorgelagerter Risikoanalysen.

Festlegen von Probenahmestellen durch Qualifizierungsdaten

Keineswegs sollte das „Trial and error“-Prinzip zur Definition von Probenahmestellen im Sterilprozess dienen. Das Verschieben von Messpunkten, bis die Messwerte „passen“, ist nämlich keineswegs konform zum Risk-based-approach-Ansatz der FDA. Vielmehr ist der pharmazeutische Produktionsprozess in seine einzelnen Prozessschritte aufzulösen. Über jeden der einzelnen Prozessschritte kann ein dreidimensionales Gitter gelegt werden, in dessen Raumwürfeln qualifizierende Partikelmessungen stattfinden. Bild 1 zeigt dies beispielhaft für den Bereich einer Sterilabfüllung.

Die Partikel-Datensätze der Raumwürfel führen zum kontaminationsanfälligsten Punkt des betrachteten Prozessschrittes. Hier liegt der künftige Entnahmepunkt für ein kontinuierliches Partikelmonitoring. Bringt dieser bevorzugte Entnahmepunkt Probleme für den Prozessablauf oder für den Personalzugriff mit sich, wird der Raumpunkt mit zweithöchstem Risiko gewählt.

Bewährte Probenahmestrategien

Sterilbereiche sind so wenig wie möglich zu belasten. Daher werden Betriebsmittel wie Partikelsensoren nicht bevorzugt in A-Bereichen platziert. Gleichwohl sind derartige Installationen in A-Bereichen manchmal nicht zu vermeiden (Bild 2). Stattdessen finden sich häufig Positionierungen in B-oder C-Bereichen – und dort bevorzugt auf dem Höhenniveau unterhalb von Maschinentischen. Logische Konsequenz aus dieser Entkopplung von A-Bereich und Aufstellort ist die Verbindung zwischen Probenahmepunkt und Partikelsensor mittels Schlauch oder Rohrleitung.

Die Verbindung erfolgt entweder per elektropoliertem Edelstahlrohr oder speziellem Schlauchmaterial. Beim Einsatz von Kunststoffschläuchen ist darauf zu achten, dass die Rauigkeit der probenberührenden Oberfläche so gering wie möglich ist und dass elektrostatische Aufladungen keine Bindungskräfte auf die angesaugten Partikel ausüben. Daher kommen Zweikomponenten-Kunststoffschläuche mit angepasstem Innendurchmesser zum Einsatz. In turbulenzarmer Verdrängungsströmung empfiehlt sich der Einsatz isokinetischer Probenahmesonden. Hier sind meistens maßgeschneiderte Lösungen notwendig. Schließlich müssen die gerätespezifischen Durchflüsse (28, 50 oder 100l/min) ebenso berücksichtigt werden wie das Design der Produktionsmaschinen.

Problematische Schlauchlängen

In der Literatur existieren bereits seit einiger Zeit Hinweise zu Leitungsverlusten durch Partikeltransport in extraktiven Systemen. Erste Untersuchungen bezogen sich auf Partikelmessungen per Messstellenumschaltung, deren Probendurchsatz sich auf 85l/min belief. Schon damals wurde festgestellt, dass bei Leitungslängen von 38m nur noch 20% der ursprünglich injizierten 5-µm-Partikel gefunden wurden. Die Leitungsverluste von Partikeln im 1-µm-Bereich blieben akzeptabel bis vernachlässigbar.

Insbesondere vor dem Hintergrund der extrem schwierig darzustellenden EU-GMP-Grenzwerte bei 5µm (erlaubt ist gegenwärtig bei der A-Bereich-Reinraumqualifizierung lediglich ein Count pro Kubikmeter) sieht sich die European Medicines Agency EMEA zu einer weiterführenden Annex-1-Kommentierung veranlasst: „Where remote sampling systems are used, the length of tubing and radii of any bends in the tubining must be validated“. Im Klartext heißt dies: Zu große Leitungslängen sind – hinsichtlich Verlust von 5-µm-Partikeln – ein absolut kritischer Parameter. Neuere Laborstudien zeigen, dass bei extraktiven Systemen mit 1cfm Durchfluss (28,3l/min) Leitungslängen von <3m anzustreben sind.

Praxistest zu Partikelverlusten

Eine Praxisstudie im pharmazeutischen Betriebsalltag sollte die Laborbefunde überprüfen. Dazu wurde ein Messpunkt in einem Klasse D-Übergangsbereich herangezogen. Dieser Aufstellort versprach auch im 5,0-µm-Kanal statistisch signifikante Messereignisse.

Ein Partikelzähler mit 6m Probenahmeschlauch (Material BEV A Line, Innendurchmesser ¼“) und ein Partikelzähler ohne Probenahmeschlauch – ähnlich Bild2 – bildeten das Grundgerüst des Messaufbaues. Beide Zähler wurden im Kalibrierlabor gegen eine Referenz kalibriert. In Orientierung an ISO 14644–3-Anhang C war somit in den relevanten Messkanälen 0,5µm und 5,0µm ein Gleichlauf im Fehlerintervall von etwa ±20% zu erwarten. Die Öffnungen beider Probenahmesonden waren etwa 10cm voneinander entfernt – insbesondere befanden sich beide Probenahmen im gleichen Filtrationsbereich des Reinraumes.
Beide Partikelzähler wurden über sechs Monate hinweg kontinuierlich betrieben. In einer ersten Auswertung wurde überprüft, inwieweit die beiden Partikelzähler im kleinen Partikelkanal (0,5µm) vergleichbare Messwerte liefern. Da 0,5-µm-Partikel nicht zur Sedimentation neigen, war zu erwarten, dass sich Messreihen mit Abweichungen von ±20% darstellen lassen. Die 14-tägige 0,5-µm-Messreihe in Bild 3 – zur besseren Unterscheidung sind die Messreihen um 2000counts in der y-Achse verschoben – lässt bereits eine hohe Übereinstimmung der Messreihen erkennen. Insbesondere erfassen beide Partikelzähler alle auftretenden „Ereignisse“. Detailanalysen von Einzelereignissen in Bild 3 zeigen, dass beide Messsysteme die zu tolerierende Messwertabweichung von ±20% klar unterschreiten. Beide Partikelzähler sind also grundsätzlich für den weiteren Testverlauf geeignet.
Bild4 dokumentiert den gleichen Zeitraum wie Bild3. Allerdings werden jetztz die 5,0-µm-Messergebnisse miteinander verglichen. Durch Aufgabe eines künstlichen Offsets von 100Counts/min wird erkennbar, dass beide Systeme – insbesondere auch der Partikelzähler mit Probenahmeschlauch – die relevanten Ereignisse grundsätzlich nachweisen. Der Zähler mit Schlauch liefert allerdings signifikant niedrigere Messwerte. Die Detailanalyse zahlreicher Einzelereignisse des sechsmonatigen Testzeitraumes bestätigt den Eindruck aus Bild4. Der Unterbefund des Partikelzählers mit Probenahmeschlauch wird in etwa durch einen Faktor 3,6 wiedergegeben.

Fazit: Der Feldtest bestätigt qualitativ und teilweise sogar quantitativ die Aussagen der Laborstudien. Auch wäre ein Partikelverlust in der Größenordnung von 80% von vornherein zu erwarten gewesen. Im Reinraummonitoring muss die Platzierung aller Partikelsensoren also dezidiert auf Minimierung von Schlauchlängen ausgelegt werden. Der Abstand zwischen isokinetischer Probenahmesonde und Partikelsensor sollte 3m möglichst nicht überschreiten. Bei Überschreitung der kritischen Schlauchlänge ist die Aufstellung eines Partikelsensors im A-Bereich in Betracht zu ziehen.

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PMT Partikel-Messtechnik GmbH

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