Pharmazeutische Hilfsstoffe: Quality by design
  • Eine intensive Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und pharmazeutischen Entwicklern ist für eine Entwicklung nach ICH Q8 ein erster wesentlicher Schritt. Daher hat das ‚International Pharmaceutical Excipients Council‘ (IPEC) eine Checkliste (Quality by design Checklist) für Excipient user sowie Excipient manufacturer /supplier zusammengestellt, die grundsätzliche Fragen der Zusammenarbeit thematisiert.
  • Die Listen umfassen fünf Punkte, die Fragen zu zentralen Bereichen des Entwicklungsprozesses aufwerfen, und zwar jeweils spezifisch in Hinblick auf die Anforderungen.

Dauermedikation stellt höchste Ansprüche an die Auswahl von Wirk- und Hilfsstoffen, um Neben- und Wechselwirkungen auch mit anderen Medikamenten zu minimieren. Für Kinder sind gänzlich andere Dosierungen erforderlich als für Erwachsene, um die Wirksamkeit eines Arzneimittels zu gewährleisten. Die erfolgreiche Herstellung und Vermarktung eines pharmazeutischen Produktes fordert aus diesem Grund schon in der Entwicklungsphase eine intensive Zusammenarbeit aller beteiligten Bereiche. Über den gesamten Einsatzzyklus eines Produktes ist es sinnvoll, weitere Informationen und Daten zu dokumentieren und auszuwerten, um schnell und effektiv auf neue Anforderungen und Produktanpassungen reagieren zu können.

Sowohl die FDA wie auch die EMA auf europäischer Ebene fordern daher eine ganzheitliche Herangehensweise schon in der Produktentwicklung, wie sie in der ICH Guideline Q7/Q8/Q9 veröffentlich wurde.

Qualität in Echtzeit einhalten
Quality by Design (QbD) ist ein systematischer, risikobasierter Entwicklungsansatz mit genauer Definition des Produktqualitätsprofils (quality target product profile – QTPP), das über Produkt- und Prozessverständnis sowie Prozesskontrolle innerhalb eines vorab festgelegten Design spaces sichergestellt wird. Hierzu werden die qualitätsrelevanten Einflussfaktoren (critical quality attributes – CQA) sowie die kritischen Prozessparameter des Herstellverfahrens (critical process parameters – CPP) bestimmt. Die Analyse dieser Parameter und deren Beurteilung hinsichtlich des Risikos für die Produktqualität führen zur Festlegung des Design space, in dem die gewünschte Qualität sicher und robust erreicht wird.

Das Einhalten der CQA wird durch geeignete Qualitätskontrollen nachgewiesen, die mit fortschreitender Entwicklung durch entsprechende automatisierte Inprozesskontrollen (PAT) ein frühzeitiges Erkennen von Abweichungen und somit das Einhalten der Qualität in Echtzeit ermöglichen. Während des gesamten Lebenszyklus des Produktes wird so eine reproduzierbare Herstellung gesichert und eine Optimierung der Herstellung ermöglicht.

Um diesen Ansatz in der Realität zu nutzen, gilt es die verschiedensten Aspekte zu beleuchten. Allein die Prüfung aller Inhaltstoffe generiert eine Vielzahl von Parametern, die analysiert, bewertet und in ihrer Wechselwirkung im Prozess erfasst werden müssen. Den Hilfsstoffen kommt hier eine besondere Rolle zu, da sie einerseits die Funktionalität der Darreichungsform bestimmen, andererseits aber auch durch Reaktion mit Wirkstoffen Stabilitätsprobleme verursachen können.

Gerade Hilfsstoffhersteller sind aber selten pharmazeutische Unternehmer und daher keine galenischen Spezialisten. Hilfsstoffe werden meist als großvolumige Produkte für die chemische oder die Lebensmittelindustrie hergestellt, mit deutlich geringeren Anforderungen an Spezifikation und Reinheit. Eine intensive Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und pharmazeutischen Entwicklern ist daher für eine Entwicklung nach ICH Q8 ein erster wesentlicher Schritt. Daher hat das International Pharmaceutical Excipients Council (IPEC) eine Checkliste (Quality by design Checklist) für Excipient user sowie Excipient manufacturer /supplier zusammengestellt, die grundsätzliche Fragen der Zusammenarbeit thematisiert.

Im Fokus: fünf zentrale Punkte
Die Listen umfassen fünf Punkte, die Fragen zu zentralen Bereichen des Entwicklungsprozesses aufwerfen, und zwar jeweils spezifisch in Hinblick auf die Anforderungen der Lieferanten und der Anwender. Folgende Fragestellungen werden behandelt:

  • effektive Kommunikation,
  • Entwicklung einer Darreichungsform,
  • kritische Qualitätsattribute der Hilfsstoffe (CQA),
  • Anlagen und Produktion und
  • Lieferung von Mustern.

Neben dem Festlegen der Kommunikationswege und der Regelung einiger Formalien wird die Anwendung der Hilfsstoffe in der Darreichungsform und die Schwankung der qualitätsrelevanten Spezifikationsparametern – CQAs – hinterfragt. Durch die genaue Betrachtung des Herstellungsprozesses sollte nach Möglichkeit die Variabilität der CQAs möglichst auf ein Minimum reduziert werden.

Was bedeuten diese Anforderungen nun de facto für einen Hilfsstofflieferanten, der beispielsweise Trägerpellets für die Entwicklung einer multipartikulären Darreichungsform herstellt?

Ein kritisches Qualitätsattribut für das Erreichen eines bestimmten Freisetzungsprofils ist die spezifische Oberfläche eines mit Wirkstoff beschichteten Pellets. Um ein reproduzierbares Freisetzungsprofil zu erhalten muss eine konstante Schichtdicke auf jedes Pellet aufgetragen werden. Die Größe des Trägers – Nonpareilles, Cellulosepellets oder andere – spielt dabei eine entscheidende Rolle, besonders mit abnehmender Partikelgröße und geringerem Wirkstoffauftrag. Der Hersteller des Hilfsstoffs weist in der Spezifikation in der Regel einen bestimmten Mengenanteil innerhalb der Partikelgrößenklasse aus. Herstellungsbedingt unterliegt der D50 aber einer Schwankung innerhalb seiner Klasse. Je kleiner die Ausgangspartikelgröße ist, desto mehr wirkt sich diese Varianz aus, und das gewünschte Freisetzungsprofil wird unter Umständen nicht erreicht. Bild 1 zeigt die Partikelgrößenschwankung einer Klasse und die Auswirkung auf die Varianz der Oberfläche.

Den Prozess kontinuierlich verifizieren
In der Entwicklungsphase sollten aus diesem Grund immer Muster aus verschiedenen Hilfsstoffchargen untersucht werden. Aus Mangel an Zeit und/oder Wirkstoff wird darauf mitunter verzichtet, oder die Auswahl der Muster erfolgt beim Lieferanten rein zufällig. Probleme bei der späteren Herstellung sind somit vorprogrammiert. Qualitätschwankung der Hilfsstoffe auch inerhalb der Spezifikation können so zu OOS-Resultaten und im schlimmsten Fall zum Verlust der gesamten Charge führen.

Der Entwicklungsansatz nach QbD würde hier zu einer Verbesserung führen, da von Anfang an auf kritische Qualitätsattribute ein verstärktes Augenmerk gelegt würde. Werden die Anforderungen den Empfehlungen der Ipec-Checkliste zufolge an den Lieferanten kommuniziert, kann dieser durch eine repräsentative Auswahl der Muster die gesamte Schwankungsbreite der Partikelgrößen abdecken. Dies wird zu einer Ausweitung des Design Spaces führen und damit zu einem robusteren Prozess. Sinnvoll ist das Anbieten von standardisierten QbD-Mustern, bestehend aus je einem Muster für den oberen und unteren Extremwert und eins für den Mittelwert. Damit wird von Anfang an die Entwicklung auf eine breite Basis gestellt.

Bei konsequenter Umsetzung dieser Richtlinien werden reaktive Problemlösungen durch eine kontinuierliche Prozessverifizierung ersetzt und eine Optimierung von Qualität und Sicherheit während des gesamten Produktlebenszyklus erreicht.

Powtech Halle 6 – 111

Die ausführlichen Listen sind unter diesem Link einzusehen

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