Mit der Übernahme von Monsanto verlagert Bayer seinen Schwerpunkt in Richtung Agrochemie.

Mit der Übernahme von Monsanto verlagert Bayer seinen Schwerpunkt in Richtung Agrochemie.

Die möglichen Folgen nähren die Skepsis der Bayer-Aktionäre: Während die Monsanto-Aktie nach Bekanntwerden der Übernahmenpläne nach oben schoss, fiel die Bayer-Aktie zeitweise um mehr als 10 %.  Die Bedenken der Anteilseigner fußen auf einer einfachen Rechnung: Mindestens 55,5 Mrd. Euro für ein Umsatzplus von 13,7 Mrd. Euro? Über ein Drittel (37 %) Aufschlag auf den Wert von Monsanto vor dem Übernahmeversuch – und vielleicht sogar noch 1,6 Mrd. Euro mehr, falls Monsanto erst bei 136 US-Dollar pro Aktie akzeptiert, wie Analysten schätzen? Und auch die Refinanzierung über Synergien scheint mühsam – diese wird von der Bayer-Spitze auf 1,5 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt – beginnend allerdings erst drei Jahre nach der geplanten Übernahme.

Aktienkurs

Dazu kommt die Skepsis, dass der gute Name, den sich Bayer nicht zuletzt in den vergangenen Jahren aufgrund seiner Life-Science-Strategie in der Öffentlichkeit erworben hat, Schaden nehmen könnte: Monsanto hat vor allem in Europa aufgrund seiner Gentechnik-Strategie, dem „Lock-in“-Geschäftsmodell in Sachen Saatgut und nicht zuletzt durch sein Glyphosat-Produkt „Round­up“ einen schlechten Ruf. Gemeinsam mit dem Ölkonzern Shell führt Monsanto das Sigwatch-Ranking der Unternehmen an, die am meisten Kritik von Nicht-Regierungsorganisationen auf sich ziehen. Außerdem liefert Monsanto aktuell schlechte Zahlen: Stellenstreichungen und eine nach unten korrigierte Gewinnprognose für 2016 brachten den Konzern jüngst in die Schlagzeilen.

Bislang ist die Pharma-Sparte der mit Abstand größte Geschäftsbereich bei Bayer.

Bislang ist die Pharma-Sparte der mit Abstand größte Geschäftsbereich bei Bayer.

„Fenster der Gelegenheit“ für Bayer
Doch genau dies könnte das „Fenster der Gelegenheit“ für Bayer aufstoßen: „Wir sind seit Langem von Monsanto beeindruckt und teilen die Überzeugung, dass durch ein integriertes Geschäft erheblicher Wert für die Aktionäre beider Unternehmen entstehen würde“, kontert Bayer-Vorstandschef Werner Baumann. Konkret imponieren den Leverkusener beispielsweise die Erfolge des US-Unternehmens in der Biotechnologie und bei der Digitalisierung der Landwirtschaft. Zudem rechnet der Konzern mit einem rapide steigenden Bedarf an Agrochemie und neuem Saatgut, weil einerseits die Weltbevölkerung wächst, andererseits der Klimawandel neue Ansätze in der Landwirtschaft notwendig macht. Mit der Übernahme entständen ein führendes Geschäft mit umfangreichem integriertem Angebot an landwirtschaftlichen Produkten und eine erstklassige For-schungspipeline, um Lösungen für Landwirte zu entwickeln.

Der mutige Schritt zur bis dato größten Übernahme in der deutschen Industriegeschichte würde das Unternehmen Bayer deutlich verändern: Erzielte der Konzern im vergangenen Jahr noch fast die Hälfte seines Gesamtumsatzes von 46 Mrd. Euro und zwei Drittel seines Gewinns (6,3 Mrd. Euro) mit Arzneimitteln, würde der Leverkusener Konzern mit einem Schlag zum größten Agrochemiehersteller der Welt – und die Sparte wäre zudem die Nr. 1 im Unternehmen. Ein Strategieschwenk mit Konsequenzen. So kumulierte Bayer zuletzt seine Investitionsmittel vor allem im Pharmageschäft – und spaltete auch deshalb die Kunststoffsparte im Herbst 2015 als Covestro AG ab.

Bayer-Chef Werner Baumann will für die Monsanto-Übernahme tief in die Tasche greifen. (Bilder: Bayer)

Bayer-ChefWerner Baumann will für dieMonsanto-Übernahme tief in die Tasche greifen. (Bilder: Bayer)

Strategiewechsel von Pharma hin zur Crop Science?
Ob das so von langer Hand geplant war? Eine wesentliche Rolle dürfte bei der Entscheidung das aktuelle Übernahmekarussell in der Chemie – und ganz besonders bei der Agrochemie – gespielt haben: Im Dezember hatten Dow Chemical und Dupont ihre Fusion beschlossen, wodurch ein neuer Player im Pflanzenschutz entsteht – mit einem erwarteten Umsatz von 16 Mrd. Euro zum damaligen Zeitpunkt die neue Nr. 1 der Branche. Wenige Wochen später wurde bekannt, dass sich der chinesische Chemieriese Chemchina mit der Übernahme der schweizerischen Syngenta an die Spitze der Agrochemie setzen will. 38,5 Mrd. US-Dollar wird sich das Unternehmen die Transaktion kosten lassen. Mit dem Monsanto-Deal mischt Bayer die Karten neu und würde sich seinerseits als Marktführer an die Spitze setzen. Dazu kommt, dass die Übernahme für Bayer auch aus Portfolio-Gesichtspunkten Sinn macht: Bislang hat der Leverkusener Konzern kein eigenes Saatgut-Angebot.

Doch der Preis ist hoch – nicht nur gemessen in Euro, sondern vor allem auch in Sachen Strategie. Die Übernahme schränkt den Spielraum für Investitionen und Übernahmen im margenstarken Pharmasegment ein. Was den Anteilseignern von Bayer im Magen liegt, sind nicht nur das Imageproblem und der Kaufpreis, sondern nicht zuletzt dessen Finanzierung. Denn neben Krediten soll die Übernahme zu lediglich einem Viertel aus eigenen Mitteln finanziert werden. 75 % sollen dagegen über Schulden – sprich: eine Kapitalerhöhung – finanziert werden. In der Folge wären Bayer-Anteile dann für bestehende Anleger weniger wert. Finanzexperten befürchten schon jetzt teils drastische Sparrunden und den Verkauf einzelner Sparten, eine Ratingagentur drohte gar mit einer Herabwürdigung der Kreditwürdigkeit des Konzerns.

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