Verbraucherschutz in der Kosmetik nach der EG-Kosmetikverordnung
  • Die EG-Kosmetikverordnung gilt in den Mitgliedsstaaten unmittelbar. Sie musste nicht erst wie eine Richtlinie von den nationalen Gesetzgebern umgesetzt werden.
  • Nach dem Erwägungsgrund Ziff. 3 der EG-Kosmetikverordnung sollen dadurch die Verfahren und die Begrifflichkeiten vereinfacht werden, um den Verwaltungsaufwand und Unklarheiten zu verringern.
  • Außerdem dient die Richtlinie der Produktsicherheit und der besseren Marktüberwachung, um ein hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten.
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Die EG-Kosmetikverordnung gilt in den Mitgliedsstaaten unmittelbar. Sie musste nicht erst wie eine Richtlinie von den nationalen Gesetzgebern umgesetzt werden. Nach dem Erwägungsgrund Ziff. 3 der EG-Kosmetikverordnung sollen dadurch die Verfahren und die Begrifflichkeiten vereinfacht werden, um den Verwaltungsaufwand und Unklarheiten zu verringern. Außerdem dient die Richtlinie dem Ausbau der Marktüberwachung, um ein hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten.

Ob eine Vereinfachung mit der neuen Verordnung erreicht wurde, darf man bezweifeln: Der Umfang der EG-Kosmetikverordnung ist gegenüber der EG-Kosmetik-Richtlinie 76/768/EEC vom 27. Juli 1976 um etwa das drei-bis vierfache angewachsen. Den elf Erwägungs-
gründen der Richtlinie stehen nunmehr 71 gegenüber. Aus 15 Artikeln der Richtlinie wurden 40 Artikel in der Verordnung. Eine Klarstellung wurde gleichwohl erreicht. Die Erwägungsgründe sind zugleich Kommentierungen der einzelnen Artikel und verbessern die Verständlichkeit der Rechtsnormen.

Abgrenzungen zu anderen Verordnungen
Wie im internationalen Rechtsbereich üblich beginnt die Verordnung zunächst mit Begriffsbestimmungen. Eine Abgrenzung zu Arzneimitteln, Medizinprodukten und Bioziden enthält Erwägungsgrund Ziff. 6 der EG-Kosmetikverordnung. Während die Abgrenzung zu Lebensmitteln als unproblematisch gilt, weil sie in der Basis-Verordnung für Lebensmittel 178/2002 geregelt ist, trifft dies für die Abgrenzung zu Arzneimitteln, Medizinprodukten und Bioziden nicht immer zu. Der europäische Gesetzgeber nähert sich einer Klarstellung schrittweise an. In Erwägungsgrund Ziff. 7 EG-Kosmetikverordnung werden beispielhaft kosmetische Mittel kategorisiert. Im Erwägungsgrund Ziff. 8 EG-Kosmetikverordnung wird der Europäischen Kommission die Aufgabe gestellt, künftig diese Kategorien kosmetische Mittel exakt festzulegen. Das ist die Ermächtigung für eine nachfolgende Leitlinie.

Sicherheit wurde verbessert
Zur Verbesserung der Sicherheit wurden in Artikel 4 EG-Kosmetikverordnung die Verantwortlichkeiten neu geregelt. Hierzu wurde eine ‚verantwortliche Person‘ neu eingeführt. Diese gewährleistet für jedes in Verkehr gebrachte kosmetische Mittel das Einhalten der in der EG-Kosmetikverordnung aufgeführten einschlägigen Verpflichtungen (Art. 4 Abs. 2 EG-Kosmetik-
verordnung). Sie muss dafür unter Umständen kosmetische Mittel vom Markt nehmen oder zurückrufen und mit den zuständigen Behörden kooperieren (Art. 5 Abs. 2 und 3 EG-Kosmetikverordnung). Verantwortliche Person ist grundsätzlich der Hersteller bzw. die juristische oder natürliche Person, die ein kosmetisches Mittel unter ihrem Namen in Verkehr bringt. Das kann auch der Importeur oder Händler sein (Art. 4 Abs. 3, 5 und 6 EG-Kosmetikverordnung). Ein bloßer Lohnhersteller gilt indes nicht als ‚Hersteller‘. Verantwortlichkeiten werden auch für die Händler neu begründet. Diese gelten allerdings nur, soweit sie in deren tatsächlichem Einflussbereich liegen. Händler müssen beispielsweise sicherstellen, dass die bei Kleinartikeln ausnahmsweise zulässige Kennzeichnung der Inhaltstoffe am Verkaufstand dort auch tatsächlich vorhanden ist oder dass gegebenenfalls bestehende Anforderungen an die Lagerung und den Transport kosmetischer Mittel eingehalten werden.

Die verantwortliche Person hat vor dem Inverkehrbringen eines kosmetischen Mittels eine Sicherheitsbewertung desselben durchzuführen (Art. 10 Abs. 1 EG-Kosmetikverordnung). Wenn ein kosmetisches Mittel in Verkehr gebracht wird, führt die verantwortliche Person darüber eine Produktinformationsdatei (Art. 11 Abs. 1 EG-Kosmetikverordnung). Es müssen Probenahmen und Analysen erfolgen (Art. 12 GG-Kosmetikverordnung). Zudem hat die verantwortliche Person gegenüber der Europäischen Kommission das kosmetische Mittel auf elektronischem Wege zu notifizieren (Art. 13 EG-Kosmetikverordnung).

Gute Herstellungspraxis gilt auch für Kosmetika
Das Herstellen kosmetischer Mittel muss den Anforderungen einer guten Herstellungspraxis entsprechen (Art. 8 Abs. 1 EG-Kosmetikverordnung). Diese findet sich in den einschlägigen harmonisierten Normen, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind (Art. 8 Abs. 2 EG-Kosmetikverordnung). Hierzu gehören die DIN EN ISO 22716: 2008-02 „Kosmetik-GMP, Leitfaden zur guten Herstellungs-
praxis“, Colipa-Guidelines »Good Manufacturing
Practise« (07/94) und vom Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel, IKW: Kosmetik-GMP – Leitlinien zur Herstellung kosmetischer Mittel (vergleiche Merkblatt für Kosmetik-Hersteller und Importeure des saarländischen Landesamts für Gesundheit und Verbraucherschutz vom April 2012).

Darüber hinaus ist für die Rückverfolgbarkeit die Identifizierung der Lieferkette vorgeschrieben (Ziff. 7 EG-Kosmetikverordnung). Händler müssen in der Lage sein, die verantwortliche Person zu benennen, von denen sie ein kosmetisches Mittel bezogen haben, und gegebenenfalls auch die Händler zu identifizieren, an die sie das kosmetische Mittel weitergeliefert haben. Diese Verpflichtung besteht innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem die letzte Lieferung des jeweiligen kosmetischen Mittels dem Händler zur Verfügung gestellt wurde. Händler haben eine eigene Prüfpflicht. Haben sie Grund zur Annahme, dass ein kosmetisches Mittel den Sprachanforderungen oder der Kennzeichnung nicht entspricht, dürfen sie das Produkt nicht für den Markt bereitstellen oder müssen ein bereits im Markt befindliches Kosmetikum gegebenenfalls vom Markt zurücknehmen und zurückrufen (Art. 6 Abs. 3 EG-Kosmetikverordnung).

Welche Inhaltsstoffe sind erlaubt?
In der EG-Kosmetikverordnung sind verbotene Stoffe festgelegt, die in kosmetischen Mitteln nicht enthalten sein dürfen (Art. 14 Abs. 1 lit. a i.V.m. Anh. II EG-Kosmetikverordnung). Die „unbeabsichtigte Anwesenheit kleinerer Mengen einer verbotenen Substanz“ wird jedoch erlaubt, wenn sie für die menschliche Gesundheit ‚sicher‘ ist (Art. 17 i.V.m. Art. 3 EG-Kosmetikverordnung). Andere Stoffe, wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe und UV-Filter, müssen ausdrücklich zugelassen werden.

Nanomaterialien müssen auf der Liste der Bestandteile aufgeführt und hinter dem Namen des Stoffes mit dem Klammerzusatz ‚Nano‘ gekennzeichnet sein (Art. 19 Abs. 1 lit. G vorl. Unterabs. EG-Kosmetikverordnung). Nanomaterial wird definiert als ein „unlösliches oder biologisch beständiges und absichtlich hergestelltes Material mit einer oder mehreren äußeren Abmessungen oder einer inneren Struktur in einer Größenordnung von 1 bis 100 nm“ (Art. 2 Abs. 1 lit. k EG-Kosmetikverordnung). Es gibt jedoch Bestrebungen, den Begriff ‚Nanomaterial‘ einheitlich zu definieren. Die Definition in der Verordnung ist nur vorläufig. Sie soll dem Stand der Technik angepasst werden, sobald eine europäische oder internationale Norm vorliegt (Art. 2 Abs. 3 der EG-Kosmetikverordnung). Die Notifizierungspflicht aller Kosmetika, die Nanomaterialien enthalten, muss spätestens sechs Monate vor dem Inverkehrbringen erfolgen (Art. 16 Abs. 3 der EG-Kosmetikverordnung). Produkte, die Nanomaterialien enthalten, deren Verwendung nicht im Rahmen der EG-Kosmetikverordnung eingeschränkt ist, werden einer umfassenden Sicherheitsbewertung auf EU-Ebene unterzogen, falls die Kommission Bedenken hat (Art. 16 Abs. 4 EG-Kosmetikverordnung).

Den Markt überwachen
Die Mitgliedsstaaten sollen das Einhalten der EG Kosmetikverordnung auf dem Weg der Marktkontrolle der auf dem Markt bereitgestellten kosmetischen Mittel überwachen und dafür im angemessenem Umfang Kontrollen durchführen (Art. 22 erster Abs. EG-Kosmetikverordnung). Die Funktionsweise ihrer Überwachungstätigkeiten sollen die Mitgliedsstaaten regelmäßig – spätestens alle vier Jahre – überprüfen und bewerten. Über die Ergebnisse sollen die anderen Mitgliedsstaaten, die Europäische Kommission und die Öffentlichkeit informiert werden.

Die verantwortliche Person und die Händler haben die Pflicht, unerwünschte Wirkungen eines kosmetischen Mittels unverzüglich an die zuständige Behörde zu melden (Art. 23 EG-Kosmetikverordnung). Die zuständige Behörde hat darüber bzw., wenn auf andere Weise unerwünschte Wirkungen bekannt sind, die anderen Mitgliedsstaaten zu informieren. Die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten arbeiten untereinander und mit der Europäischen Kommission zusammen, um ein einheitliches Durchführen der EG-Kosmetikverordnung zu gewährleisten (Art. 29 Abs. 1 EG-Kosmetikverordnung). Dies gilt insbesondere auch für die Zusammenarbeit beim Überprüfen der Produktinformationsdatei (Art. 30 GG-Kosmetikverordnung).

Der Kennzeichnungspflicht genüge tun
Seit dem 11. Juli 2013 dürfen kosmetische Mittel nur noch auf den europäischen Markt gebracht werden, wenn die Behältnisse und Verpackungen kosmetischer Mittel unverwischbar, leicht leserbar und deutlich sichtbar folgende Angaben tragen (gem. Art. 19 Abs. 1 der EG-Kosmetikverordnung):

  • Namen oder Firma und die Anschrift der verantwortlichen Person,
  • Nenninhalt zur Zeit des Abfüllens als Gewichts- oder Volumenangabe,
  • Mindesthaltbarkeitsdatum,
  • besondere Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch,
  • Chargennummer oder Zeichen, das ein Identifizieren des kosmetischen Mittels ermöglicht,
  • Verwendungszweck des kosmetischen Mittels und
  • Liste der Bestandteile.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum muss nicht als solches genannt werden. Dafür genügt das Symbol einer Sanduhr. Die Angabe muss nicht angeführt werden, wenn das fertige Zeugnis eine Mindesthaltbarkeit von mehr als 30 Monaten hat. Für solche Erzeugnisse genügt die Angabe, wie lange das Mittel nach dem Öffnen sicher ist und ohne Schaden für den Verbraucher verwendet werden kann. Erleichterungen gibt es auch beim Nenninhalt. Packungen, die weniger als 5 g oder 5 ml enthalten, sowie Gratisproben und Einmalpackungen müssen die Angaben zu dem Inhalt nicht aufweisen (Art. 19 Abs. 1 lit. b der EG-Kosmetikverordnung).

Wenn es aus praktischen Gründen nicht möglich ist, alle Angaben auf der Verpackung oder auf dem Etikett anzubringen, müssen ein Zettel, ein Etikett, ein Papierstreifen, ein Anhänger oder ein Kärtchen beigelegt werden, auf dem die Angaben aufgeführt sind. Falls auch dies nicht möglich ist, muss der Händler auf einem Schild in unmittelbarer Nähe des Behältnisses, in dem das kosmetische Mittel zum Verkauf angeboten wird, die entsprechenden Angaben machen (Art. 19 Abs. 3 EG-Kosmetikverordnung). Die Sprache, in der die Kennzeichnung zu erfolgen hat, richtet sich nach dem Recht des Mitgliedsstaats, in dem das kosmetische Mittel dem Endverbraucher bereitgestellt wird. Die Liste der Bestandteile erfolgt nach einer europaweiten INCI-Nomenklatur.

Bei der Kennzeichnung, dem Bereitstellen auf dem Markt und der Werbung für kosmetische Mittel dürfen keine Texte, Bezeichnungen, Warenzeichen, Abbildungen und andere bildhafte oder nicht bildhafte Zeichen verwendet werden, die Merkmale oder Funktionen vortäuschen, die die betreffenden Erzeugnisse nicht besitzen (Art. 20 Abs. 1 EG-Kosmetikverordnung). Die europäische Kommission will die verwendeten Werbeaussagen überprüfen und zusammen mit den Mitgliedsstaaten einen Aktionsplan erstellen sowie bis zum
11. Juli 2016 einen Bericht darüber dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegen (Art. 20 Abs. 2 EG-Kosmetikverordnung).

Tierversuche bleiben verboten
Auf Tierversuche in kosmetischen Fertigprodukten verzichtet die deutsche Kosmetikindustrie bereits seit 1989 freiwillig (vgl. hierzu und im folgenden Pressemitteilung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 11. Juni 2013). Tierversuche bleiben verboten. Gegenüber der Regelungen der Kosmetik-Richtlinie ergeben sich keine Änderungen. In Deutschland sind Tierversuche für die Entwicklung von Kosmetik bereits seit dem Jahr 1989 durch das Tierschutzgesetz verboten. Auf europäischer Ebene wurden im Jahr 2003 umfangreiche Vorschriften zum Verbot von Tierversuchen bei kosmetischen Mitteln erlassen. Davon gab es allerdings zunächst zahlreiche Ausnahmen. Seit dem 11. März 2013 ist damit Schluss. Danach bleibt es verboten, kosmetische Mittel zu vermarkten, wenn das Produkt oder seine Bestandteile am Tier getestet wurden.

Doch muss der Hersteller nach wie vor die gesundheitliche Unbedenklichkeit der in kosmetischen Mitteln eingesetzten Rohstoffe belegen. Dafür bestehen einschlägige Normen für die Verkehrsfähigkeit von Chemikalien. Die Sicherheitsprüfungen für Chemikalien werden nach wie vor im Tierversuch durchgeführt. Das ist auch bei Arzneimitteln, Lebensmitteln, Wasch- und Reinigungsmitteln der Fall. Daraus ergibt sich ein Dilemma, dass zwar im Kosmetikrecht Produkte verboten sind, für die Tierversuche durchgeführt wurden, Tierversuche bei Rohstoffen im Bereich der Chemikaliengesetzgebung aber nach wie vor zulässig sind (Mildau/Huber, Internationales Journal für angewandte Wissenschaft, 3-2010, S. 40-60 [S. 53 f. sub Ziff. 5]). Dadurch werden Tierversuche nicht zur Gänze ausgeschlossen, obwohl es Alternativen gibt, wie etwa In-vitro-Methoden. Das sind Methoden, die außerhalb lebender Organismen – im Reagenzglas – erfolgen, beispielsweise durch das Anlegen von Zellkulturen. Das Verbot von Tierversuchen in der EG-Kosmetikverordnung beruhigt aber das Gewissen der Verbraucher – und des Gesetzgebers. Deshalb soll die verantwortliche Person auch darauf hinweisen dürfen, dass keine Tierversuche für das kosmetische Fertigerzeugnis durchgeführt wurden (Art. 20 Abs. 3 EG Kosmetikverordnung).

 

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