Konserviertes Gemüse im Glas

(Bild: philipphoto - Fotolia)

  • Bei Hengstenberg wurde ein Batchsystem installiert, das nicht nur die Anforderungen der EU178/2002 erfüllt, sondern durch den Datenaustausch mit SAP auch zur vertikalen Integration beiträgt.
  • Der Automatisierungsprozess der sensiblen Essigherstellung wurde nun in die bereits vorhandene Leittechnik und Unternehmensleitebene (SAP) integriert.
  • Eine elektronische Auftragsübernahme und Rückmeldung mit dem Warenwirtschaftssystem SAP ermöglicht eine papierlose und 100% reproduzierbare und rückverfolgbare Produktion.
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Die Erfolgsgeschichte der Firma Hengstenberg begann 1876 mit einer kleinen Essigfabrik in Esslingen. Heute hat das traditionsreiche Familienunternehmen drei Standorte in Deutschland. In Esslingen befindet sich heute der Hauptsitz. In Fritzlar und Bad Friedrichshall produziert das Unternehmen bis zu 140 verschiedene Artikel. Qualitätssicherung ist dort ein Prozess ständiger Verbesserungen, der über alle Unternehmensbereiche und -abteilungen hinweg realisiert wird. Folglich wird auch die Technik ständig auf modernsten Stand gebracht und die Produktion auf Effizienz getrimmt. Im Zuge der Verlagerung der Verarbeitung von Esslingen nach Bad Friedrichshall in 2005/2011 wurden die dortigen Einrichtungen erweitert und mit einer modernen Leittechnik aus dem Hause GTI-process ausgestattet. Für die neue Leittechnik zur Essigverarbeitung bei Hengstenberg in Bad Friedrichshall wurde ein Batchsystem installiert, das nicht nur die Anforderungen der EU178/2002 erfüllt, sondern durch den Datenaustausch mit SAP auch zur vertikalen Integration beiträgt. Dieses System wächst stetig weiter und unterliegt einem ständigen Qualitäts- und Modernisierungsprozess.

Rückverfolgung der Einsatzstoffe

In 2015 wurde das bestehende Visualisierungs- und Batchprojekt bei Hengstenberg in Bad Friedrichshall um eine Essigherstellung erweitert. Ziel des Projektes war die Rückverfolgung der Einsatzstoffe und die durchgehende Visualisierung des Fertigungsprozesses. Um bei Maschinenstillstand, Störungen etc. zügig reagieren zu können wurde zusätzlich eine Alarmweiterschaltung per Sprache auf Bereitschaftshandys eingerichtet. Für die Umsetzung der Steuerungstechnik wurden drei weitere Simatic S7-300 Steuerungen als modulare Controller für die Systemlösung der GTI  installiert. Das Visualisierungsprojekt umfasst 16 Rohstofftanks und 2 Denaturattanks im Exbereich, 1 Frischwassertank, 1 Nährstofftank und 2 Acetatoren. Die Kühlung erfolgt über ein 24 m³ Kühlwasserbecken, 4 redundante Kühlpumpen und 2 Kühltürme.

Die Herstellung von Essig ist ein sensibler Prozess. (Bild: GTI Process)

Die Herstellung von Essig ist ein sensibler Prozess. (Bild: GTI Process)

Essig entsteht aus Alkohol: Der reine Alkohol wird schon bei der Lieferung mit Essig vermischt da er aus zollrechtlichen Gründen nicht als reiner Alkohol gelagert werden darf. Das nennt sich Denaturierung. Das Denaturat wird zusammen mit Frischwasser und Nährstoffen in den Acetator gegeben. Ein Acetator ist das Kernstück der Essigproduktionsanlage, auch Fermenter genannt.
Innerhalb von 70 bis 80 Stunden stellt ein Acetator ca. 25.000 l 20 %igen Essig her. Während früher oft bis zu zwölf Monate notwendig waren, um aus Alkohol Essig herzustellen, geschieht das heute, je nach Größe der Anlage, innerhalb von höchstens 80 Stunden. Dabei wird der Alkohol zu 89 % umgewandelt. Während sich die Chemie nicht verändert hat, weiß man heute, dass Bakterien (Acetobacter) für die Fermentation des Alkohols verantwortlich sind. Dieses Wissen wird heute gezielt durch moderne Technologie umgesetzt.
Der gewonnene Rohessig aus dem Acetator wird in die bestehende Anlage zum Filtern, Schönen, Verdünnen zur weiteren Verarbeitung gepumpt. Nun wurde der Automatisierungsprozess der sensiblen Essigherstellung in die bereits vorhandene Leittechnik und Unternehmensleitebene (SAP) integriert. Wichtige Aktoren, Sensoren und Messwerte wurden parallel zur Vorortbedienung auch in der übergeordneten Leittechnik visualisiert. Mit der Langzeitarchivierung können die Produktionsdaten über mehrere Jahre gespeichert und ausgewertet werden. Kundenspezifische Reports werden automatisiert generiert. Über einen Datenexport können Produktionsdaten mit MS Excel weiterbearbeitet werden. Eine elektronische Auftragsübernahme und Rückmeldung mit dem Warenwirtschaftssystem SAP wurde ebenfalls realisiert. Dies ermöglicht Hengstenberg eine papierlose und 100% reproduzierbare und rückverfolgbare Produktion.

Interview mit H. Häussler und Jürgen Ludwig

„Vollständige Integration einer sensiblen Insellösung in die vorhandene Leittechnik“

Was war die Problemstellung in dem Projekt?
Ludwig: Die Essigherstellung, das Fermentieren ist ein sehr sensibler Prozess. Acetatoren sind Spezialsysteme, die als Insellösungen bereitgestellt werden. Hier galt es die erforderliche Kommunikation mit der vorhandenen Anlagentechnik und Unternehmensleitebene SAP herzustellen.

Welchen Nutzen zieht der Betreiber aus dem Einsatz Ihres Systems?
Ludwig: Unser System Dapros-Batch ermöglicht die vollständige Integration einer sensiblen Insellösung in die vorhandene Leittechnik. Die Prozessinformationen werden über den gesamten Herstellungsprozess an allen Bedienstationen mit Langzeitarchivierung zur Verfügung gestellt. Per Track & Trace ist eine lückenlose elektronische Rückverfolgung des Herstellprozesses garantiert. Automatisierte Reports über die gesamte Produktion sind jederzeit abrufbar. Es ist kein Papier und keine händische Dokumentation mehr nötig, was auch heute leider noch in vielen Produktionsbetrieben der Fall ist. Unsere Softwaremodule sind individuell und kundenspezifisch an die Anforderungen unserer Kunden anpassbar.

Jürgen Ludwig, GTI „Das System Dapros-Batch ermöglicht die vollständige Integration einer sensiblen Insellösung in die vorhandene Leittechnik.“

Jürgen Ludwig, GTI:„Das System Dapros-Batch ermöglicht die vollständige Integration einer sensiblen Insellösung in die vorhandene Leittechnik.“

Klaus Häusler, Hengstenberg „Durch die Einführung des Prozessleitsystems konnte aus einer Rezeptur, die bisher nur eine Stückliste war, die komplette Verfahrensbeschreibung im System hinterlegt werden.“

Klaus Häusler, Hengstenberg:„Durch die Einführung des Prozessleitsystems konnte aus einer Rezeptur, die bisher nur eine Stückliste war, die komplette Verfahrensbeschreibung im System hinterlegt werden.“

Welche Erfahrungen hat Hengstenberg bisher gemacht?
Ludwig: Hengstenberg arbeitet seit mehr als
10 Jahren mit der GTI. Aus dem ursprünglichen BDE-System (passiv) wurde ein leistungsfähiges MES-System (aktiv).
Der Herstellprozess kann über Jahre analysiert und rückverfolgt werden. MES ist Basis für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess und ermöglicht eine papierlose und gläserne Produktion.
Häussler: Durch die Einführung des Prozessleitsystems von GTI konnte aus einer Rezeptur, die bisher nur eine Stückliste war, die komplette Verfahrensbeschreibung im System hinterlegt werden. Somit wird der Bediener mit Dialogen durch den gesamten Herstellprozess geführt und kann hier absolut reproduzierbar produzieren. Alle Produktionsschritte werden mit Angabe von Funktion, Uhrzeit, Dauer, Bediener in Reports automatisch dokumentiert. Eine lückenlose Chargenrückverfolgung nach EU178/2002 des gesamten Herstellprozesses wird automatisch und papierlos durch das PLS erstellt. Dies entlastet uns bei Audits enorm. Alle Produktionsdaten sind an einer Stelle verfügbar und somit können Kennzahlen und Reports einfach und schnell erzeugt werden. Durch die Langzeitarchivierung wird der kontinuierliche Verbesserungsprozess unterstützt und dokumentiert.

 

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GTI-process AG

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