Die Herstellung von Tabletten bietet mehrere Vorteile gegenüber anderen Verabreichungsformen von Medikamenten: genaue Dosierung, einfache Verabreichung, hohe Stabilität und Patientencompliance. Die Pharmaindustrie muss Tabletten herstellen, die sich durch eine hohe Qualität auszeichnen: gleichmäßige Masse, die stabil genug ist, um gehandhabt, verpackt und gelagert zu werden, aber auch in der Lage, zu zerfallen und den Wirkstoff in der gewünschten Weise freizusetzen.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine umfassende Kenntnis der Rohstoffe und Herstellungsverfahren unerlässlich. In der Entwicklungsphase einer Medikamentenrezeptur sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen: Materialeigenschaften einerseits und Maschineneigenschaften andererseits. Idealerweise sollten die Partikel einer endgültigen Mischung, die in Tablettenform verabreicht werden soll, frei fließend und innerhalb eines engen Bereichs der Partikelgrößenverteilung gleichmäßig sein, kohäsiv genug, um sich zu verbinden und zusammenzuhalten, aber nicht so sehr, dass sie an Metalloberflächen haften. All diese Anforderungen müssen erfüllt sein, während gleichzeitig die inneren Eigenschaften jeder einzelnen Verbindung in der Rezeptur zu berücksichtigen sind: Wirkstoff, Füllstoff, Sprengmittel, Bindemittel, Farbstoff und Gleitmittel, deren Kombination ein spezifisches und nicht vorhersehbares Verhalten erzeugt.
Hilfsinstrument für den Tablettierungsprozess
Über die Bindungsmechanismen von Tabletten existieren mehrere Theorien aus zahlreichen Untersuchungen. Es gibt jedoch noch keine allgemeingültige Theorie, mit der sich die Eigenschaften komprimierter Tabletten vorhersagen ließen: Aus diesem Konzept hat die IMA
Active Division die Software Imago entwickelt. Diese analytische Software hilft Wissenschaftlern, Daten aus der Tablettenpresse und der Tablettenanalyse zu interpretieren; es ist ein Instrument, das Informationen erfasst und verarbeitet, um den gesamten Tablettierungsprozess zu verstehen.
Ziel einer aktuellen Studie war es, mit der Software zwei verschiedene Rezepturen mit bereits bekanntem Verhalten zu untersuchen, indem die Parameter des Tablettierungsprozesses auf einer kleinen Rundlauftablettenpresse des italienischen Herstellers IMA, Modell Prexima 80, verändert wurden. Zwei verschiedene Mischungen dienten als Referenz: die erste mit überwiegend plastischem Verhalten auf Laktosebasis, die zweite, elastischere auf Stärkebasis. Beide Mischungen wurden in einem Tumbler-Mixer gemischt und anschließend unter Standardbedingungen (Standard-Matrizenzuführung mit installierten Flachschaufeln) auf der Rundlauf-Tablettenpresse tablettiert. Diese Maschine ist die am besten für R&D-Zwecke geeignete Maschine der Prexima-Serie: Sie wurde mit einem Misch-Betriebskopf ausgestattet, der sowohl Euro-D- als auch Euro-B-Stanzen aufnehmen kann. Für diese Studie wurden bikon-vexe Euro-B 9-mm-Stanzen verwendet.
Das Verhalten der beiden Mischungen wurde anhand eines nicht-faktoriellen D.o.E.-Ansatzes mit insgesamt 48 Versuchen analysiert. Die untersuchten Variablen waren 4 Stufen der Hauptkompressionskraft (5, 10, 15 und 20 kN), 3 Stufen der Vorkompressionskraft (0, 1/3 und ½ der Hauptkompressionskraft), die Betriebskopf-Drehzahl (30 und 50 U/min) und die obere Stanzendurchdringung (2-2,5 mm bzw. 2-4 mm) bei der Vorkompression und der Endkompression. Durch den Einsatz der Imago-Software standen die Kraft-Zeit-Kurven sowie Tablettierfähigkeit, Verdichtbarkeit und Kompressibilität im Mittelpunkt der Studie, um das Verhalten von Pulver beim Tablettieren besser zu verstehen.
Beide Mischungen waren ohne besondere Probleme zu tablettieren: Es wurden reibungslose Prozesse ohne mechanische oder verfahrenstechnische Anpassungen erzielt. Das Gewicht wurde bei allen Versuchen konstant gehalten (im Mittel 223 mg), um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Der Trend der Dicke und der Tablettenfestigkeit (Härte) sind unabhängig voneinander ähnlich zu den untersuchten Parametern und Variablen: Der Einfachheit halber wird nur eine demonstrative Bedingung bei verschiedenen Kompressionskräften (CF) angegeben (Abbildung 1,2), um das gesamte Verhalten innerhalb der D.o.E. zusammenzufassen.
Kraftprofil zeigt Unterschiede
Bei beiden Rezepturen ist festzustellen, dass die Härte zunimmt, wenn die Dicke abnimmt (Abbildung 1+2); die plastische Rezeptur ermöglicht jedoch dünnere Tabletten mit höherer Tablettenfestigkeit. Das liegt vor allem an den besonderen Eigenschaften des Pulvers: Die plastische Formulierung neigt dazu, feste und stärkere Bindungen zu bilden. Die elastischen Partikel entspannen sich und versuchen, ihre ursprüngliche Position wieder einzunehmen, nachdem Druck ausgeübt wurde: Das Ergebnis ist eine höhere Dicke als bei der plastischen Rezeptur, bei gleichen Verarbeitungsbedingungen, und eine geringere Tablettenfestigkeit. Interessant ist auch, dass ein Druck von 50 MPa für die elastische Mischung nicht ausreicht, um eine kompakte Tablette zu erhalten, während die durchschnittliche Tablettenfestigkeit für das Kunststoffpulver bei etwa 17 N liegt.
Die Darstellung des Kraftprofils zeigt den Unterschied zwischen den Formulierungen (Abbildung 3): Die violetten Kurven, welche die plastische Mischung darstellen, zeigen ein schmaleres Plateau als die Kurven der elastischen Formulierung. Darüber hinaus zeigt sich, dass die plastische Mischung eine höhere Konsistenz und Reproduzierbarkeit bietet als die elastische Rezeptur, die eine größere Variation zwischen den verschiedenen aufgezeichneten Profilen aufweist. Der Hauptgrund dafür wieder die materialeigene Tendenz: Die plastischen Teilchen neigen dazu, sich unter Druckeinwirkung zu verdichten. Durch die Vorkompression und die geringere Geschwindigkeit der Tablettenpresse können die Unterschiede zwischen den Spitzenformen verringert werden: Die gewählten Werte der Hauptkompression haben keinen Einfluss auf das Gesamtprofil der Trends.
Tablettierbarkeit (Abbildung 4), Komprimierbarkeit (Abbildung 5) und Verdichtbarkeit (Abbildung 6) können schließlich das Verhalten von Pulvern besser definieren: Die plastische Rezeptur erreicht bei gleichem Druck eine höhere Zugfestigkeit, was die Umformung in eine Tablette begünstigt. Die Kompressibilität bestätigt, dass der Feststoffanteil bei der plastischen Mischung höher ist: 1,81 kann erreicht werden, verglichen mit 1,28 für die elastische Formulierung. Wie erwähnt, neigen Teilchen mit elastischem Verhalten dazu, entgegen der durch die aufgebrachte Kraft verursachten Volumenverringerung ihre ursprüngliche Position wieder zu erlangen. Das Verdichtbarkeitsdiagramm bestätigt dies: Die niedrigere Zugfestigkeit und der geringere Feststoffanteil, die bei der elastischen Rezeptur erzielt wurden, ergeben die linke Kurve, während sich die plastische Rezeptur auf der rechten Seite befindet; es ist erkennbar, dass die elastische Formulierung dazu neigt, unter dem ausgeübten Druck kompakter zu bleiben.
Software ermöglicht Vergleich verschiedener Tests
Es hat sich gezeigt, dass die Vorkompression alle Werte der Zugfestigkeit oder des Feststoffanteils verbessert, insbesondere bei der höher gewählten Geschwindigkeit der Tablettenpresse: Die verringerte Verweilzeit verschlechtert die Tablettenfestigkeit und erhöht die Porosität der Tablette auch bei der plastischen Rezeptur. Die obere Stanzendurchdringung wirkt sich stark auf das Verdichtbarkeitsdiagramm aus: eine tiefere Bearbeitung in den Matrizen ermöglicht eine symmetrischere Kompression und erhöht folglich die Zugfestigkeit.
Die Imago-Software ist ein geeignetes Hilfsmittel für die Datenanalyse bei der Interpretation des Pulververhaltens: Konkret zeigt sich, dass eine elastische Rezeptur einen höheren Vorkompressionswert und eine niedrigere Geschwindigkeit der Tablettenpresse benötigt, um kompakte Tabletten zu erhalten. Die Kraftdiagramme zeigten vorhersehbar einen schmaleren Peak für die plastische Rezeptur im Vergleich zur elastischen Mischung: Die intrinsische Tendenz des Pulvers kann durch die Untersuchung dieser von der Software leicht dargestellten Trends zusammengefasst und analysiert werden. Die Tablettierbarkeit, die Verdichtbarkeit und die Komprimierbarkeit wiesen bei der elastischen Rezeptur stets einen niedrigeren Wert der Zugfestigkeit oder des Feststoffanteils auf als bei der Kunststoffmischung: Die Verwendung von Imago ermöglicht es, durch den Vergleich verschiedener Tests, die im Rahmen des D.o.E. durchgeführt wurden, nützliche Informationen zu gewinnen.
Entscheider-Facts
- Die unterschiedlichen Materialeigenschaften der Wirk- und Zusatzstoffe von Tabletten machen es schwierig, das Verhalten der Pulvermischung beim Tablettieren voherzusagen.
- Die in der beschriebenen Studie genutzte Software ist ein geeignetes Hilfsmittel für die Datenanalyse bei der Interpretation des Pulververhaltens, was zu einem besseren Verständnis des Tablettierungsprozesses.