- Durch die Änderung der Monographie (0169) im europäischen Arzneibuch wird nun auch in Europa für die Herstellung von WFI (Water for Injections) neben der thermischen Destillation auch das Membranverfahren in Kombination mit einem geeigneten weiteren Aufbereitungsschritt zugelassen.
- Eine Membrananlage zur Herstellung von WFI muss nun zwingend aus dem Membranverfahren mit Umkehrosmose und mindestens einem weiteren Verfahrensschritt bestehen, die exakte Definition dieses weiteren Schrittes wird offen bleiben.
Dadurch entstehen Chancen und Risiken für Arzneimittelhersteller.
Nach einem lang anhaltenden Prozess hatte das European Directorate for the Quality of Medicines and Healthcare (EDQM) im April 2015 den Entwurf der neuen Monographie für „Wasser für Injektionszwecke“ (WFI) veröffentlicht. Am 31.03.2016 hat diese Behörde nun auch die Genehmigung hierzu bekannt gegeben. Somit kann zum heutigen Zeitpunkt mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass diese Monographie in der Europäischen Pharmakopöe (Ph. Eur.) Anfang 2017 rechtswirksam werden wird. Diese Entscheidung wird eine sehr deutliche Veränderung in der Aufbereitung von Pharmawasser herbeiführen.
Durch die Änderung der Monographie (0169) im europäischen Arzneibuch wird nun ebenso in Europa für die Herstellung von WFI (Water for Injections) neben der thermischen Destillation auch das Membranverfahren in Kombination mit einem geeigneten weiteren Aufbereitungsschritt zugelassen. Hierbei werden im Entwurf folgende Verfahren genannt:
- Elektrodeionisation
- Nanofiltration
- Ultrafiltration.
Die USA (USP seit 13 Jahren) und Japan (JP seit > 25 Jahren) haben diese Novellierung in ihren Arzneibüchern schon vor viel längerer Zeit absolviert, Europa hingegen blieb konservativ und hat bis heute an der thermischen Destillation festgehalten. Nun kommt dieser Stein auch in Europa ganz langsam ins Rollen. Die europäische Pharmawasseraufbereitung wird damit nach zehn Jahren wieder einmal vor neue Herausforderungen gestellt. Der letzte Meilenstein war im Jahre 2002, als die Ph. Eur. (4th Ed.) die Qualität „Water Highly Purified“ (HPW) auch für den Final Rinse und andere hochsensible Applikationen erstmals zuließ und HPW in den Qualitätsanforderungen dem WFI gleichstellte. HPW hat sich sehr gut – ebenfalls über das Membranverfahren und einen weiteren Aufbereitungsschritt hergestellt – etabliert und wird mit großer Wahrscheinlichkeit durch WFI substituiert werden, so dass in Europa mehrheitlich mit PW und WFI gearbeitet werden wird.
Zukünftiges Design einer Membrananlage für WFI
Eine Membrananlage zur Herstellung von WFI muss nun zwingend aus dem Membranverfahren mit Umkehrosmose und mindestens einem weiteren Verfahrensschritt bestehen, die exakte Definition dieses weiteren Schrittes wird offen bleiben. Grundsätzlich würde eine typische Verfahrenskombination wie bei PW (Purified Water) ausreichen, die aus Enthärtung, Umkehrosmose und Elektrodeionisation besteht. Allerdings greift die Behörde in einem noch in Bearbeitung befindlichen Papier (Annex 1 „Manufacture of sterile Medicinal Products“ des EU GMP Leitfadens) weitere Kriterien auf, um die Einhaltung der mikrobiologischen Anforderungen sicherzustellen. Insbesondere das Thema zur Kontrolle des TOC und Vermeidung von Biofilm wird in diesem Draft diskutiert. Auch die EMA (European Medicines Agency) hat ein Q&A-Dokument zur Nicht-Destillation der WFI Erzeugung veröffentlicht, welches neben dem Herstellungsweg selbst die „Robustheit“ dokumentiert und hier klare Vorgaben über die Vermeidung von Biofilm zur Diskusion aufführt.
Empfehlung der Verfahrenstechnik und Erfahrung des Anlagenbaus
Der Anlagenbau im Markt für Pharmawasser wird wohl eindeutig als zusätzliches Verfahrenselement zur Umkehrosmose die Ultrafiltration mit einer Trenngrenze von 6.000 Dalton klar bevorzugen und empfehlen. Durch die hervorragenden Langzeiterfahrungen im Betrieb mit HPW-Systemen kann vom Anlagenbau und von pharmazeutischen Unternehmen nachgewiesen werden, dass eine thermisch sanitiserbare Ultrafiltration im Querstrom-Verfahren eine verlässliche Rückhaltung von Bakterien und Endotoxinen garantiert. Ebenso tragen die hervorragenden Ergebnisse mit Ultrafiltration nach Umkehrosmose auch aus dem Halbleiterbereich zu dieser Empfehlung bei. Das japanische Arzneibuch (JP 16) hat sich übrigens direkt nur auf die Ultrafiltration als zugelassenes Kombinationsverfahren neben der Umkehrosmose für WFI fixiert (alle namhaften UF- Module werden in Japan produziert). In Europa ist allerdings damit zu rechnen, dass Arzneimittelhersteller, Anlagenplaner bzw. -hersteller und weitere Gremien bei der Umsetzung von WFI mit Membrantechnik die Verfahrensschritte zunächst ausführlich diskutieren werden.
TOC-Monitoring auf hohem Niveau
Ein wesentlicher Punkt in der Diskussion der Gremien zur Veröffentlichung der neuen Monographie ist das Monitoring des TOC für WFI. Der in allen Pharmakopöen vorgegebene Grenzwert von < 500 ppb wird in der Praxis um mehr als den Faktor 10 unterschritten, zumal bereits Trinkwasser teilweise einen Wert von 500 bis 1.000 ppb aufweisen kann. In der neuen Monographie wird vorgeschrieben werden, dass ein regelmäßiger, weitaus höherer Monitoring-Zyklus des TOC als Sicherheit zur Einhaltung der mikrobiologischen Qualität nachzuweisen ist, obwohl der TOC in keiner Korrelation zur Gesamtkeimzahl steht. Pharmawassersysteme für PW und HPW liefern im laufenden Betrieb erfahrungsgemäß Werte von 10 bis 50 ppb. In anderen Segmenten – z. B. in Halbleiterapplikationen – werden bereits seit mehr als zehn Jahren für Reinstwasser TOC-Werte von <1 ppb gefordert und erreicht (256 MB Spezifikation ITRS Raodmap).
Aufbau eines „kalten“-WFI-Systems
Zukünftig können kalte WFI-Systeme folgendermaßen realisiert und betrieben werden:
- Doppelenthärtungsanlage, chemisch, bevorzugt thermisch sanitisierbar
zur Enthärtung werden sich aufgrund der mikrobiologischen Problematik alternative Verfahren etablieren (Electric Scale Reduction) - Umkehrosmose, thermisch sanitisierbar (optional: Konzentratstufe zur Ausbeute von 90 %)
- Membranentgasung, thermisch sanitisierbar (optional, je nach Trinkwasserqualität)
- Elektrodeionisation, thermisch sanitisierbar
- Ultrafiltration, thermisch sanitisierbar (6.000 Dalton und der Möglichkeit eines Integritätstest -> Hohlfaser Module)
- Lager- und Verteilsystem mit WFI-Lagertank, Ozonisierung, UV-Desinfektion/Oxidation
- TOC- und Leitfähigkeitsüberwachung
Wie Eingangs erwähnt, wird der Aufbau einer WFI-Erzeugeranlage im Prinzip ähnlich dem Aufbau eines PW- oder HPW-Systems realisiert werden können. Wichtige Kriterien für die Umsetzung sind:
- Enthärtung unabhängig von der Erzeugeranlage thermisch sanitisierbar;
- Erzeugeranlage (RO – CEDI – MEG – UF) thermisch sanitisierbar;
- Lager- und Verteilsystem mit WFI-Lagertank;
- Heißlagerung bei > 80 °C (Rouging Gefahr) mit TOC- und Leitfähigkeitsüberwachung;
- Kaltlagerung mit Ozonisierung, UV-Desinfektion/Oxidation sowie TOC- und Leitfähigkeitsüberwachung.
Es besteht verfahrenstechnisch auch die Möglichkeit, WFI-Systeme aus bestehenden PW- oder HPW-Systemen (bei entsprechender Eignung der Komponenten) aufzubauen, beispielsweise, in dem diese durch ein Ultrafiltrationsmodul und ein Sanitisierungskonzept für das Lager- und Verteilsystem ergänzt werden. Es bleibt aber fraglich, ob die Requalifizierung von einem bisherigen PW- oder HPW-System zum WFI-System einfach zu handhaben sein wird. Technisch ist dies machbar, aber das Abstimmungsprocedere wird aufwendig werden. Auch hier besteht noch viel Diskussionsbedarf.
Fazit: Grundsätzlich ist aber der Neuaufbau einer WFI-Erzeugeranlage mit Membrantechnik im Hinblick auf die Investitions- und Betriebskosten deutlich günstiger als die thermische Destillation, die ja in der Regel eine Purified Water-Anlage als Vorstufe erfordert. Zwar wird der Validierungsaufwand eines Membransystems für WFI durch die vielschichtige Verfahrenskombination etwas höher sein; die Hersteller von HPW-Erzeugeranlagen haben hier jedoch weitreichende Erfahrungen und können den notwendigen Validierungsaufwand entsprechend unterstützen. Es wird mit Spannung erwartet, wie der konservative Markt der pharmazeutischen Herstellung in Europa mit diesem Thema umgehen wird.