- Messinstrumente müssen in Prozessen der Pharmaindustrie in festgelegten Intervallen kalibriert und die Ergebnisse GMP-konform dokumentiert werden.
- Kurze Kalibrierintervalle reduzieren das Risiko fehlerhafter Messungen, allerdings steigt der Aufwand für den Betreiber.
- Mit dem selbstkalibrierenden Sensor I-Therm-Trustsens für hygienische und aseptische Anwendungen sinkt dieser Aufwand deutlich.
Ein neuer Temperatursensor vereinfacht den Aufwand dazu deutlich: Die komplett automatisierte Inline-Selbstkalibrierfunktion reduziert Risiken und dokumentiert die Kalibrieregebnisse automatisch.
In der Pharmaindustrie gilt der EU GMP-Leitfaden neben den nationalen und internationalen Pharmakopöen als Grundlage für eine regelmäßige Kalibrierung. „Mess-, Wäge-, Aufzeichnungs- und Kontrollausrüstung sollte regelmäßig kalibriert sein und in bestimmten Abständen mit geeigneten Methoden überprüft werden. Geeignete Aufzeichnungen hierüber sollten aufbewahrt werden“, heißt es dazu im EU-Leitfaden der Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel und Wirkstoffe, Kapitel 3. Für computergestützte Systeme sind zusätzlich die Vorgaben gemäß Annex 11 („Ergänzende Leitlinien für computergestützte Systeme“) zu beachten, sowie die Forderungen nach Datenintegrität und Datensicherheit. Diese werden in der „WHO Guidance on good data and record management practices, Technical Report Series, Nr. 996 (2016), Annex 5” beschrieben.
Messinstrumente sind folglich regelmäßig innerhalb festgelegter und angemessener Intervalle, mit geeigneten Referenzmitteln, anhand von dokumentierten Verfahren durch geschultes Personal zu kalibrieren. Die Kalibrierergebnisse sind GMP-konform zu dokumentieren und müssen durch eine ununterbrochene Kette von Kalibrierungen auf nationale bzw. internationale Normale rückführbar sein.
Dies ist notwendig, da Messinstrumente einem Alterungsprozess unterliegen und im Laufe der Zeit zu fehlerhaften Messergebnissen führen können. Fehlerhafte Messergebnisse können jedoch zu fehlerhafter Produktqualität führen und gefährden damit letztendlich die Patientensicherheit.
Kalibrierung und Risikobewertung
Kalibrierung bzw. Rekalibrierung zeigt nur zum Zeitpunkt der Durchführung valide Ergebnisse. Unmittelbar nach der Durchführung der Vergleichsmessung, kann nicht mehr behauptet werden, dass die Messergebnisse valide sind. Daher handelt es sich um ein retrospektiv bewertendes Verfahren, d.h. wenn die Kalibrierungen des Messgerätes zum Zeitpunkt t (n) sowie die Rekalibrierung zum Zeitpunkt t (n+1) gültig sind, ist davon auszugehen, dass auch sämtliche Messwerte innerhalb dieses Zeitintervalls valide sind. Können Messergebnisse aufgrund ungültiger Kalibrierung nicht verifiziert werden, werden in der pharmazeutischen Industrie oft risikobasierte Bewertungen zur hergestellten Produktqualität vorgenommen, was je nach Kalibrierintervall einen erheblichen Aufwand bedeutet und sogar bis zum Produktrückruf führen kann.
Kurze Kalibrierintervalle reduzieren daher das Risiko fehlerhafter Messergebnisse und tragen damit zur Prozesssicherheit bei, jedoch erhöht sich der Aufwand für Kalibriertätigkeiten aufgrund der Vielzahl eingesetzter Sensoren zum Teil enorm. Da die Sensoren für die Kalibriertätigkeiten oft ausgebaut werden müssen, weil eine Inline-Kalibrierung aufgrund der Gegebenheiten vor Ort und den Anforderungen an die Kalibrierung nicht durchführbar ist, kann es in diesen Zeiträumen zu Produktionsstillstand kommen. Ferner bergen der Aus- und Einbau der Sensoren sowie Unterschiede zwischen Prozess- und Umgebungsbedingungen zusätzliche Fehlerquellen.
Inline-Selbstkalibrierung: integrierter Referenzpunkt macht´s möglich
Der Parameter Temperatur spielt in der pharmazeutischen Industrie eine Schlüsselrolle, da zahlreiche Prozesse unter definierten Temperaturbedingungen ablaufen, z.B. Sterilisationsverfahren, Reinigungsprozesse, Lagerung von Ausgangsstoffen, Zwischenprodukten, Produkten, Analysen, etc.). Für qualitätsrelevante Temperaturmessungen werden häufig Widerstandsthermometer (PT100 Sensoren) gemäß DIN EN 60 751 benutzt, da diese einerseits über eine hohe Genauigkeit verfügen und andererseits in einem breiten Messbereich (-196 °C bis 600 °C) eingesetzt werden können.
Der selbstkalibrierende Sensor I-Therm-Trustsens TM371 besteht aus einem Widerstandsthermometer (PT100) mit einer inte-grierten Fixpunkt-Referenz, die sich direkt am Sensor befindet. Das Referenzelement – eine speziell entwickelte Keramikzelle – nutzt einen physikalischen Fixpunkt auf Basis der Curie-Temperatur und ermöglicht eine direkte automatisierte Inline-Kalibrierung des Primärsensors. Der Sensor wird ab Werk mit einem Kalibrierschein für die integrierte Fixpunkt-Referenz ausgeliefert, wodurch die Rückführbarkeit der Kalibrierkette auf nationale bzw. internationale Normale bis zur Internationalen Temperaturskala ITS-90 nachweislich und lückenlos gewährleistet wird. Langjährige ausgiebige Belastungstests über viele tausende von Zyklen, sowohl im Labor als auch im Feld, bestätigen eine ausgereifte Lösung.
Die Kalibrierung erfolgt bei einer Temperatur von ca. 118 °C und erfasst in diesem Punkt die Unterschiede zwischen dem gemessenen Wert des PT100-Sensors und der Referenz. Sie findet bei Prozessen statt, die die Temperatur erreichen, überschreiten bzw. durchlaufen. Damit kann in diesem Temperaturpunkt gezeigt werden, ob der Sensor noch korrekt misst oder sich bereits außerhalb der zulässigen Toleranz befindet. Die Mess-unsicherheit der Kalibrierung nimmt erwartungsgemäß mit der Entfernung der Temperatur vom Referenztemperaturpunkt zu, jedoch sind die Messunsicherheiten in der Umgebung dieses Referenztemperaturpunktes vernachlässigbar. Sie können je nach gefordertem Messintervall in einem technischen Datenblatt angegeben werden.
Einsatz im pharmazeutischen Umfeld stellt hohe Anforderungen
Aufgrund des Referenztemperaturpunktes von ca. 118 °C bietet sich die Technologie besonders für Sterilisationsprozesse an, da bei diesen Prozessabläufen die Referenztemperatur mindestens einmal durchlaufen wird (z.B. Kalibrierung während der Aufheiz-/Abkühlphase). Beispiele sind die Sterilisation von Verteilsystemen (Medien-Transferleitungen, Ringleitungssysteme, etc.), die Sterilisation von Behältern (Ansatz- und Lagerbehälter, Fermenter, etc.), die Sterilisation von Versorgungssystemen (Wasseraufbereitungssysteme, Reinstdampfsysteme, Reinigungsanlagen, etc.).
Derartige Prozesse finden meist periodisch statt. Somit wird die konstant hohe Messgenauigkeit des Temperaturfühlers während der gesamten Lebensdauer permanent überwacht.
Sensoren, Einbau- und Dichtungsmaterialien mit Produktkontakt müssen hygienische Anforderungen erfüllen, damit das pharmazeutische Produkt in seiner Qualität nicht beeinflusst wird. Zum Einsatz kommen hier oft Edelstähle (1.4404/1.4435) mit Oberflächenrauigkeiten ≤ 0,8 µm bzw. ≤ 0,4 µm. Dichtungsmaterialien sollten nachweislich (FDA-konform gemäß 21 CFR 177.2600) lebensmittelgeeignet sein. Ferner sollten Materialien mit Produktkontakt auch beständig gegen Reinigungsmittel (Laugen und Säuren) sein, z.B. Natronlauge, Salpetersäure, etc. Handelt es sich bei dem Messsystem um ein computergestütztes System, sollte auch die eingesetzte Software valide sein. Das bedeutet, dass bereits bei der Entwicklung zahlreiche Qualitätsstandards auf Lieferantenseite einzuhalten sind. Einen guten Überblick dazu liefert der Leitfaden GAMP 5 (Good Automated Manufacturing Practice). Vor diesem Hintergrund verfügt das Gerät zudem über alle wichtigen internationalen Zulassungen und Zertifikate: Hygienerichtlinien nach EHEDG, ASME BPE, FDA, 3-A, 1935/2004, 2023/2006, 10/2011, CE, CRN, TSE Tierfettfrei sowie CSA General Purpose.
Verifikation und Dokumentation der Messstelle im laufenden Prozess
Die integrierte intelligente Transmitterelektronik verfügt über vielfältige permanente Prozess- und Diagnosefunktionen, die gemäß der Namur-Empfehlung NE107 kategorisiert, und via Hart-Kommunikation übermittelt werden. Frei programmierbare Limit- und Alarmwerte bieten Kontrolle, Sicherheit und Prozesstransparenz. Zudem werden Statussignale über die im Gerät inte-grierte LED vor Ort signalisiert. Die Messstelle kann ohne Prozessunterbrechung im eingebauten Zustand jederzeit verifiziert und dokumentiert werden. Neben der automatisierten Kalibrierung an sich werden die Daten der letzten 350 Kalibrierungen direkt im Gerät gespeichert. Dadurch kann auf eine langfristige Geräte- und Prozesshistorie zurückgegriffen werden, welche als Grundlage für eine frühzeitige Trendermittlung und Prädikation nutzbar ist.
Dieses unter der Marke „Heartbeat Technology“ geführte Diagnose- und Prüfkonzept erlaubt einen kosteneffektiven und sicheren Anlagenbetrieb während des gesamten Lebenszyklus, indem es Diagnose-, Verifikations- und Monitoringfunktionen sinnvoll kombiniert. Damit ist das Gerät bestens gerüstet für die
Industrie 4.0.
Audit-sicheres Kalibrierprotokoll
Die Technologie ermöglicht erstmals einen Sensor, der eine prozessabhängige automatische Inline-Kalibrierung in sehr kurzen Kalibrierintervallen ermöglicht. Erstmals stehen auch Audit-konforme Kalibrierdaten für eine
lückenlose Dokumentation jederzeit zur Verfügung: Für die Ausgabe eines gültigen Kalibrierzertifikats genügt künftig ein Mausklick (z.B. mit der Fieldcare-Software).
Der Sensor schließt bereits zahlreiche Fehlerquellen im Vorfeld aus und erhöht damit automatisch die Prozesssicherheit, die letztendlich die Forderung der gleichbleibenden Produktqualität unterstützt. Unter der Voraussetzung, dass die GMP-Anforderungen eingehalten werden, spricht dies klar für einen Einsatz der Technologie im pharmazeutischen regulierten Umfeld. Sie hilft außerdem dabei, sowohl den Aufwand, die Kosten als auch das Risiko maßgeblich zu senken, und gleichzeitig die Anlagenverfügbarkeit zu steigern.
Lounges 2018, Stand C1.9