Fördertechnik

13. Okt. 2025 | 08:09 Uhr | von Nora Menzel

Normschön fördern

Hygienegerechtes Pumpendesign – Anforderungen und Normen

Ohne Pumpen läuft in der Prozessindustrie gar nichts. In der Pharma- und Lebensmittelindustrie müssen diese für ein hygienisches Umfeld passend ausgelegt sein. Welche Vorgaben müssen Anwender also beachten, damit alles funktioniert?

ice-cream on factory

(Bild: asayenka – stock.adobe.com)

Entscheider-Facts

  • Um Pumpen in hygienischen Bereichen einzusetzen, müssen Anwender verschiedene Vorgaben beachten.
  • Es kommt darauf an in welchem Land und für welche Anwendung eine Pumpe eingesetzt werden soll, welche Normen greifen.
  • Generell gilt im hygienischen Umfeld: gute Reinigbarkeit, passende Werkstoffe und detaillierte Dokumentation.

Pumpen gelten als das Herz(stück) einer jeden Prozessanlage, so auch im hygienischen Umfeld der Pharma- und Lebensmittel- sowie teilweise in der Kosmetikindustrie. In dieser besonderen Umgebung müssen Anwender bei der Wahl des Bauteils allerdings auch mehr beachten.

Die Pumpe muss aus für den jeweiligen Prozess geeigneten Material sein, dieses wiederum muss zertifiziert sein und das Ganze muss auch noch gut zu reinigen sein. Ach ja und Behörden oder Konsortien wie EHEDG und FDA haben bei den Anforderungen auch noch ein Wort mitzureden. Was für die Wahl einer Pumpe im hygienischen Umfeld zu beachten ist – ein Spaziergang durch den Regulatorik-Dschungel.

Regulatorische Anforderungen

EHEDG steht für European Hygienic Engineering & Design Group und ist ein Konsortium aus Geräteherstellern, Lebensmittelproduzenten und Universitäten. Es hat Standards und Methoden, um Anlagen, die in hygienischem Design ausgelegt sein sollen, nach dem neuesten Stand der Forschung und Technik zu prüfen und zu zertifizieren – egal ob Lebensmittel- oder Pharmaindustrie. Unter anderem gibt es Leitlinien heraus, wovon insbesondere Doc 8 (Hygienic Equipment Design Criteria) und Doc 17 (Hygienic Design of Pumps, homogenizers and dampening devices) Normen liefern, wie hygienische Pumpen zu gestalten sind.

Diese Normen definieren grundlegende Hygieneprinzipien, um Kontaminationen bei der Konstruktion und Installation von Geräten zu vermeiden. Das umfasst für Pumpen unter anderem, dass diese Produkte schonend fördern sollen, selbstentleerend, totraumfrei und für Cleaning-in-Place sowie Sterilize-In-Place (CIP und SIP) geeignet sein müssen.

In den USA ist das Äquivalent zur EHEDG die gemeinnützige Gesellschaft 3-A Sanitary Standards, die Lebensmittelsicherheit durch hygienisches Gerätedesign fördert. Dafür stellt die Gesellschaft ein Verzeichnis von Konstruktionskriterien für Anlagen und Verarbeitungssysteme bereit und stellt weitere Wissensressourcen zur Verfügung, um den Schulungs- und Ausbildungsbedarf in der Pharma- und Lebensmittelindustrie zu unterstützen. Zudem überwacht die Gesellschaft das 3-A Symbol Authorization Programm und andere freiwillige Zertifikate, die die Integrität von hygienischen Verarbeitungsanlagen und -systemen bestätigen sollen.

Konstruktive Merkmale

Die verschiedenen Richtlinien in der EU und den USA legen konstruktive Merkmale fest, über die hygienische Pumpen verfügen müssen. Alle zielen darauf ab möglichst wenig Hohlräume und Oberflächen für mikrobielles Wachstum zu bieten, wodurch das Bauteil in der Regel auch leichter zu reinigen ist. Pumpen in hygienischen Anwendungen sollten frei von Toträumen und selbstentleerbar sein. EHEDG und 3-A legen auch die Oberflächengüte fest also wie rau eine Oberfläche sein darf. Denn glatte, elektropolierte Oberflächen mit geringer Rauheit minimieren Anhaftungen und erleichtern das Reinigen.

Apropos Reinigen: CIP- und auch SIP-fähig sollten Pumpen auch sein. Denn auch wenn all die baulichen Gegebenheiten dafür sorgen sollen, dass sich kaum etwas ablagert, müssen Bauteile zwischendurch gespült und desinfiziert werden beispielsweise bei einem Produktwechsel. Damit innerhalb der Pumpe nichts hinläuft, wohin es nicht soll, gibt es Dichtungen, für die – sollten sie produktberührend sein - auch wiederum eigene Richtlinien gelten.

Sind die baulichen Aspekte bedacht, geht es daran, die Werkstoffe und Materialien auszuwählen.

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Bei hygienischem Design geht es unter anderem darum, möglichst wenig Totraum zu haben. (Bild: nordroden – stock.adobe.com)

Werkstoff- und Materialwahl

Während EHEDG und 3A sich auf konstruktive Vorgaben fokussieren, geben FDA, BfR und EC 1935/2004 vor, welche Werkstoffe und Materialien für den jeweiligen Anwendungsfall geeignet sind.

Die Food and Drug Administration (FDA) macht in den USA Vorgaben, welche Materialien in welcher Form mit Lebensmitteln oder Pharmazeutika in Berührung kommen dürfen. Dementsprechend müssen nur Pumpenkomponenten, die produktberührend sind, dahingehend zertifiziert sein. Es liegt in der Verantwortung des Pumpenherstellers, dass diese Materialien, die Spezifikationen und Beschränkungen aller geltenden Zulassungen einhalten. Anwender können von ihrem Hersteller ein Garantieschreiben erbeten, in dem dieser bestätigt, dass ein bestimmtes Produkt für die beabsichtigte Verwendung mit Produktkontakt akzeptabel ist. Das bedeutet in der Regel, dass das Material oder der Werkstoff für CIP und SIP geeignet sowie korrosions- und temperaturbeständig ist. Insbesondere bei Mehrkomponenten- oder Schweißkonstruktionen sind nicht-poröse Materialien und hochwertige Oberflächen essenziell, um Mikrorisse und daraus resultierende Kontamination zu vermeiden. Ziel dieser Vorkehrungen ist auch, dass sich keine Materialrückstände im Lebens- oder Arzneimittel wiederfinden.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (Bfr) ist nicht vornehmlich für Bauteile wie Pumpen zuständig. Vielmehr ist es für das Bewerten jeglicher Risiken, die durch Produkte im menschlichen Alltag entstehen, verantwortlich: seien es Kosmetika, Pflanzenschutzmittel, Spielzeuge, Verpackungen oder Chemikalien. Das schließt auch ein, diese auf Rückstände aus der Herstellung zu überprüfen.

Beispielsweise kann der Abrieb von Kunststoffen, Elastomeren, Dichtungen, Schmier- und Hilfsstoffen, die in einer Pumpe verbaut sind in das geförderte Produkt gelangen. Das Bfr bewertet, wie toxikologisch sicher ein Material ist, wie dessen Migrationsverhalten ist, aber auch mikrobiologische Risiken durch Oberflächen oder Rückstände.

Die EU-Verordnung 1935/2004 betrifft Materialien und Werkstoffe, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen oder dazu bestimmt sind beispielsweise Kunststoff für Brotdosen. Anwender hygienischer Pumpen müssen diese Vorgaben also nur beachten, wenn ihr Produkt in diese Kategorie fällt – hygienische Pumpen in der Kosmetikindustrie fallen beispielsweise nicht unter diese Verordnung.

Da EC 1935/2004 allerdings auch Vorgaben zur Rückverfolgbarkeit macht sowie schriftliche Konformitätserklärungen fordert, bietet es sich an, die Verordnung als Messlatte für andere Industrien zu sehen. Schließlich sind Arzneimittel auch dazu gedacht in den menschlichen Körper zu gelangen, wenn auch nicht in denselben Mengen wie Nahrungsmittel.

Dokumentation und Rückverfolgbarkeit

Rückverfolgbarkeit ist bei hygienischen Anwendungen ein wichtiges Stichwort. Die Good-Manufacturing-Practice-Richtlinien (GMP) gelten in der EU zwar nur für Arzneimittel – Kosmetika und Lebensmittel habe ihre eigenen Verordnungen – aber die zu beachtenden Grundprinzipien sind über die drei Branchen hinweg ähnlich. Viele der in den GMP-Richtlinien aufgeführten Vorgaben, kommen auch in den anderen Regelwerken vor: Beispielsweise, dass Bauteile gut zu reinigen sein müssen oder Materialien, seien es Werkstoffe oder Medien wie Kühlmittel, entweder gar nicht erst in Kontakt mit dem Produkt kommen oder bei Kontakt keine Rückstände im Produkt hinterlassen dürfen.

Zusätzlich zu Konstruktions- und Materialvorgaben ist in den GMP-Richtlinien auch vermerkt, welche Prozesse dokumentiert werden und welche Zertifikate für was vorliegen müssen, sodass jede Maßnahme rückverfolgbar ist. Beispielsweise muss ein Qualifizierungsdossier der Pumpe vorliegen, das Designqualifizierung (DQ), Installationsqualifizierung (IQ), Funktionsqualifizierung (OQ) und Leistungsqualifizierung (PQ) und weitere Angaben wie zum Reinigungsverfahren enthält.

Die Ausrüstungsdokumentation wiederum beinhaltet neben anderen Dingen auch Materialzertifikate für produktberührte Bauteile. Zudem müssen Wartung und Reinigung der Pumpe dokumentiert werden. Alle diese Dokumente müssen aufbewahrt und bei Nachfrage vorgezeigt werden.

Herausforderungen in der Praxis

Die Krux ist, dass bei all den Vorgaben zur Hygiene eine Pumpe kein „Stehrümmchen“ ist, was einmal aufgestellt maximal zum Abstauben wieder angefasst wird. Im Gegenteil: Eine Pumpe ist ein Gebrauchsgegenstand, der Wartung benötigt und zugänglich sein muss, damit bei Bedarf Teile austauschbar sind. Sind Bauteile modular, erleichtert das zwar ihren Austausch, kann aber auch die Hygiene beeinträchtigen, wenn Passungen oder Dichtflächen nicht exakt sitzen.

Da gerade Gewinde aufgrund der vielen Rillen Platz für Ablagerungen jeglicher Form bilden, wird in hygienischen Umgebungen immer häufiger Tri-Clamp als Rohrverbindungssystem genutzt. Dabei verbindet eine Klemme zwei Flansche, zwischen denen lediglich eine Dichtung liegt. Auf diese Weise gibt es kein Gewinde, es drücken lediglich zwei Flächen aufeinander und über die Klemme können Bediener das System leicht auseinandernehmen, um es beispielsweise zu warten.

Das wo ist beim hygienischen Pumpendesign also in mehrerer Hinsicht entscheidend: für welche Anwendung die Pumpe eingesetzt wird, aber auch in welchem Land, weil das die greifenden Normen bestimmt. Zudem kommt hinzu, dass Richtlinien aktualisiert werden, wodurch möglicherweise die Notwendigkeit entsteht, ein Bauteil neu zu zertifizieren. Gerade im dynamischen Umfeld der Pharma- und Lebensmittelindustrie dürfen Anwender sich also nicht abhängen lassen.

Steel new pipelines and vats on milk factory
Damit Flüssigkeiten von A nach B kommen, braucht es Pumpen. (Bild: 279photo – stock.adobe.com)

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