- Die Anforderung eines chinesischen Pharmakonzerns war, den Transportweg eines pulverförmigen Antibiotikums vom Sprühtrockner bis zur Abfülllinie vollständig unter Containment steril durchführen zu können.
- In der beschriebenen Lösung setzt der beauftragte Anlagenbauer auf neue Einsatzmöglichkeiten bewährter Technik sowie Automation entscheidender Prozessschritte.
- Die verwendete Anordnung der Ventile im ersten Umfüllschritt ist im Vergleich zu Doppelklappensystemen robuster und kostengünstiger, und verringert außerdem das Kontaminationsrisiko.
Sie gefährden – sollte die Verunreinigung nicht entdeckt werden – auch das Leben von Patienten, wenn diese Medikamente einnehmen, deren Zusammensetzung verfälscht und deren Wirkung nicht mehr vorhersehbar ist.
Sicherheit geht vor
Automation hilft in der modernen Industrie, Fehler zu vermeiden und Fabriken rentabel zu betreiben. Die Hauptargumente Wirtschaftlichkeit und Fehlerminimierung treten in der Pharmatechnik jedoch durch die Forderung nach durchgängigem Containment oft in den Hintergrund. Denn an erster Stelle steht die Sicherheit des Menschen: einerseits des Patienten, der ein sortenreines, pharmazeutisches Fabrikat und dessen einwandfreie Wirkung erwartet, andererseits die Sicherheit des am Herstellungsprozess beteiligten Bedieners.
Ein chinesischer Pharmakonzern formulierte daher genau diese spezifische Anforderung beim Neubau seiner Produktionsstätte für ein Antibiotikum: einen Produktionsablauf zu planen und mit den entsprechenden Komponenten auszurüsten, bei dem der komplette Weg des pulverförmigen Antibiotikums vom Sprühtrockner bis zur Abfülllinie innerhalb eines Containments steril bleibt und so die Sterilität des Endproduktes gewährleistet ist. Den Auftrag dazu erhielt das auf die Fertigung steriler Produktionsanlagen für die Pharmaindustrie spezialisierte Unternehmen Atec Pharmatechnik. Der Anlagenbauer ist besonders für seine Stopfenbehandlungsanlagen und seine für diesen Zuführprozess konstruierten Reinraumlifte bekannt, die aufgrund ihrer Leistungsstärke auch in anderen Anwendungsbereichen der Pharmaindustrie vermehrt zum Einsatz kommen.
Der Prozess zur Weiterbehandlung des Antibiotikums umfasst mehrere Teilschritte. Er beginnt mit dem Transfer des pulverförmigen Antibiotikums aus dem aseptischen Sprühtrockner in einen mobilen Behälter. Danach erfolgen das Mischen des Antibiotikums sowie der Transport zum Isolator. Hier findet ein zweiter Transfer statt: des gemischten Produktes, zur Abfülllinie im Isolator.
Für diese neugebaute Anlage konzipierte der Anbieter Behälter, die für Transfer-, Transport- und Mischvorgänge gleichermaßen geeignet sind. Zusätzlich ermöglichen die Behälter die sterile Entnahme einer Pulverprobe, die Auskunft über die Homogenität des gemischten Produktes gibt. Um die Behälter für einen neuen Chargentransport zu verwenden, lassen sich sowohl die Anschlussstellen als auch die Behälter an der CIP-Station reinigen.
Die Herstellung des pulverförmigen Antibiotikums erfolgt in Chargen bis 500 l. Nach Abfüllen des Endproduktes in Vials im Isolator werden sterile Stopfen, die zuvor an der Prozessstation gewaschen, sterilisiert, getrocknet und gekühlt wurden, direkt aus 300-l-Behältern der Abfülllinie zugeführt.
Transferschritte bergen Kontaminationsrisiken
Es existieren verschiedene technische Möglichkeiten, um Behälter für einen Transfer mit anderen Komponenten zu verkoppeln. Das Zusammenführen von pulverisierten Stoffen geschieht üblicherweise über Doppelklappensysteme. Diese bringen den Inhalt eines Pulverbehälters mit einem anderen Pulver in einem weiteren Behälter zusammen, indem sie die Behälter über eine spezielle Schnittstelle verbinden. Zu diesem Zweck ist jeder Behälter an seiner Transferöffnung mit einer an einer zentralen Achse gelagerten, drehbaren Klappe ausgestattet. Beim Zusammenführen der Behälter werden die Außenseiten dieser Klappen aufeinander gepresst und die Behälter fest miteinander verbunden, bevor der Transfer des Pulvers beginnt. Wird die Transferöffnung entriegelt, drehen sich die Klappen um 90 Grad, und das Pulver aus dem oben liegenden Behälter strömt in den unteren.
Das Doppelklappensystem birgt ein Kontaminationsrisiko durch den sogenannten „Ring of Concern“. Dieser unsterile Ring entsteht ringsum an der Kontaktstelle der beiden Klappen, wenn sie aufeinander gepresst werden. Aufgrund ihrer Lage im Zentrum der Transferschnittstelle kommen die Doppelklappen mit dem zu transferierenden Produkt in Berührung. Zudem kann es an der doppelten Klappe zur Brückenbildung des Pulvers kommen, d. h. bei schlecht fließendem oder klumpendem Pulver bleiben Reste des Transfermaterials an den Klappen zurück. Durch Zurückstellen der Klappen und nach Entkopplung der Behälter besteht dann die Gefahr, dass durch verbleibende Stoffreste nicht nur der über die Dockstelle angeschlossene Container, sondern auch die Arbeitsumgebung des Bedieners kontaminiert wird. Nur aufwendige Reinigungsprozesse der Schnittstellen vor und nach dem Pulvertransfer können das Kontaminationsrisiko auf das kleinste Maß reduzieren. Oft ist die Unterbrechung des Produktionsablaufs oder gar der Stillstand des Produktionsprozesses während der Reinigung nötig.
Im vorliegenden Prozess kommt dagegen beim ersten Transfer – dem sterilen Transfer des Wirkstoffpulvers vom Sprühtrockner in den Transferbehälter – ein Ventilknoten (Valve-Assembly) zum Einsatz. Hierbei sind vier einfache Klappenventile in Reihe geschaltet, je zwei der Ventile sind auf den Behälter und unter den Sprühtrockner montiert. Sie werden über einen Tri-Clamp zu einer Einheit verbunden und bilden somit ein Sterilkreuz. Die beiden Klappenventile zur unsterilen Öffnung werden geöffnet, um sie zu reinigen und zu sterilisieren. Danach lässt sich das Pulver in den Transferbehälter transferieren, indem die anderen zwei Ventile geöffnet werden. Diese Lösung bietet mehrere Vorteile gegenüber der Verwendung des Doppelklappensystems: der Aufbau ist robuster, insgesamt kostengünstiger und verringert das Kontaminationsrisiko, da er einen „Ring of Concern“ vermeidet.
Transfer-Port aus der Nuklearforschung
Der zweite Transfer im Prozess der Anlage – die Überführung des gemischten Pulvers zur Abfülllinie in den Isolator – nutzt einen Rapid Transfer Port (RTP), der nach dem Prinzip eines luft- und wasserdichten Doppeltürverbundes arbeitet. Diese ursprünglich für die Nuklearforschung in den 1960er Jahren entwickelten Ports haben sich in der Pharmatechnik seit langem beim Transfer von Flüssigkeiten oder von größeren Zuführkomponenten wie Verschlussstopfen bewährt. Ein solcher RTP kommt hier erstmals zum Transfer von pulverförmigem Material zum Einsatz. Damit sich das Andocken des Transferbehälters an den Isolator und das Öffnen des Ports automatisiert vollziehen, wurde der handelsübliche Port zu einem Auto-Port modifiziert.
Bei der Verwendung eines RTP wird der Betaport des Transferbehälters an den Alphaport des Isolators gekoppelt, indem die zueinander liegenden Außenseiten von Isolatorport und Behälterport über Rotation luftdicht miteinander verriegelt werden. Da Reinraumlifte nur über eine drehbare Achse auf vertikaler Ebene verfügen, war ein rotierender Alphaport einzuplanen. Zum Öffnen des Zugangs werden die aneinandergekoppelten Türen in den Isolator aufgeschwenkt. Für den Transfer des Materials wird vom Isolator aus ein Transferrohr automatisiert an die Öffnung angedockt. Der Bediener verschließt den Port manuell per Hebel über Handschuheingriff.
Ein „Ring of Concern“ bildet sich zwar auch in dieser Verbindung, an der Kontaktstelle zwischen Alphaport- und Betaport. Er ist aber nicht kontaminationsgefährdend, da er nicht mit dem Produkt in Berührung kommt. Der RTP dient nur zum Andocken an den Isolator. Der eigentliche Transfer findet zwischen dem Auslaufflansch des Behälters und dem Transferrohr statt, deren Schnittstelle mit einem O-Ring abgedichtet und mit einer Verriegelung druckfest geschlossen ist. Daher bietet diese Lösung beim Umgang mit empfindlichen Wirkstoffen in der aseptischen Verarbeitung eine höhere Sterilitätssicherheit als Doppelklappensysteme.
Automatisierte Wirtschaftlichkeit und Sicherheit
An gleich mehreren Stellen der projektierten Anlage sticht der Gedanke der Wirtschaftlichkeit hervor. Die stationäre CIP-Station dient gleichzeitig als Mischstation. Durch deren Doppelnutzung benötigt die Produktionsanlage weniger Platz. Da die Transferbehälter und deren Anschlussstellen an der CIP-Station gründlich gereinigt werden, sind keine Single-use-Produkte wie Betaport-Bags notwendig. Im Gegenteil: Bereits das Konzept der Anlage sah besonders leistungsstarke Reinraumlifte vor, die es erlauben, Behälter mit einem Volumen bis 500 l anzuheben und zu bewegen. Eine Rechnung ist da schnell aufgestellt: Je größer die Transferbehälter für das Pulvermaterial sind, desto größere Chargen des Endproduktes lassen sich in einem Durchgang herstellen. Das spart Produktionszeit und senkt die Produktionskosten.
Der hohe Automationsgrad für diesen Pulvertransfer birgt mehrere Vorteile: Ein Manufacturing Execution System überwacht den gesamten Produktionsprozess und registriert jeden Schritt, sodass sich nach Auswertung eines Batch-Reports Fehler lokalisieren und beheben lassen. Die Einrichtung von Automation an den kontaminationskritischen Stellen des Transfers erhöht neben dem Komfort für den Bediener auch dessen Sicherheit.