Entscheider-Facts
- Die Rohmaterialien in für den Einweg-Einsatz vorgesehenen Medizinprodukten wie Herzkathetern lassen sich in der Regel schlecht recyclen. Durch Medical Remanufacturing können solche Produkte jedoch für den erneuten Einsatz aufbereitet werden.
- Dienstleister, die diese Alternative zum Recycling anbieten, müssen mit dokumentierten und validierten Verfahren die für medizinische Zwecke erforderliche Qualität sowie die und Rückverfolgbarkeit des aufbereiteten Produktes sicherstellen und nachweisen.
- Eine Studie am Beispiel von Herzkathetern zeigt, dass sich durch Remanufacturing der CO2-Fußabdruck um rund die Hälfte und der Ressourcenverbrauch um mehr als ein Viertel senken lassen.
Kunststoffe bieten sehr gute Eigenschaften, sind häufig langlebige Werkstoffe und kommen in allen möglichen Bereichen – von Verpackungen über die Baubranche bis hin zur Medizin - zum Einsatz. Wenn Kunststoffprodukte so lang wie möglich im Kreislauf geführt werden, reduziert sich der Ressourcenverbrauch, das Klima wird geschont. Eine solche Kreislaufwirtschaft oder Circular Economy soll es ermöglichen, weniger fossile Ressourcen zu entnehmen, Abfallprodukte und Emissionen zu minimieren, Produkte intelligent für ihre Wiederwertung zu gestalten und damit End-of-Life Verluste zu reduzieren.
Recycling und Remanufacturing
Auch viele Medizinprodukte, die vom Hersteller lediglich für eine einmalige Verwendung zugelassen wurden, enthalten Kunststoffe, beispielsweise Elektrophysiologie-Katheter (Herzkatheter). Unter den verschiedenen Materialien solcher Produkte findet sich ein großer Anteil Hochleistungs-Polymere, die die besonderen Anforderungen für den Einsatz im medizinischen Bereich erfüllen. Aufgrund dieser speziellen Eigenschaften sind diese Kunststoffe jedoch bislang mit klassischem Kunststoff-Recycling kaum aufzuarbeiten und zu verwerten. Selbst bei Materialien, für die entsprechende Recyclingprozesse existieren, ist der Aufwand in der Regel kaum wirtschaftlich zu rechtfertigen: Verglichen mit beispielsweise für PET-Flaschen etabliertem Recycling ist die anfallende Menge an Medizinprodukten wie den genannten Kathetern nicht groß genug, um die verbauten Kunststoffe zu sammeln, zu isolieren und zu verwerten.
Eine Alternative zum Recycling für solche Einweg-Produkte ist das sogenannte medizinische Remanufacturing. Ein Dienstleister, der diesen Prozess anbietet, zerlegt dabei zunächst das gebrauchte Produkt in seine Einzelteile. Alle Bestandteile werden einzeln überprüft und gereinigt. Einzelne Bauteile werden nach Bedarf repariert oder ausgetauscht. Anschließend wird das Produkt neu zusammengebaut, getestet und gereinigt sowie nach medizinischen Standards sterilisiert.
Dabei kommt es natürlich besonders auf die Einhaltung der geforderten Hygienevorschriften an. Ein wichtiger Prozessschritt darum ist die Gewährleistung der Produktsicherheit durch validierte Reinigungs und Sterilisationsverfahren, sowie durch umfangreiche Funktionalitäts und Hygieneprüfungen. Darüber hinaus muss der Dienstleister den Prozess sorgfältig dokumentieren. Jedes entsprechend aufbereitete Produkt muss rückverfolgbar sein und eventuell vorgenommene Veränderungen müssen nachvollziehbar und in ausgestellten Zertifikaten einsehbar sein.
Der wichtige Vorteil des Remanufacturing ist, dass im Gegensatz zum Recycling der Wert eines Produkts erhalten bleibt – sowohl ökonomisch als auch ökologisch. Das Produkt wird nach seiner Nutzung zu seinem höchst möglichen Wert und Nutzen im Kreislauf geführt, wohingegen beim Recycling nur der Wert des Materials erhalten bleibt. Ein recycelter Kunststoff weist beispielsweise eine andere Qualität auf. Beim Remanufacturing geht es darum, das Produkt so aufzubereiten, dass es dieselben Qualitäten besitzt wie ein neu hergestelltes Produkt.
Positive Effekte mit häufigen Wiederaufbereitungszyklen
Welche positiven Umwelteinflüsse es hat, wenn solche Produkte nicht entsorgt, sondern mit zertifizierten Verfahren wiederhergestellt werden, hat ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT im Auftrag des Medical Remanufacturing Unternehmens Vanguard untersucht. In der kürzlich veröffentlichten Studie verglich das Forschungsteam die Neuproduktion eines Elektrophysiologie-Katheters (Herzkatheters) mit einem wiederhergestellten Katheter insbesondere bezüglich ihrer Auswirkung auf die globale Erwärmung sowie deren Ressourcenverbrauch.
Das Ergebnis der in der wissenschaftlichen Zeitschrift »Sustainability« veröffentlichten Studie: Medical Remanufacturing reduziert im Fall der untersuchten Herzkatheter den CO2-Fußabdruck um mehr als 50 % und den Ressourcenverbrauch um mehr als 28 %. „Unsere Studie hat gezeigt, dass das Medical Remanufacturing von medizinischen Einwegprodukten in beiden Kategorien – CO2 -Fußabdruck und Ressourcenverbrauch – zu signifikanten Einsparungen führt im Vergleich zur Neuproduktion von Herzkathetern“, erläutert Anna Schulte, Leiterin der Studie des Fraunhofer Umsicht. „Es ist ein tolles Beispiel, wie die Transformation hin zu einer Circular Economy gelingen kann.“
Die Studie zeigt weiterhin, dass die positiven Effekte mit der Anzahl der Wiederaufbereitungszyklen zunehmen. In einer Modellierung über mehrere Lebenszyklen haben die Forschenden abgeschätzt, dass sich bis zu 450 t/a CO2-Equivalent allein in Deutschland einsparen ließen. Voraussetzung hierfür wäre ein zirkuläres System, in dem alle Katheter aus den in Deutschland jährlich durchgeführten 750.000 Herzkathetereingriffen eingesammelt und entsprechend dem analysierten Prozess aufbereitet werden können.
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