Torsten Türling  Mann in Anzug hinter Schreibtisch

Torsten Türling, CEO Syntegon: „Wenn wir echten Mehrwert für die Kunden schaffen, spielt das Investitionsvolumen eine untergeordnete Rolle.“ (Bild: Syntegon)

P+F: Herr Türling, wir treffen uns hier am Syntegon-Stand auf der Achema. Wie lief die Messe für Sie?
Torsten Türling: Die Achema war ein großer Erfolg für Syntegon. Diese führende internationale Fachmesse bietet eine einzigartige Möglichkeit, uns als strategischen Partner der Pharmaindustrie zu präsentieren und zu zeigen, wie wir gemeinsam Innovationen schaffen sowie Erfolge erzielen können. Ich freue mich sehr über den großen Besucherandrang, vor allem aus Europa, Asien und Afrika, der unsere Erwartungen übertroffen hat. Wir konnten viele gute Gespräche mit bestehenden und neuen Kunden führen und freuen uns darauf, gemeinsam neue Geschäftspotentiale zu erschließen.

P+F: Sie sind nun seit ein paar Monaten im Amt und neu in der Branche. Können Sie uns ein wenig über Ihre ersten Eindrücke erzählen?
Türling: Ich habe die Position jetzt seit mehr als 200 Tagen inne. Da wir sehr viele Branchenexperten im Unternehmen haben, ist es – denke ich – eine gute Ergänzung des Teams, jemanden an der Spitze zu haben, der nicht aus der Branche kommt, sondern viele andere Sachen gesehen und erlebt hat. Es ist wirklich faszinierend, Teil eines Unternehmens mit so tiefgehender technischer Kompetenz zu sein. Wir haben hier Experten, die seit vielen Jahren dabei sind und die Technologien und Bedürfnisse der Kunden in- und auswendig kennen. Es ist beeindruckend, zu sehen, wie unsere Technologien der Life-Science- und Healthcare-Branche ermöglichen, ihren Job so gut wie möglich zu machen. Ich fühle mich sehr wohl im Unternehmen und sehe noch viel Potenzial, das wir in den kommenden Jahren ausschöpfen können.

P+F: Die Lage in der Industrie und im Maschinenbau ist aktuell schwierig. Wie schlägt sich Syntegon in dieser Situation?
Türling: Wir nehmen die Situation in der Branche natürlich wahr, aber neben der Marktentwicklung haben wir die Chance, eine Eigendynamik zu entfachen. Wir sind in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen, wenn auch nicht schnell genug nach unserem Geschmack. Aber in diesem Jahr haben wir das Wachstumstempo noch einmal deutlich erhöht, was wir sowohl im Auftragseingang als auch im Umsatz sehen. Trotz der allgemeinen Dynamik in der Branche – nicht alle Märkte boomen – konnten wir unsere Marktanteile ausbauen und sehen eine stärkere Wachstumsdynamik in unseren Zahlen verglichen mit den vorangegangenen Jahren.

Micro Batch Lösung
Großes Potenzial erwartet Türling beispielsweise im Bereich der Micro-Batch-Lösungen. (Bild: Syntegon)

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P+F: Was waren die entscheidenden Maßnahmen, die zu diesem Wachstum geführt haben?
Türling: Wenn man neu in eine verantwortungsvolle Position kommt, kann man nicht einfach durch Handauflegen Wunder bewirken. Das Potenzial muss im Unternehmen vorhanden sein, und es geht darum, es ans Licht zu bringen. Was unser Wachstum in den letzten Monaten beflügelt hat, ist, dass wir in einigen Märkten gut aufgestellt sind. Unsere Strategie baut auf bestehenden Stärken auf. Ein großer Hebel war unser Portfolio im Bereich der Anti-Obesity-Drugs, den sogenannten Abnehmspritzen. Wir haben die Produktionskapazitäten dafür durch hohe Investitionen erweitert und sind global gut aufgestellt, was wichtig ist, da weltweit ein großes Interesse an diesen Produkten besteht. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist unser wachsendes Servicegeschäft. Wir begleiten unsere Kunden nicht nur bei der Inbetriebnahme, sondern unterstützen sie auch kontinuierlich in ihren laufenden Prozessen. Ich werde zwar ab und zu als Vertriebsexperte tituliert, aber ich bin seit vielen Jahren als General Manager unterwegs. Darum ist das, wofür ich im Kern stehe, Kundenfokussierung: Was sind die Bedürfnisse der Kunden und wie können wir diese Bedürfnisse mit unseren Technologien und Services erfüllen? Durch zufriedene Kunden wächst die Zahl der Aufträge und das ist, was wir erreichen wollen.

P+F: Sie betonen die Kundenfokussierung. Wie schaffen Sie es, die Bedürfnisse der Kunden in verschiedenen Branchen zu erfüllen?
Türling: Jede Branche hat spezifische Anforderungen. Im Pharmabereich haben wir beispielsweise extrem sensible Applikationen, die durch detaillierte Gesetzgebungen reguliert sind. Zu den bestehenden Regularien kommen auch immer wieder neue dazu, wie jetzt der Annex 1. Es ist wichtig, diese Besonderheiten genau zu verstehen. Unsere Aufgabe ist es, den Kunden die Vorteile unserer Technologien klar zu vermitteln. Da kommt sicherlich mein Hintergrund als Vertriebsexperte ins Spiel. Auf der einen Seite ist das Engineering, das Lösungen entwickeln, auf der anderen Seite geht es darum, dem Kunden genau zu zeigen, welches Problem wir für ihn lösen können.

P+F: Sie sollen bei Syntegon nun die „nächste Entwicklungsphase“ einläuten. Können Sie diese noch etwas näher charakterisieren?
Türling: Die nächste Phase dreht sich um langfristig nachhaltiges und deutlich beschleunigtes Wachstum. Wir wollen nicht nur im Schnitt der Branche wachsen, sondern deutlich schneller. Und ob wir für unsere Kunden Mehrwert kreieren, ist meiner Meinung nach ein Indikator dafür. Denn wenn dem so ist, werden wir nicht nur mit der Branche wachsen, sondern stärker als diese, weil die Kunden uns mehr vom Geschäft zuteilen. Ein weiterer wichtiger Hebel ist die globale Skalierung unserer Lösungen. Wir wollen umfassende End-to-end-Lösungen anbieten und diese weltweit ausrollen. Dazu gehört auch die kürzlich angekündigte Akquisition von Telstar im Bereich Gefriertrocknung. Zudem wollen wir ausgewählte strategische Märkte tiefer durchdringen. Beispielsweise hatten wir letztes Jahr eine Akquisition in Indien, da das Land für uns ein strategischer Wachstumsmarkt ist.

P+F: Wie planen Sie, auf preissensiblere Märkte wie Asien einzugehen? Ist das eine Herausforderung für ein qualitätsbewusstes und hochpreisiges Unternehmen wie Syntegon?
Türling: Unsere grundlegende Positionierung als Gesamtlösungsanbieter bleibt bestehen. Unser Ziel ist es, durch unsere Lösungen echten Mehrwert für die Kunden zu schaffen. Wenn wir das erreichen, spielt das Investitionsvolumen eine untergeordnete Rolle. Natürlich gibt es Märkte, die spezielle Lösungen erfordern, und wir passen unser Angebot entsprechend an, beispielsweise indem wir nur einen Ausschnitt einer Gesamtlösung vermarkten. Jedoch ist es in jedem Marktsegment unser Anspruch, auf jedem Niveau die führenden Technologien anzubieten. Allerdings braucht nicht jeder Kunde in jeder Tiefe des Marktes die volle Funktionalität – auf diese Weise variieren wir.

P+F: Wie beobachten Sie die zunehmende Abschottung von Märkten, beispielsweise die Diskussion um das Decoupling von China?
Türling: Wir sehen diese Entwicklungen mit Sorge, denn unser Geschäft ist global und die meisten unserer Kunden operieren ebenfalls weltweit. Wir sind in vielen Teilen der Welt präsent, auch in China und Indien, wo wir unsere Geschäfte in den letzten Jahren ausgebaut haben. Dennoch können wir uns von politischen Spannungen oder Marktabschottungen nicht völlig abkoppeln. Im Moment können wir noch frei operieren, aber es besteht die Gefahr, dass sich gewisse Situationen ungünstiger gestalten. Wir versuchen eine Balance zu finden, indem wir in den Ländern jeweils als lokaler Akteur agieren und uns auf die Bedürfnisse der jeweiligen Märkte einstellen.

P+F: Gibt es spezifische Branchen oder Produktbereiche, in denen Sie besonderes Wachstumspotenzial sehen?
Türling: Zum Beispiel sehen wir im Pharmabereich insbesondere bei Hochvolumen-Abfüllsystemen für Plasma und bei Micro-Batch-Lösungen großes Potenzial. Diese Technologien adressieren den Trend zu Tailor-Made-Medication, kleineren Produktionschargen und schnelleren Wechseln, was zunehmend an Bedeutung gewinnt und das alles im Kontext der anspruchsvollen Gesetzgebungen.

P+F: Wie steht es um Projekte in Europa. Sehen Sie einen Trend der Rückkehr der Pharmaproduktion nach Europa?
Türling: In unserer Auftragspipeline sehen wir viele spannende Projekte in Europa. Die Innovationskraft ist nach wie vor vorhanden. Europa hat das Potenzial für langfristiges Wachstum, wofür natürlich die politischen Rahmenbedingungen eine große Rolle spielen. Wir sehen Europa mit ähnlichem Wachstumspotenzial wie andere Geografien. In aufstrebenden Märkten wie Indien und den USA haben wir aktuell noch zusätzliches Marktpotenzial und arbeiten daran, unsere Marktanteile auf unser europäisches Niveau auszubauen.

ZUR PERSON

Mensch in Anzug Torsten Türling
(Bild: Syntegon)

Torsten Türling bringt mehr als 30 Jahre internationale Führungs- und Vertriebsexpertise mit und hat umfangreiche CEO-Erfahrung an der Spitze verschiedener Unternehmen. Vor seinem Start bei Syntegon Ende 2023 war er CEO von Nilfisk, einem börsennotierten Hersteller von professionellen Reinigungsgeräten. Während seiner Amtszeit leitete er die strategische Neuausrichtung des Unternehmens ein und erzielte deutliche Fortschritte bei Wachstum und Nachhaltigkeit. Zuvor verantwortete er als CEO den erfolgreichen Turnaround des Badausrüsters Ideal Standard International. Bei der Linde AG hatte er verschiedene Führungspositionen inne und leitete als Geschäftsführer von Linde Kältetechnik nach dem Spin-Off die erfolgreiche Integration in die Carrier Corporation. Er besitzt einen Abschluss als Diplom-Kaufmann von der Universität Saarbrücken und einen Master in Management von der EM Lyon Business School in Lyon.

Das Gespräch führte Jona Göbelbecker, Chefredakteur Pharma+Food und CHEMIE TECHNIK

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