Fokussieren wir uns ein wenig auf die Feststoffproduktion und werfen einen Blick in die Vergangenheit. Denken Sie doch bitte einmal kurz darüber nach, wie man sich vor über 30Jahren gegenüber kritischen Substanzen geschützt hat. Die meisten von Ihnen werden ein Schmunzeln auf die Lippen bekommen. Na klar, Absaugung und Staubmaske hießen die Zauberwörter damals. In den 80er Jahren wurde das Thema nach und nach immer brisanter, und langsam hielten fremdbelüftete Schutzanzüge und erste Kabinenlösungen Einzug in die Produktion.

Auch beim Equipment hat sich einige Jahre später etwas getan. Reaktoren in der Wirkstoffherstellung und Anlagen, zum Beispiel in der Tablettenproduktion, wurden immer weniger aus Säcken und offenen Vorlagebehältern beschickt. Man hatte angefangen, Hubsäulen einzusetzen, um Fässer oder andere Behälter direkt auf die Anlagen zu bringen, um auf diese Weise zumindest staubarm beschicken zu können.

Die Entwicklung schreitet immer schneller voran

Immer stärker kamen die Forderungen, die Staubbelastung weiter zu minimieren. Wohl gemerkt, das Wort „Containment“ wurde noch nicht benutzt. Es brach das Zeitalter der Vakuumbeschickungen und -entleerungen auch in der pharmazeutischen Industrie an. Unterstützt durch sogenannte Butterfly-Klappen konnten Schläuche, Rohrleitungen und Behälter direkt angedockt werden. Ein enormer Fortschritt – so dachte man damals jedenfalls.

Nur dass auch diese Phase von relativ kurzer Dauer war. Man kam nämlich auf die Idee, Anlagen miteinander zu verknüpfen. Denn wo zwei oder mehr Anlagen fest miteinander verbunden sind, besteht keine Notwendigkeit mehr, sich Gedanken über Kontamination von Bediener und Umwelt zu machen. So wurden konische Siebmühlen an den High-Shear-Mischer-Auslauf angedockt oder Wirbelschichtanlagen gravimetrisch in Pufferbehälter oder auch seitlich pneumatisch entleert.
Schließlich war es dann nur noch ein kleiner Schritt zur kompletten Linie. Diese umfasst den Container mit den Rohstoffen, eine gravimetrische oder pneumatische Beschickung des High-Shear-Granulators, Entleerung in den Wirbelschichttrockner über eine konische Siebmühle, gravimetrische oder pneumatische Entleerung aus dem Trockner über eine konische Siebmühle in den Endcontainer, der wiederum direkt zum Containermischer geht. Der Vorteil liegt klar auf der Hand: keine manuellen Produkttransfers und aus diesem Grund kaum Kontamination. Kritisch war dann unter anderem noch die Verwiegung zuvor, aber hier standen und stehen zum Beispiel gut ausgetüftelte Systeme mit Laminar-flow zur Verfügung.
Somit stand noch aus, zwei „Gefahrenpunkte“ zu beseitigen. Das ist das bis heute unabdingbare Auskratzen des High-Shear-Granulators, Details wie beispielsweise Probenahme, Staubaufwirbelungen durch laufende Motoren – wenn sie überhaupt noch im Produktionsraum sein müssen, da in den meisten Fällen in der Praxis Lösungen existieren, diese im Technikbereich verschwinden zu lassen – und natürlich das Öffnen der Anlage zur Vorbereitung der Reinigung: Ausbauen von Komponenten wie zum Beispiel Filter und Düsen sowie Ein- und Anbau von Reinigungsdüsen und -leitungen waren und sind teilweise jedoch noch immer notwendig.
CIP-Reinigungen wurden schon Mitte der 90er der große Renner. Mehrere Anlagenbauer verstärkten ihre Entwicklungsabteilungen, um die Nonplusultra-Lösung zu finden. Denn eine Anlage, die für die Reinigung nicht geöffnet werden muss, verursacht von Hause aus weniger oder keine Staubbelastung für die Umgebung und damit für die Mitarbeiter. CIP-Reinigung – welch ein Traum! Letzte Charge beenden, Knopf drücken und die Anlage wird komplett gereinigt, getrocknet und steht ein paar Stunden später wieder für die Produktion bereit. Dies funktioniert relativ einfach zum Beispiel bei Rührbehältern und Mischern. Bis heute allerdings ist CIP im Bereich der Granulatherstellung ein schwieriges Thema, insbesondere bei Wirbelschichtanlagen, und ist nicht in allen Fällen immer erste Wahl oder realisierbar.

Containment zum optimalen Schutz des Bedieners gegen Kontamination

Anfang bis Mitte der 90er Jahre wurde „Containment“ zum Thema. Arbeitsgruppen wurden gebildet, um einheitliche Anforderungen (Levels) zu finden und festzulegen. Heute, mehr als 15Jahre später, arbeitet man mit fünf unterschiedlichen Levels. Das höchste Level, OEL 5, beschreibt eine Konzentration von kleiner als 1µg/m3 Staubbelastung pro Zeiteinheit. Zu dieser Zeit was es fast unvorstellbar, dafür Maschinen und Komponenten zu finden. Aber die Entwicklungen haben uns eingeholt, und so stehen beispielsweise statt Butterfly-Klappen für derart hohe Anforderungen sogenannte Split-Valves zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um Klappen, die aus einem aktiven und einem passiven Teil bestehen. Beim Andocken werden beide Teile zusammen geführt, bleiben dadurch auf einer Seite sauber bzw. rein und werden schließlich gemeinsam geöffnet oder geschlossen. Nach dem Abdocken sind die sauberen Seiten immer noch sauber, es erfolgt keine Kontamination. Alternativ gibt es Schiebersysteme, die Gleiches leisten können.

Da es diese Systeme in unterschiedlichen Größen gibt, können sie natürlich auch überall dort eingesetzt werden, wo in der Vergangenheit Kontaminationen entstanden sind, zum Beispiel beim Beschicken, beim Entleeren genauso wie bei der Probenahme.
Aber auch die Granulierlinien selber wurden weiter entwickelt. So sind mittlerweile Lösungen verfügbar, mit denen es nicht mehr notwendig ist, den Deckel zu öffnen, um einen High-Shear-Granulatorbehälter auszukratzen. Sind Deckel und Behälter weitgehend aus Glas, kann gut inspiziert werden, und sind auf der Behälterwand Glove-Boxen aufgesetzt, so ist ein Auskratzen am Ende der Entleerung möglich, ohne den Deckel zu öffnen. Hat man weiterhin die oben beschriebenen Schritte realisiert, wie etwa Motoren in der Technikzone, Beschicken und Entleeren über Split-Valves oder vergleichbare Systeme sowie CIP-Reinigung, kann durchaus auf fremdbelüftete Anzüge für die Bediener verzichtet werden. Durch diese Maßnahmen sind Total-Containment-Lösungen (OEL £0,1µg/m3) durchaus machbar. Wenn dann noch auf pneumatische Förderungen verzichtet wird, weil man über mehrere Etagen arbeitet, vereinfacht sich die Situation zusätzlich.

Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten

Aber was hat zu dieser dramatischen Zunahme an Anforderungen überhaupt geführt? Erst einmal der heute selbstverständliche Schutz von Mitarbeitern und Umwelt. Ferner ist es nötig, für die neuen Krankheiten, unter anderem auch unsere Wohlstandskrankheiten, nach neuen und immer aktiveren Substanzen zu forschen. Vor allem die Biotechnologie hat hier eine Tür geöffnet, die schier Unmögliches möglich werden lässt.

Deshalb wird die Entwicklung im Bereich Containment weiter gehen. Ein nächster Schritt ist die vollkontinuierliche Fabrik – nämlich vom Rohstoff bis zum endverpackten Arzneimittel. Die komplette Produktion ohne Zwischenlagerungen, ohne manuelles Eingreifen in der gesamten Prozess-, Materialhandlings- und Warenkette. Erste Schritte sind in diese Richtung gemacht. Noch nicht der komplette, aber Teilprozesse wie die Granulation und ganz vereinzelt auch der Prozessschritt Coating. Tablettenpressen und Verpackungsmaschinen sind Konto-Systeme par excellance, wurden und werden aber zurzeit meistens nur als Batch-System genutzt.
Anders die kontinuierliche Wirbelschicht: entweder direkt als Sprühgranulator oder mit einem vorgeschalteten kontinuierlich arbeitenden Extruder oder Granulator. Schon Mitte der 80er wurden erste Anlagen installiert, verschwanden oftmals aber wieder aus den Produktionen. Meistens waren die Gründe in anhaltenden Diskussionen mit den Behörden, nicht verfügbaren Entwicklungsmaschinen und An- und Abfahrproblematiken zu sehen. Dies hat sich aber, nachdem vor allem die FDA den Weg geebnet hat, wieder deutlich geändert. Hinzu kommt, dass kleine Maschinen für die Entwicklung verfügbar sind und die Anlagenbauer sich den speziellen Anforderungen der pharmazeutischen Industrie gestellt haben.

Flexibilität steht im Vordergrund

Zum Schluss noch ein kurzer Schwenk in den Entwicklungsbereich. Für den Laborbereich, der sicherlich etwas differenzierter zu betrachten war und ist, gab es ja ohnehin die guten alten Laborabzüge. Die wurden immer weiter entwickelt und mündeten letztendlich in der heute anspruchsvollen Glove-Box- oder auch Isolator-Technologie. Diese gewährleisten heutzutage OEL-Level von £0,1µg/m³. Allerdings sind auch hier die Arbeitsbedingungen für das Laborpersonal sehr belastend. Hinzu kommen ebenfalls erhöhte Investitions- und Betriebskosten. Insbesondere für die kritischen Prozesse Beschicken und Entleeren verbieten sich aus Kostengründen vollautomatisierte Lösungen. Als Alternative ist daher das Beschicken und Entleeren über eine schon zuvor beschriebene Containment-Klappe (Split-Valve) in Betracht zu ziehen; dies ist sicherlich auch eine gute Lösung.

Diese hat die Vorteile der einfachen Handhabung ohne körperliche Einschränkungen und Erschwernisse für die Bediener. Darüber hinaus ist es schnell und problemlos möglich, die Containment-Klappen zu entfernen, um die Apparate auch für unkritische Materialien einzusetzen. Mit einem Wort: hoch flexibel, so wie es für den Entwicklungsbetrieb immer wieder notwendig ist.

Abschließend noch ein kurzer Ausblick auf das, was uns die Zukunft bringen wird. Es ist im Moment nur schwer vorstellbar, dass noch wirksamere und noch hochaktivere Wirkstoffe in immer kleineren Konzentrationen gefunden bzw. entwickelt werden können. Allerdings hat uns die Vergangenheit gelehrt, dass es dazu doch kommen wird. Was das für die Entwicklung zukünftiger Anlagen- und Komponentengenerationen bedeutet, vermag der Autor nicht wirklich zu prognostizieren. Er weiß nur eines: Es war, es ist und es bleibt spannend, diese Entwicklung zu beobachten und zu gegebenem Zeitpunkt geeignete Maßnahmen zu treffen, um den neuen Anforderungen genügen zu können.

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