Bio Deutschland_Peter Heinrich

Dr. Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender von Bio Deutschland sieht die Entwicklung der deutschen Biotech-Branche mit gemischten Gefühlen: „2018 war ein Rekordjahr für die Finanzierung der Biotechnologie in Deutschland – das ist sehr ermutigend. Allerdings schaffen es nach wie vor viel zu wenige herausragende Forschungs- und Entwicklungsergebnisse hierzulande in die Anwendung. Die Folge davon beobachten wir derzeit: Relativ geringe Forschungs- und Entwicklungsausgaben und weniger Neugründungen. " (Bild: Bio Deutschland)

Gleichzeitig kletterte die Zahl der Beschäftigten um 5 % Prozent auf 27.445. Diese Zahlen sind Ergebnisse des Deutschen Biotechnologie-Reports 2019 der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY in Kooperation mit dem Branchenverband BIO Deutschland.

Das Umsatzwachstum der Biotech-Branche wird eindeutig durch die Leistung der börsennotierten Firmen (1,897 Milliarden Euro) getragen, deren Umsatz weiterhin zweistellig wächst (+16 %). Bei den 21 börsennotierten Biotech-Unternehmen in Deutschland tragen aber die drei Branchenanführer Qiagen, Evotec und Morphosys insgesamt zu 91 % zu deren Umsatz bei — davon allein Qiagen zu 67 % —, sodass der Umsatzanteil der verbleibenden 18 börsennotierten Unternehmen lediglich bei 173 Millionen Euro liegt. Das entspricht einem durchschnittlichen Umsatz dieser Unternehmen von nur knapp 10 Millionen Euro je Unternehmen. Die 631 privaten Firmen haben im Berichtsjahr ihren Umsatz nur um 4 % steigern können und bringen nun 2,466 Milliarden Euro in den Gesamtumsatz der Branche ein. Mit ihrem durchschnittlichen Umsatz von 3,9 Millionen Euro ist der Abstand zu den meisten börsennotierten Unternehmen nicht mehr signifikant.

Die Indikatoren für Dynamik und Innovation – die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie die Neugründungen – blieben jedoch hinter den Erwartungen zurück: Die F&E-Ausgaben stiegen nach Jahren des Rückgangs um 4 % auf 1,23 Milliarden Euro. Die Zahl der Neugründungen sank dagegen erneut. Nach 27 Neugründungen im Jahr 2017 gingen im vergangenen Jahr nur noch 15 Jungunternehmen an den Start; bei den bestehenden Unternehmen kam es zu 9 Insolvenzen .

Bei den Neugründungszahlen ist der Anteil der Therapeutika-Entwickler deutlich zurückgegangen – von 60 % im Vorjahr auf nur noch 20 % im Jahr 2018. Das ist ein Indiz dafür, dass Biotechunternehmen in Deutschland Schwierigkeiten haben, Kapital zu erhalten, denn gerade die Therapeutika-Entwicklung ist sehr kostenintensiv.

EY_Biotechnologiereport 2019_Neugregründete Unternehmen 2018

Nach 27 Neugründungen von Biotech-Unternehmen im Jahr 2017 gingen im vergangenen Jahr nur noch 15 Jungunternehmen an den Start. (Bild: EY)

Finanzierung auf Rekordniveau

Nur in scheinbarem Gegensatz zu der verhaltenen Entwicklung bei den Neugründungen steht die explosionsartige Entwicklung des Venture Capitals für Biotech-Unternehmen: Die Investitionen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 92 Prozent auf 385 Millionen Euro. Die Kapitalerhöhungen kletterten sogar um 153 Prozent auf 859 Millionen Euro, so dass unterm Strich eine Verdoppelung der Finanzierung für Biotech-Unternehmen in Deutschland auf 1,24 Milliarden Euro steht.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass einige wenige Transaktionen für den Anstieg verantwortlich waren – es sich also um Ausnahmeereignisse handelte. Da wäre beispielsweise die Rekordfinanzierung von Biontech über 228,8 Millionen Euro – die größte Finanzierung eines Biotech-Unternehmens in Deutschland überhaupt. Ohne diese Finanzierung wären die Venture Capital-Investitionen im vergangenen Jahr um 22 Prozent auf 157 Millionen Euro zurückgegangen.

Dr. Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender von Bio Deutschland sieht die Entwicklung mit gemischten Gefühlen: „2018 war ein Rekordjahr für die Finanzierung der Biotechnologie in Deutschland – das ist sehr ermutigend. Allerdings schaffen es nach wie vor viel zu wenige herausragende Forschungs- und Entwicklungsergebnisse hierzulande in die Anwendung. Die Folge davon beobachten wir derzeit: Relativ geringe Forschungs- und Entwicklungsausgaben und weniger Neugründungen. Wir brauchen in Deutschland wieder eine Kultur des Mutes und der Risikobereitschaft und auch einen besser funktionierenden Technologietransfer, um diese Entwicklung umzukehren.“

Bei den börsennotierten deutschen Biotechs entfielen 73 % der gesamten Folgefinanzierungen auf nur zwei Unternehmen: Qiagen konnte sich 424 Millionen Euro über Wandelanleihen sichern und Morphosys 203 Millionen Euro durch einen zweiten Börsengang an die US-amerikanische Nasdaq.

 

 

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Mergenthalerallee 10-12
65760 Eschborn/Frankfurt a.M.
Germany