Heikle Aufgaben, raue Bedingungen
  • Ihrer Funktion entsprechend müssen Dichtungen in Produktionsprozessen und -anlagen der Lebensmittel- und Pharma-Industrie unter anderem zuverlässig verhindern, dass Prozessmedien wie Reinigungs- oder Lösungsmittel in Kontakt mit dem Produkt kommen, dürfen dabei aber keine eigenen Bestandteile an dieses abgeben.
  • Bestens bewährt mit sehr guter Beständigkeit in Dampf und anspruchsvollen polaren Chemikalien haben sich in CIP-/SIP-Reinigungs- und Sterilisationsmedien Ethylen-Propylen-Kautschuke (EPDM); darüber hinaus werden FKM-, FFKM-, PTFE- sowie TPU-Werkstoffe eingesetzt.

Um eine möglichst hohe Sicherheit bei für den menschlichen Verzehr bestimmten Produkten zu gewährleisten, müssen die Produktionsprozesse und -anlagen der Lebensmittel- und Pharma-Industrie bereits heute eine Vielzahl gesetzlicher bzw. behördlicher Vorschriften erfüllen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Schutz vor biologischen und chemischen Verunreinigungen durch das Einhalten spezieller Hygieneanforderungen und steriler Prozesse. Ihrer Funktion entsprechend müssen die eingesetzten Dichtungen dabei unter anderem zuverlässig verhindern, dass Prozessmedien wie Reinigungs- oder Lösungsmittel in Kontakt mit dem Produkt kommen, dürfen dabei aber keine eigenen Bestandteile an dieses abgeben. Eine anspruchsvolle Aufgabe unter zunehmend heißen und aggressiven Einsatzbedingungen.

Hart im Nehmen unter Hitze und Druck
Bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Getränken und Medikamenten stehen steigende Anforderungen hinsichtlich der Keimfreiheit durch „CIP“ (Cleaning In Place) und „SIP“ (Sterilisation In Place) im Vordergrund und damit einhergehende steigende Reinigungstemperaturen. Diese schnellen und effizienten Reinigungsmethoden stellen sicher, dass weder Keime noch Schmutz oder Reinigungsmittel ganze Chargen der hygienisch sensiblen und wertvollen Produkte unbrauchbar machen. Doch die Reinigungsmittel setzen in Verbindung mit Hitze und Druck auch den Elastomerdichtungen in den Anlagen hart zu.

Daneben müssen die Dichtungen sowohl den alkalischen und sauren Reinigungsmedien als auch den polaren und nicht polaren Lösemitteln möglichst lange standhalten und dabei ihre Funktion und Dichtheit gewährleisten. Im Kernprozess der pharmazeutischen Wirkstofferzeugung erfordern die höchst unterschiedlichen Reaktionen, Reaktortypen und -geschwindigkeiten ein Maximum an Sicherheit und Zuverlässigkeit der Dichtsysteme. Darüber hinaus muss durch hygienegerechtes Design der Dichtungen mit dem Vermeiden von Spalt- und Toträumen sowie strömungsoptimierten Biegeradien bei Rohrsystemen die Entwicklung von Mikroorganismen in Pumpen und Ventilen verhindert werden.

Bewährte Dichtungswerkstoffe
Bestens bewährt mit sehr guter Beständigkeit in Dampf und anspruchsvollen polaren Chemikalien haben sich in CIP-/SIP-Reinigungs- und Sterilisationsmedien Ethylen-Propylen-Kautschuke (EPDM), deren Anwendungstemperatur von -40 bis 150 °C reicht. In Anwendungen mit fettigen und ölbasierten Fruchtextrakten, wie zum Beispiel Zitronen- und Orangenaromen, in denen eine gute Säuren- und Laugenverträglichkeit gefordert ist, sind Fluorelastomere der Werkstoff der Wahl.

Dank eines erhöhten Fluoranteils weisen die Hifluor (FKM)-Werkstoffe eine sehr gute Beständigkeit in hochfetten Lebensmittel- und Getränkeproduktionen oder in der Herstellung von öl- und fettbasierten pharmazeutischen Produkten bis
250 °C auf.

Universelle chemische und thermische Beständigkeit zeichnen die Werkstoffe mit der Bezeichnung Parofluor (FFKM)aus, die in Dampf >150 °C erfolgreich eingesetzt werden. Sie sorgen für eine höhere Betriebssicherheit und ermöglichen längere Wartungsintervalle.

Auch PTFE (Polytetrafluorethylen)-Werkstoffe mit ihrer breiten chemischen und thermischen Beständigkeit eignen sich bestens für den Einsatz in der chemischen und pharmazeutischen Produktion. Sie zeichnen sich außerdem durch äußerst geringe Reibwerte aus.

Darüber hinaus stehen maßgeschneiderte Polyurethan (TPU)-Werkstoffe, die beständig gegen Reinigungsmedien, Säuren und Laugen sind und den einschlägigen Freigaben für die Anwendung mit Lebensmitteln und Trinkwasser entsprechen, zur Verfügung.

Gesetzliche Regelwerke
Neben den Prozess- und Reinigungsbedingungen werden die Anlagenbetreiber mit einer Flut von gesetzlichen Vorschriften und Garantiewünschen konfrontiert, die alle den Schutz des Verbrauchers zum Ziel haben. Internationale, europäische und nationale Regelwerke fließen immer häufiger auch dann in Spezifikationen ein, wenn sie zum Teil in der Anwendung nicht gerechtfertigt sind.

Food and Drug Administration (FDA) / Verordnung (EG) Nr. 1935/2004: Auf dem Markt stehen Dichtungswerkstoffe zur Verfügung, die die umfangreichen Anforderungen der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) erfüllen und das gesamte Spektrum an Chemikalienbeständigkeit bei Temperaturen von -50 bis 300 °C nahezu vollständig abdecken. Entsprechend der FDA-Bestimmungen enthalten sie keine Stoffe, die als giftig oder krebserregend eingestuft sind und eignen sich daher für Anlagen in der Lebensmittelverarbeitung, der Biotechnologie und der Pharmazie. Damit erfüllen sie die Anforderungen der FDA Nr. 177.2600, CFR 21 („Rubber Articles Intended for Repeated Use“).

Diese Werkstoffmischungen sind konform mit der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1935/2004. Im Anhang I dieser europäischen Verordnung sind Gruppen von Materialien und Gegenstände verzeichnet, für die Einzelmaßnahmen erlassen werden können. Für „Gummi“ und „Silikone“ gibt es jedoch keine definierten Einzelmaßnahmen, und zusammen mit dem VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) hat sich die Industrie darauf geeinigt, dass FDA-konforme Dichtungswerkstoffe auch diese Verordnung (EG)
Nr. 1935/2004 erfüllen. Damit ist gewährleistet, dass die Dichtungsmaterialien keine Bestandteile an Lebensmittel abgeben, die menschliche Gesundheit nicht gefährden und keine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung der Lebensmittel herbeiführen.

USP (United States Pharmacopeia) Class VI: Das Ergebnisprotokoll des USP Class VI geht noch einen Schritt weiter. Es attestiert die biologische Verträglichkeit mit lebenden Organismen und damit die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Dichtungswerkstoffen. Die wichtigsten Testprotokolle sind

  • USP Class VI, Teil 88, biologischer Reaktivitätstest, in vivo. Er dient dazu, die biologische Reaktion von Tieren auf Elastomere, Kunststoffe und sonstige polymere Materialien im direkten oder indirekten Patientenkontakt bzw. auf die Injektion spezifischer Extrakte aus dem zu prüfenden Material festzustellen;
  • USP Class VI, Teil 87, Zytotoxizitätstest, biologischer Reaktivitätstest, in vitro. Er dient dazu, die biologische Reaktivität mammalischer, also Säugetier- bzw. menschlicher, Zellkulturen nach Kontakt mit Elastomeren, Kunststoffen und sonstigen polymeren Materialien mit direktem oder indirektem Patientenkontakt oder spezifischen Extrakten aus dem zu prüfenden Material festzustellen.

Bundesamt für Risikobewertung (BfR): Das Bundesamt für Risikobewertung gibt Empfehlungen bezüglich Inhaltsstoffen, Zusatzstoffen, Rückständen und Kontaminationen in Lebens- und Futtermitteln. Auf Wunsch können für definierte Dichtungswerkstoffe sogenannte BfR-Bescheinigungen ausgestellt werden.

Frei von tierischen Bestandteilen (ADI-free): Es wurden Rezepturen für Dichtungswerkstoffe entwickelt, die frei von tierischen Bestandteilen (ADI-free = free from Animal Derived Ingredients) sind. Die FDA und die europäische Union haben dieses Thema nach dem Auftreten von BSE (Bovine Spongiforme Encephalopathie) wegen der verschiedenen Resistenzen von BSE-Erregern (höchst widerstandsfähige Eiweißmoleküle) aufgegriffen und empfehlen, von tierischen Bestandteilen freie Dichtungswerkstoffe zu verwenden, wenn diese in direkten Kontakt mit Lebensmitteln und pharmazeutischen Produkten kommen. Über die Polymerisation können tierische Bestandteile – zum Beispiel als Stearinsäure, sofern diese aus tierischen Fetten und Ölen gewonnen wird – in die Werkstoffe gelangen.

Reach – Verordnung (EG) Nr. 1907/2006: In der Ver-ordnung (EG) Nr. 1907/2006, auch bekannt unter dem Kürzel „Reach“ (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) werden chemische Stoffe registriert, bewertet, zugelassen und beschränkt, um das Gefahrenpotenzial zu minimieren, beispielsweise die Verwendung von Blei.

3-A Standards: Die 3-A Standards Inc. ist eine Hygiene-Organisation der US-amerikanischen Lebensmittelbranche, die Normen und Vorschriften für die Entwicklung, Herstellung und Verwendung von Anlagen, vor allem in der Molkerei-Industrie, definiert. Dichtungen, die in Molkereianlagen eingebaut werden, sollen die 3-A-Standards erfüllen, indem sie einem Eignungstest unterzogen und dadurch qualifiziert werden.

Weichmacher-Freiheit: Darüber hinaus dürfen die eingesetzten Dichtungen keine Weichmacher (Phthalate) enthalten, da diese im Verdacht stehen, den Hormonhaushalt zu beeinflussen und Unfruchtbarkeit, Leberschäden oder Diabetes verursachen zu können.

Dichtungen bei der Produktion von Babynahrung
Großer Erfolg für kleinste Konsumenten
Neben vielen Dichtungswerkstoffen ist besonders der EPDM-Werkstoff E8743-70 zu erwähnen, der bereits seit vielen Jahren erfolgreich in der Herstellung von Babynahrung eingesetzt wird. Hier werden extreme Reinheits-Anforderungen in den aseptischen Prozessen gestellt. Das Material zeichnet sich durch eine Reihe von technischen Eigenschaften aus, wie außergewöhnlich gute Beständigkeit in CIP/SIP-Reinigungsmedien, in Heißwasser, Dampf, Ketonen, Alkoholen, Säuren und Basen und zwar bei Temperaturen von -50 bis 150 °C. Der Dichtungswerkstoff E8743-70 ist FDA Nr. 177.2600, CFR 21 konform, erfüllt die europäische Verordnung (EG) Nr. 1935/2006, die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 Reach und ist frei von tierischen Be-standteilen sowie von Weichmachern. Anwender schätzen überdies das sehr gute Rückstellverhalten, die hohe Verschleißfestigkeit, die lange Lebensdauer und die damit verbundene hohe Betriebssicherheit dieses Werkstoffs.

 

 

Hier erfahren Sie mehr über Dichtungen in der Lebensmittelproduktion

 

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