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Panorama des Probenzugraums für sichere Qualitätskontrolle im Wareneingang. (Bild: Weiss Pharmatechnik)

  • Ein Hersteller von Desinfektionsmitteln benötigte eine Lösung zur Qualitätssicherung angelieferter Produkte direkt im Lagerbereich des Wareneingangs und erhielt ein schlüsselfertiges GMP-Probenzugsystem.
  • Mittelpunkt der Lösung ist ein Probenzugraum mit integrierter Kabine für die manuelle Entnahme von pharmazeutischen Proben unter qualifizierten Produkt- und Personenschutzbedingungen.
  • Die Containment-Anlage ist speziell für Tätigkeiten mit Groß-Gebinden entwickelt und ermöglicht den sicheren Umgang mit kritischen Substanzen bis OEB 4 und Reinraumklasse ISO 5.

Schülke & Mayr mit Hauptsitz in Norderstedt stellt Desinfektionsprodukte für Hygiene und Infektionsprävention her. Für die Probenahme von Rohwaren, Verpackungsmaterialien für Arzneimittel sowie pharmazeutischen Wirk- und Hilfsstoffen suchte das Unternehmen eine Lösung, um die angelieferten Produkte direkt im Lagerbereich des Wareneingangs zu bemustern. Schon zu Beginn des Projektes war klar, dass ein maßgeschneidertes Reinraumsystem gefordert ist, um die Probenahme unter GMP-Bedingungen durchführen zu können.

Weiss Pharmatechnik hat für Schülke & Mayr das gesamte System inklusive Raum-Module, Steuerung und Lüftungsanlage sowie Equipment und Inventar geplant und ausgeführt. Auch die Qualifizierung des Probenzugsystems war Teil des Lieferumfangs. Zum Probenzugsystem gehören eine Personalschleuse, ein Vorbereitungsraum, eine Materialschleuse und die Probenahmekammer. Eine belüftete Durchreiche-Schleuse dient zum Ein- und Ausschleusen von Probenbehältern und Abfall. Im Vorbereitungsraum und im Probenzugraum sind jeweils eine Wibobarrier Flow Probenzugkabine für das Handling der Gebinde und die manuelle Probenahme integriert. Deren spezielle Luftführungstechnik vereint die Funktionen von Laminar- und Barriere-Luftstrom. Ein automatisches Förderrollensystem durchzieht den gesamten Reinraum, so dass der Transfer der Gebinde auf Paletten ohne Umpacken geschieht.

Die Mitarbeiter betreten den Reinraum über die äußere Tür der Personalschleuse. Zugangskontrolle wird über ein Kartenlesegerät gegeben. In der Personalschleuse befinden sich die Umkleide mit der Trennung der unreinen Seite und der reinen Seite durch eine Sit-Over-Bench. Nach dem Anlegen der Reinraumschutzkleidung gelangen Mitarbeiter über weitere Türen in den Vorbereitungsraum und in die Probenahmekammer. Die Türen sind gegeneinander verriegelt, und die Schleusensteuerung verhindert ein unkontrolliertes Eintreten vor Ende der Spülzeit. Ampel-Meldeleuchten auf jeder Seite der Türen signalisieren in grün oder rot, ob die Tür zur Nutzung freigegeben oder gesperrt ist.

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GMP-Musterzug

Im Warenlager setzt ein Gabelstapler die angelieferten und zu prüfenden Produkte auf das Förderrollensystem, welches die Ware durch ein Rolltor in den Vorbereitungsraum einschleust. Der Vorbereitungsraum hat gleichzeitig die Funktion einer Materialschleuse. Die Paletten werden automatisch in den Sicherheitsarbeitsplatz in der Probenzugkabine befördert. Zur besseren Erreichbarkeit der Gebinde ist das Fördersystem mit Drehscheiben versehen. Im Wibobarrier Flow erfolgt die Vorbereitung für den GMP-Musterzug. Das Verpackungsmaterial wird entfernt und die Gebinde werden manuell gereinigt. Nach Ablauf einer definierten Spülzeit zur Lufterholung werden die Produkte über ein Rolltor direkt in die Kabine im GMP-Probenahmeraum eingeschleust. Hier erfolgt der GMP-Musterzug unter erhöhten Personen- und Produktschutzbedingungen. Die Gebinde werden danach über eine angrenzende Materialschleuse ausgeschleust und dem Lager zugeführt.

Für nicht GMP-relevante Produkte, wie beispielsweise Verpackungsmaterialien für Medikamente, erfolgt der Musterzug geschützt im Barriere-Luftstrom des Vorbereitungsraumes. Das Ausschleusen der Gebinde erfolgt nach dem Musterzug ebenfalls über den Probenahmeraum und der anschließenden Materialschleuse.

Druckstufenkonzept

Ein spezielles Druckstufenkonzept verhindert das Eintreten von Kontaminationen vom unreinen Lagerraum in den Reinraum. Die Luftzufuhr erfolgt über die Reinraumdecke. Hier wird HEPA-gefilterte Reinluft über Auslässe mit turbulenter Verdrängungsströmung in den Raum geleitet. Die Luftwechselrate in allen Räumen des Reinraums ist 20-fach. Dadurch wird in den Schleusen und im Vorbereitungsraum die Reinheitsklasse ISO 8 bzw. GMP-Klasse D erreicht. Innerhalb der Probenzugkabine herrscht eine turbulenzarme, unidirektionale Verdrängungsströmung und eine > 200-fache Luft-wechselrate. Hier wird die Reinheitsklasse ISO 5 nach ISO 146441-1 erreicht.

Während der gesamte Reinraum mit Zu- und Abluft von der zentralen Lüftungsanlage neben der Kabine versorgt wird, ist die Umluftführung jeder Probenzugkabine autark. Über den großflächigen Zuluftverteiler in der Haube wird Hepa-gefilterte reine Luft als turbulenzarme, unidirektionale Verdrängungsströmung von oben in den Arbeitsbereich gegeben. Die Zuluftverteiler erzeugen zur Rückwand hin kleiner werdende, abgestufte Strömungsgeschwindigkeiten. Die im vorderen Haubenbereich integierten Auslassschienen bauen einen Reinluftschleier (Barriertrennschleier) auf, der in Verbindung mit den unterschiedlichen Ausströmgeschwindigkeiten des Zuluftverteilers eine stabile Reinraumzone erzeugt. Dadurch ist ein offener Zugang zum Arbeitsbereich möglich. Der vordere vertikale Reinluftschleier trennt den Produktbereich vom Umgebungsbereich und verhindert den Austritt von Kontaminationen. Im Produktbereich freiwerdende Partikel werden durch die Reinluftströmung erfasst und direkt vor die Absaugöfnungen in der Rückwand gefördert, so dass die Person und der Raum vor Produktemissionen geschützt sind.

Die Containment-Anlagen mit der speziellen Luftführung wurden von den Pharmaspezialisten der Weiss Pharmatechnik speziell für Tätigkeiten mit Groß-Gebinden entwickelt. Sie ermöglichen den sicheren Umgang mit kritischen Substanzen bis zu OEB 4 und erreichen die Reinraumklasse ISO 5 im Arbeitsbereich bei freier Zugänglichkeit. Durch die autarke rezirkulierende Luftführung werden die Containment-Anlagen häufig auch außerhalb von Reinräumen eingesetzt, beispielsweise beim pharmagerechten Um-/Abfüllen, Verwiegen und Probenzug von Produkten.

Punktabsaugung für Lösemittel

Direkt am Arbeitsplatz der Probenzugkabinen sind schwenkbare Absaugarme installiert, die punktuell gasförmige Gefahrstoffe, wie beispielsweise Dämpfe von Lösemittel absaugen. Damit wird für zusätzlichen Schutz der Mitarbeiter gesorgt und es wird verhindert, dass eine explosive Atmosphäre in der Probenzugkabine entsteht. Die abgesaugte schadstoffhaltige Abluft wird in einer separaten Abluftleitung einer Filtereinheit außerhalb des Reinraums zugeführt. Diese Filtereinheit besteht aus einem Aktivkohlefilter, einem Feinstaubvorfilter sowie einem Ventilator. Die gesamte Filtereinheit ist explosionsgeschützt nach Atex-Richtlinie ausgeführt. Über einen installierten Ex-Not-Aus-Schalter lässt sich im Havariefall die Anlage ausstellen.

Zum Lieferumfang gehören neben der Lüftungsanlage auch die Wasserinstallationen für den Reinraum. Weil im Wareneingangslager keine Wasseranschlüsse vorhanden waren, mussten Kaltwasser und Abwasser durch etwa 50 m lange Leitungen befördert werden. Da es im Boden keine Abwasseranschlüsse gab, sind Hebeanlagen für die drei Waschbecken im Reinraum und eine zentrale Sammelhebepumpe für Entsorgung des Abwassers installiert worden.

Steuerungen für den Reinraum inkl. für die Schleusentechnik, die Fördertechnik und die Lüftungstechnik befinden sich jeweils in Schaltschränken neben dem Reinraum. Die Parameter wie Raumtemperatur und Raumdruck, Filterbeladung werden permanent überwacht. Die Bedienung der Anlage erfolgt über HMI Touch Displays. Über eine Ampel-Meldeleuchte (grün/gelb/rot) am Schaltschrank wird der Betriebszustand (Betrieb/Stand-by/Störung) des Reinraums angezeigt.

 

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Weiss Pharmatechnik GmbH

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