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Schon das kleinste Loch in der Handschuhwand kann sowohl das Produkt als auch den Anlagenbediener gefährden. (Bild: Bosch)

  • Um die Sterilität von Isolatoren oder RABS und damit die Prozesssicherheit zu gewährleisten, ist eine gründliche und regelmäßige Überprüfung der Integrität der Handschuheingriffe unverzichtbar.
  • Die regulatorischen Vorgaben an die Handschuhe sind streng – lassen aber viel Spielraum bei der Wahl geeigneter Prüfverfahren.
  • Zu den verbreitetsten Methoden gehört der von Bosch entwickelte Druckabfalltest, der sich in den letzten Jahren noch deutlich weiterentwickelt hat.

Der Bedarf an Barrieresystemen steigt weltweit kontinuierlich an. Grund hierfür ist unter anderem die wachsende Nachfrage an Biopharmazeutika, also an biotechnologisch hergestellten Medikamenten, die unter anderem in der Immun- oder Krebstherapie neue, bahnbrechende Behandlungsmöglichkeiten versprechen. Doch die Produktion dieser hochwirksamen und damit hochtoxischen Arzneimittel macht besondere Sicherheitsvorkehrungen und hermetisch abgeschlossene Produktionsanlagen notwendig, um Mensch und Pharmazeutika effektiv voreinander zu schützen. Die manuelle Arbeit innerhalb der Barrieresysteme ermöglichen Handschuheingriffe. Über sie lassen sich beispielsweise Proben entnehmen, Störungen beseitigen oder Bestandteile austauschen.

Strenge Vorgaben mit viel Spielraum

Ein fehlerhafter Handschuh stellt dabei ein großes Risiko für die Integrität des Barrieresystems dar. Schon das kleinste Loch in der Handschuhwand kann zur Kontamination des pharmazeutischen Produkts führen oder den Anlagenbediener gefährlichen Stoffen aussetzen. Für die Handschuheingriffe von Isolatoren und RABS gelten daher strenge regulatorische Vorgaben. So schreibt etwa die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) vor, dass ausschließlich Handschuhe aus langlebigen, strapazierfähigen Materialien zu verwenden und regelmäßig auszuwechseln sind. Außerdem sollten Mitarbeiter die Handschuhe vor jeder Benutzung visuell auf Schäden prüfen. Außerdem sollten routinemäßig physikalische Tests erfolgen. Ähnliche Anforderungen gibt die EU-Richtlinie für Good Manufacturing Practice (GMP) vor.

Die Herausforderung dabei: Auf Basis dieser Richtlinien müssen Arzneimittelhersteller eigene Standard Operating Procedures (SOP) für die Handschuhprüfung definieren und ein angemessenes Handschuhprüfverfahren basierend auf einer Risikoanalyse für ihre Anlagen etablieren. Mit welcher Methode und in welcher Frequenz die Handschuheingriffe überprüft werden, bleibt ihnen dabei selbst überlassen. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Doch nicht jedes Prüfverfahren eignet sich gleichermaßen für alle Barrieresysteme, da sowohl die Handschuhe als auch die Verfahren unterschiedliche Ansprüche für Isolatoren und RABS erfüllen müssen.

Unterschiedliche Anforderungen für Isolatoren und RABS

Handschuhe für RABS werden über die Öffnung für den Handschuheingriff gestülpt und für die Reinigung wieder entfernt – ein manueller Vorgang, bei dem besonders darauf zu achten ist, den Handschuh nicht zu beschädigen. Die Reinigung von RABS-Handschuhen erfolgt ebenfalls manuell, sterilisiert werden sie anschließend in einem Autoklav. Da das wiederholte Handling und Sterilisieren das Material stark belasten, bestehen RABS-Handschuhe aus äußerst widerstandsfähigem und hitzebeständigem Material wie EPDM-Kautschuk. Zudem werden RABS inzwischen gemeinsam mit dem umgebenden Reinraum zur Dekontamination immer häufiger mit Wasserstoffperoxid begast, weshalb die Handschuhe außerdem H2O2-beständig sein müssen.

Der starke Materialverschleiß erfordert eine besonders gründliche Prüfung von RABS-Handschuhen, um die Integrität des Gesamtsystems sicherzustellen. Tatsächlich ist die Integrität von RABS-Handschuhen in den letzten Jahren stärker in den Fokus der Betreiber gerückt, die ihre RABS-Handschuhe somit auch verstärkt überprüfen. Die Überprüfung kann dabei sowohl inline als auch im Offline-Verfahren am ausgebauten Handschuh erfolgen. Der Vorteil von Offline-Verfahren bei großen Systemen mit vielen Handschuhen: Die Reinigungs- und Prüfprozesse können teilweise parallel erfolgen und sparen Anlagenbetreibern wertvolle Zeit.

Handschuhe für Isolatoren werden in der Regel inline im Rahmen des Linien-Changeovers zwischen zwei Produktionsbatches gereinigt. Hierfür verbleiben die Handschuhe in ihren Eingriffen und der Operator reinigt sie zunächst manuell vor. Anschließend werden die Handschuhe im Zuge der H2O2-Dekontamination des Isolators ebenfalls dekontaminiert. Für Isolator-Handschuhe sind deshalb Wasserstoffperoxid-resistente Materialien wie EPDM-Kautschuk oder der kostengünstigere chlorsulfonierte Polyethylen (CSM) unverzichtbar. Da die Handschuhe in der Regel dauerhaft in der Produktionslinie verbleiben, erfolgt auch die Überprüfung inline. Gute ergonomische Eigenschaften und Zugänglichkeit spielen daher eine große Rolle, um die Prüfung so effizient wie möglich durchführen zu können.

Testmethoden im Überblick

Ein wichtiges Element der Handschuhprüfung ist die visuelle Inspektion durch geschulte Anlagenbediener vor jeder Nutzung. Auf diese Weise lassen sich sowohl größere als auch sehr kleine Schäden am Handschuh bereits mit dem bloßen Auge ausmachen. Für die Erkennung mikroskopisch kleiner Leckagen existieren verschiedene Möglichkeiten wie etwa die Wasserprüfmethode. Hierfür werden die Handschuhe aufgehängt und mit Wasser gefüllt. Tritt Wasser aus dem Handschuh aus, muss er entsorgt werden. Ein ähnliches Vorgehen steht hinter dem chemischen Diffusionstest, bei dem man eine Chemikalie auf einer Seite des Handschuhs aufträgt. Wenn die Chemikalie hindurchdiffundiert, ist der Handschuh beschädigt. Allerdings sind dies klassische Prüfmethoden aus dem Laborbereich und nicht für moderne aseptische Produktionsanlagen geeignet, da hier die Anlage inklusive Barrieresystem sowie der Umgebungsraum mit Wasser und Chemikalien kontaminiert würden.

Verlässlicher bei der Entdeckung kleinster Schäden am Handschuh ist der Druckhaltetest, der auch kleinste Leckagen identifiziert. In diesem Verfahren setzt man den Handschuh über eine bestimmte Zeit unter einen Druck von beispielsweise 600 Pascal. Das Luftvolumen pro Zeit, das zum Kompensieren des Druckverlusts durch eventuelle Schäden am Handschuh erforderlich ist, lässt sich durch einen Durchflussmesser messen und in Bezug zur Leckrate setzen. Dieses Testverfahren verfügt allerdings über eine geringe Reproduzierbarkeit, da die Messergebnisse sehr empfindlich gegenüber Umgebungsbedingungen sind.

Druckabfalltest erkennt auch winzige Leckagen

Eine höhere Reproduzierbarkeit der Ergebnisse bietet der von Bosch Anfang der Zweitausender Jahre entwickelte Druckabfalltest. Er ist die gebräuchlichste physikalische Testmethode und sowohl inline für Isolatoren als auch im Offline-Testverfahren für RABS anwendbar. Hierbei wird vor Beginn des Druckabfalltests jeder Handschuh mehrfach vorgedehnt, um sämtliche Handschuhe unabhängig von ihrer regulären Nutzung und Auslastung unter den gleichen Startbedingungen prüfen zu können. Diese Vorbereitung sorgt für die Reproduzierbarkeit der Testergebnisse. Das Handschuhsystem wird mit einem zuvor festgelegten Prüfdruck beaufschlagt. Hierbei ist die Wahl der angemessenen Parameter entscheidend – jeder Handschuhtypus erhält ein individuell auf ihn abgestimmtes Prüfrezept. Ansonsten bestünde bei zu hohem oder zu niedrigem Druck die Gefahr, dass Schäden in bestimmten Bereichen des Handschuhs nicht zu entdecken wären.

Ab einem bestimmten Druckniveau beginnt die wiederholte Druckmessung über einen zuvor definierten Zeitraum. Befinden sich im Handschuh Leckagen und Undichtigkeiten, fällt der Druck ab, da Luft nach außen entweichen kann. Diese Testmethode ist sehr exakt und erkennt auch Leckagen von wenigen Mikrometern. Die Testdauer hierfür beträgt je nach Handschuhdicke und -material lediglich zwischen zehn und zwanzig Minuten. Der Druckabfalltest eignet sich aufgrund seiner guten Reproduzierbarkeit und Prüfgenauigkeit besonders für eine regelmäßige Handschuhprüfung.

Die Druckabfallmethode hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. So gibt es mit dem kabellosen Handschuhprüfsystem KHD 3000 mittlerweile eine Testmethode gemäß ISO-Vorgaben für RABS und Isolatoren, die sich komplett in die Produktionslinie integrieren lässt. Die Testparameter lassen sich an die einzelnen Handschuhtypen anpassen. Diese Methode kann bis zu 35 Handschuhe gleichzeitig testen und die Messdaten direkt per WLAN übertragen. Das HMI der Füllmaschine steuert das System und erfasst sämtliche Daten im Batch-Reporting gemeinsam mit allen sonstigen Parametern des Isolators und der Füllmaschine, wodurch kein separater Laptop benötigt wird.

Lückenloses Handschuh-Management für sichere Barrieresysteme

Ganz gleich, für welche Testmethoden sich Betreiber von Barrieresystemen entscheiden, ob sie Inline- oder Offline-Systeme benötigen oder beide Methoden kombinieren: Allen gemeinsam ist die Anforderung an effiziente Prozesse für ein lückenloses Handschuh-Management von der Anlieferung im Warenlager bis zur Entsorgung. Dazu gehört neben Reinigung, Autoklavierung sowie Ein- und Ausbau der Handschuhe auch ein umfassendes Tracking der Prozesse. So lassen sich Handschuheingriffe und Handschuhe mittlerweile auch mit RFID-Chips ausstatten. Diese Tracking-Methode stellt die Prüfung ausnahmslos aller Handschuhe und Eingriffe sicher und erhöht so die Prozesssicherheit des Prüfvorgangs – gerade bei Linien mit mehreren Handschuheingriffen.

Für diese lückenlose Dokumentation ist es vor allem wichtig, die Handschuhprüfung in die Routine des alltäglichen Linien-Changeovers zu integrieren. Denn selbst wenn es bei Kleinstchargen bereits Produktionssysteme ohne Handschuheingriffe gibt und an neuen Anlagenkonzepten mit einer minimalen Anzahl von Eingriffen gearbeitet wird, sind Handschuheingriffe auch in absehbarer Zeit nach wie vor essentieller Bestandteil von Barrieresystemen.

 

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