Visual Vega hat mir schon einmal aus der Patsche geholfen“, sagt Karl Dahlke, Müllermeister und Leiter Endproduktelager lose bei Swissmill. Als vor ein paar Jahren nach einem Wasserrohrbruch der Keller mit den Motoren der Belüftungsanlage voll Wasser lief, stand die Mühle für zwei Tage still. Dahlke warf mit der Visualisierungs-Software einen Blick in die Silos seiner Kunden und überprüfte, wer am dringendsten Nachschub braucht. Mit Hilfe des automatisierten Bestandsmanagement konnte das Unternehmen den Produktionsausfall so geschickt überbrücken, dass keiner seiner Kunden etwas davon bemerkt hatte.

Die Müller überwachen aus der Ferne mehr als 150 Silos von 15 kleinen und großen Bäckereien in der ganzen Schweiz. Die Hälfte davon gehört, wie Swissmill selbst, zum Coop-Konzern. Die Mühle liefert ihren VMI-Kunden im Speisesektor loses Mehl und Grieß; dies sind etwa 80% ihres Ausstoßvolumens. Das Traditionsunternehmen im Herzen der Stadt vermahlt pro Jahr 200000t Getreide zu über 100 Mehl- und Grießsorten. Die Mühle ist nicht nur die größte der Schweiz, sondern auch eine der modernsten weltweit. Zwei Mitarbeiter pro Schicht reichen für den Betrieb der High-Tech-Anlage völlig aus. Dort gibt es kein Optimierungspotenzial mehr. In der Getreideverarbeitung macht jedoch der Transport den Löwenanteil der Kosten aus. Um seine Wettbewerbsfähigkeit weiter zu erhöhen, musste das Unternehmen seine Logistikkosten in den Griff bekommen. Denn wenn die Handelsgrenzen fallen, und davon sind die Schweizer felsenfest überzeugt, dann müssen sie auch im grenznahen Ausland konkurrenzfähig sein.

Ausgeklügelte Logistik

Die Idee für ein automatisiertes Bestandsmanagement spukte dem Unternehmen schon länger durch den Kopf. Den letzten Ausschlag, das Thema anzugehen, gab ein Kunde, der mit dem Bestellen nichts mehr zu tun haben wollte. Für Dahlke war schnell klar, dass sie Visual Vega ausprobieren würden, als der Hersteller ihm das Programm vorstellte: „Wir haben mit bestimmten Radarsensoren, die trotz misslicher Einbauverhältnissen äußerst zuverlässig arbeiten, sehr gute Erfahrungen gemacht. Entweder schenkt man einem Hersteller das Vertrauen, oder nicht.“

Swissmill startete dann zunächst einen Versuch mit einem Kunden, der zum Konzern gehört und in der Nähe ist. Die Produktion ist sehr hektisch, und die Bäckerei besitzt nur zwei Silos. Früher kam oft die halbe Wagenladung zurück, weil nicht genug Lagerkapazität zur Verfügung stand – ein teueres Vergnügen. Heute sind alle Produktionsabläufe plus Transport von vorne bis hinten durchdacht. Die Müller sehen bei ihren VMI-Kunden ganz genau, wie viel Platz in den Silos ist und können ihre Lkw komplett auslasten. Retouren und Leerfahrten sind ausgeschlossen. „Unser Vorteil ist, dass unsere Kunden, für deren Bestände ich verantwortlich bin, überall in der Schweiz sitzen“, so Dahlke. „Durch eine geschickte Verknüpfung der Fahrten kann ich auch für die kleinen Hausbäckereien, die noch per Fax, Telefon oder EDI (Electronic Data Interface) bestellen, die Preise niedrig halten.“ Bestellt zum Beispiel ein kleiner Kunde in Bern 2t, dann liefert die Mühle die restlichen 25t bis zur maximalen Füllmenge an eine Großbäckerei in eben dieser Region. Jeder unnötige Umschlag verursacht Kosten, erhöht das Risiko und erschwert die Rückverfolgbarkeit des Produkts. Mit der optimierten Routenplanung und vollen Auslastung lassen sich die Logistikkosten erheblich senken. Denn in der Schweiz ist die Lastwagenmaut satellitengesteuert, d.h. die Mühle zahlt nicht nur auf der Autobahn, sondern für jeden einzelnen gefahrenen Meter.

Partnerschaft mit Mehrwert

„Niemand muss mitmachen, aber wir reden Klartext und versuchen, unseren Partnern VMI schmackhaft zu machen: Wenn wir Mehl transportieren, wollen wir volle Ladungen transportieren“, betont Dahlke. „Alles andere ist zu teuer. Wenn ein Kunde nicht will, können wir ihn nicht zwingen. Die höheren Transportkosten muss letztendlich er bezahlen.“ Bisher hat sich jedoch keiner der Kunden von diesem Thema distanziert und das automatisierte Bestandsmanagement abgelehnt. Die entscheidende Frage lautet eher, was es kostet. Diese Hemmschwelle ist meistens schnell überwunden, weil Swissmill sämtliche Kosten für Radarsonden, Steuerungseinheiten und Vor-Ort-Anzeigegeräte usw. übernimmt. Es gibt aber auch das andere Extrem: Eine der Bäckereien, die mit Visual Vega ausgestattet sind, plant gerade einen Neubau. Zur ersten Bausitzung lud der Kunde seinen Lieferanten ein und wollte von ihm wissen, welche Silogrößen für die Mühle wünschenswert sind. Von der engen Verzahnung profitieren Kunde und Lieferant gleichermaßen – eine echte Win-Win-Situation für beide Partner.

Die genaue Dokumentation der Lieferungen vereinfacht auch die Rückverfolgbarkeit. „Wenn eine Bäckerei eine Reklamation hat, frage ich nach, aus welcher Zelle das Mehl stammt und überprüfe, wann wir sie das letzte Mal befüllt haben, und ob noch Reste von früheren Füllungen im Silo waren. So kann ich die Suche viel besser eingrenzen“, weiß Dahlke. Ein weiterer positiver Nebeneffekt des Silomanagements und der intensiven Kundenbetreuung ergibt sich für Schweizer bei der Verarbeitung von biologisch angebautem Getreide. Bevor die Müller mit der Vermahlung starten können, müssen sie nach den Vorschriften der Biokontrolleure und der Zertifizierungsstelle die Anlage mit einer Spülcharge biologischer Produkte reinigen. Dieses Mehl kann das Unternehmen allerdings nur in den konventionellen Markt verkaufen. Das bedeutet für die Mühle jedes Mal eine Warenwertminderung von 2000 bis 3000 SFr. Jetzt kann das Personal den richtigen Moment abpassen und eine möglichst große Mahlung ansetzen. Damit spart sich der Betrieb einige Spülchargen im Jahr und kann die Laborkosten senken.

Flexibler Zugriff

Außerdem lassen sich durch die Automatisierung die Bestände der internen Kunden maximieren und die Lagerkapazitäten besser ausnutzen – die Mühle gewinnt an Flexibilität. Aber einen Arbeitsschritt hat das Unternehmen ganz bewusst nicht automatisiert: die Bestellvorgänge im Schüttgutbereich. „Wir sind Müller. Das ist unsere Kompetenz. Wir spüren, was unsere Kunden brauchen und kennen den Ausstoß und Bedarf jedes einzelnen Kunden ganz genau“, sagt Dahlke. Die Getreideexperten nutzen von Visual Vega nur die Bestände und Verläufe, nicht einmal die Grenzalarme. Das Alarmmanagement birgt für die Züricher die Gefahr, dass man sich darauf verlässt und die Kapazität knapp wird, wenn viele Silos gleichzeitig einen Alarm melden. Es geht nicht nur darum, ob jeder noch genug Vorräte hat, sondern um eine vorausschauende Planung, die immer noch einer menschlichen Entscheidung bedarf. Die Bestellungen beanspruchen ungefähr 20min eines Arbeitstages. Kein großer Aufwand, und was keine Arbeit mache, müsse man nach Meinung des erfahrenen Müllermeisters auch nicht rationalisieren.

Viel mehr Zeit kostet ihn hingegen derzeit ein ganz besonderer Kundenservice. Die Bäckereien, die bereits an das VMI angebunden sind und über keine eigene Visualisierung verfügen, rufen immer öfter an und fragen nach ihren Bestandsdaten für die Inventur. Die Lösung seines Problems heißt Web-VV und ist der Nachfolger von Visual Vega. Seit ein paar Monaten läuft beim kleinsten der großen Kunden in La Chaux-de-Fonds ein Pilot-Projekt mit der nächsten Generation der Visualisierungssoftware. „Die webbasierte Variante des automatisierten Bestandsmanagements kommt für mich zum richtigen Zeitpunkt. Über das Internet können zukünftig beide Seiten auf die Daten zugreifen. Der Kunde kann seine Bestände, wann immer er will, selbst überprüfen, ohne dass es ihn einen Rappen kostet. Und ich bin von der Inventurarbeit befreit“, schmunzelt Dahlke.

Lohnende Investition

Ein weiteres Plus der neuen Version: Jeder Berechtigte kann an jedem beliebigen Rechner mit Internetanschluss arbeiten. Anders bei der bisherigen Einzelplatzlösung: Hier mussten die Müller eine Zwangspause einlegen, wenn es Probleme mit dem PC gab. Darüber hinaus können sich die Fachleute des Herstellers direkt einschalten. Das geht schneller, vermeidet Fahrten der Serviceleute und spart damit bares Geld. Ein immenser Vorteil, wenn sich mit wenigen Maus-Klicks alles ändern oder reparieren lässt. Der größte Unterschied im Handling ist für Swissmill die noch einfachere Bedienung. Bei der Darstellung wünschen sich die Schweizer allerdings noch ein bisschen mehr Komfort. Kleine Schönheitskorrekturen, die sich schnell umsetzen lassen sollten. So zeigt die „alte“ Software zum Beispiel Bestand und Verlauf für jeden Kunden sehr übersichtlich auf einer Seite an, im neuen Programm sind diese Anzeigen noch getrennt.

Die Pilotanlage hat bewiesen, dass sie funktioniert. Die Mühle will so bald wie möglich die ersten Standorte auf Web-VV umstellen. Zumal eine Bäckerei, die immer große Schwierigkeiten mit ihren Silo-Beständen hat, schon sehnlich auf die Internet-Variante wartet. Und wie schnell macht sich die Investition nach Einschätzung des Müllermeisters für sein Unternehmen bezahlt? „Schlecht zu sagen. Vor ein paar Jahren war die Maut noch nicht so hoch, die Energie kostete deutlich weniger, und die Rohstoffpreise waren im Keller. Normalerweise rechnen wir mit fünf bis acht Jahren für das Payback. Angesichts der aktuellen Preisverhältnisse dürfte sich eine solche Anlage aber bereits in zwei bis drei Jahren amortisieren.“

Mit der optimierten Routenplanung und vollen Auslastung durch Visual Vega lassen sich die Logistikkosten erheblich senken

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