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Der Anlagenbauer Exyte erzielt 15 % seines Umsatzes im Bereich Life Sciences & Chemicals. (Bild: Exyte)

P+F: Exyte hat seit der Umfirmierung von M+W sein Profil deutlich geschärft. Welchen Trends folgen Sie derzeit?
Büchele: Wir verstehen uns als Anbieter im Spezialanlagenbau und Experte für „controlled and regulated environment“. Wir konzentrieren uns auf drei große Segmente: Halbleiter, Datencenter sowie Life Sciences & Chemicals, wobei wir bei Letzteren die Schwerpunkte auf Biopharma und die Spezialchemie legen – also Bereiche, die höhere Anforderungen stellen. Bei den Halbleitern treiben die Trendthemen „Internet der Dinge“ sowie „autonomes Fahren“ die Nachfrage nach Speicherchips und Datencentern. In der Pharmabranche sehen wir einen Trend in Richtung Biopharma: Die Mengen sind dort sehr viel kleiner, die Anlagen sind zudem flexibler. Dort wird stark über Modularisierung diskutiert, ein Aspekt, der die Industrie aktuell sehr beschäftigt.

P+F: Ist Technologie bei biopharmazeutischen Produktionsanlagen ein Differenzierungsmerkmal?
Büchele: Nein. Da geht es weniger um die Technologie als um die Effizienz der Anlage und die Effizienz, mit der in solchen Anlagen unter GMP-Bedingungen ein Produktwechsel erfolgen kann. Dort kommt es auf das Know-how an, das notwendig ist, um diese Flexibilität zu erreichen.

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Derzeit läuft bei uns ein intensives Projekt zur Standardisierung und Modularisierung im Bereich Pharma-Utilities.Dr. Wolfgang Büchele

P+F: Wie wichtig ist das branchenspezifische Know how in Ihrem Geschäft?
Büchele: Das branchenspezifische Know how ist in der Halbleiterbranche extrem wichtig, weil man dort Großanlagen mit entsprechenden Investitionsvolumina baut. Auch in der Pharmaindustrie ist das sehr wichtig, weil man sich dort, beispielsweise in der Validierung, keine Probleme leisten kann. Es kommt ja nicht nur auf das Bauen nach GMP an, sondern die Anlage muss zum Schluss validiert werden.

P+F: Ist das Pharmageschäft anstrengender, weil es so stark reguliert ist?
Büchele: Nein. Ich habe ja aus verschiedenen Gründen viel mit der Pharmaindustrie zu tun – wenn man weiß, wie das Pharmageschäft läuft, dann ist das nicht anstrengender. Wichtig ist, dass man über Fachkräfte verfügt, die das Geschäft beherrschen und in der Lage sind, die spezifischen Anforderungen zu berücksichtigen. Es hilft natürlich nichts, eine Anlage zu bauen und bei der Validierung dann festzustellen, dass man die ehernen Grundsätze missachtet hat, weil die Anlagen beispielsweise aufgrund von horizontal verlegten Rohrleitungen nicht leerlaufen können. Dann haben Sie bei der Validierung ein Riesenproblem. Die richtigen Leute berücksichtigen solche Besonderheiten von vornherein. (1/2)

P+F: Das Segment Life Sciences steht für etwa ein Zehntel des Umsatzes, den Sie im Halbleitersegment machen. Welche Rolle werden Pharma und Chemie künftig in Ihrem Portfolio spielen?
Büchele: Das Life-Science-Segment wird immer deutlich kleiner als das Segment Advanced Technology Facilities – ATF – sein. Wir haben 2018 den größten Auftrag unserer Geschichte erhalten – das war ein Projekt mit 1,6 Mrd. Euro. Eine Life Science-Anlage liegt irgendwo zwischen 20 und 100 Mio. Euro. Zudem ist der Pharmamarkt viel fragmentierter. Momentan stehen Life Science & Chemicals für ca. 15 % des Umsatzes. Aber das stört uns auch nicht. Pharma passt voll in unsere Kernausrichtung Anlagenbau für „controlled and regulated environment“.

P+F: Welche Rolle spielt modulares Engineering?
Büchele: Das wird immer wichtiger. Bei uns heißt das „offsite manufacturing“. Dabei werden Skids unter industriellen Bedingungen außerhalb der eigentlichen Baustelle hergestellt, just in time zur Baustelle geliefert und dann dort aufgestellt. Ein logischer nächster Schritt ist, dass man ganze Anlagen modular baut – das haben wir in der Pharmaindustrie schon gesehen. Derzeit läuft bei uns ein intensives Projekt zur Standardisierung und Modularisierung im Bereich Pharma-Utilities. Wir begegnen damit dem Trend, dass die Investitionsentscheidungen, beispielsweise für Anlagen zur Produktion von onkologischen Arzneimitteln, immer später – zum Beispiel am Ende der klinischen Phase III – gefällt werden. Durch die stärkere Standardisierung und den Einsatz vorgefertigter Komponenten kann die Bauzeit verkürzt werden. Zudem werden dadurch die Abläufe auf der Baustelle viel einfacher und klarer. Und wenn weniger Mitarbeiter auf der Baustelle sind, steigt auch die Sicherheit. Dadurch gewinnen am Schluss alle. (2/2)

Dr. Wolfgang Büchele

Der Chemiker Dr. Wolfgang Büchele (59) war ab 1987 bei der BASF zunächst in der Katalysatorforschung und ab 1990 in leitenden Positionen in Ludwigshafen und in China tätig. Nach Stationen bei den Finanzinvestoren Blackstone, Permira und Borsodchem war Büchele von 2012 bis 2014 CEO und Präsident des finnischen Wasserchemikalien-Herstellers Kemira. Von 2014 bis 2016 war er Vorstandsvorsitzender der Linde AG. Am 1. März 2017 wurde er zum Vorsitzenden der Geschäftsführung des deutschen Anlagenbauers M+W Group ernannt, den er nach einer Reorganisation in Exyte AG umbenannte und einen Börsengang plant. Büchele steht dem Aufsichtsrat der Merck KGaA und dem Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft vor.

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