P+F: Nach welchen Kriterien entscheiden die Produzenten aus Ihrer Sicht bei der System- und Herstellerauswahl?

Walter:Bezogen auf die Hardware sind das vor allem der Preis, die Qualität und die Lieferzeit. Gerade die Lieferzeit hat an Bedeutung gewonnen – auch im Ersatzteilgeschäft. Wenn ein Problem auftritt, müssen die Teile innerhalb kürzester Zeit vor Ort sein. Ansonsten sind die Betriebskosten bei der Neuanschaffung von untergeordneter Bedeutung. Ich beobachte, dass in den letzten Jahren die Gewichtung der Einkäufer größer geworden ist und diese vergleichen nur auf dem Papier.

P+F:Gibt es typische Fehler, die bei der Auslegung von Chromatographiesystemen immer wieder gemacht werden?

Walter: Ein typischer Fehler ist, dass bei der Prozessentwicklung im Labor festgelegte Methoden, Dimensionen und Materialien auf den Prozessmaßstab übertragen werden. Nach dem Motto „Never change a winning team“ halten die meisten Anwender an einmal etablierten Methoden fest. Oft fehlt außerdem die Zeit, etwas Neues auszuprobieren, so dass Betthöhen von 10 bis 20cm immer wieder zu finden sind. Daraus resultieren Säulen mit einem Zwei-Meter-Durchmesser bei einer Betthöhe von 10 cm, obwohl eine Ein-Meter-Säule mit entsprechender Betthöhe das gleiche Ergebnis bei deutlich niedrigeren Investitionskosten liefern könnte.

P+F: Wie lässt sich diesem Problem begegnen?

Walter: Neue Methoden erfordern Zeit und Expertise von außen. Deshalb haben wir die Position eines Process Development Scientist (PDS) kreiert. Diese PDS unterstützen unsere Kunden bei der Optimierung von Filtrations- und Chromatographieprozessen.

P+F: Welche technischen Probleme aus der Praxis lassen sich mit bislang verfügbarer Technik nicht zufriedenstellend lösen?

Walter: Limitierend sind hauptsächlich die Kapazitäten und die Flussraten. Lange Zeit wurde mit kompressiblen Säulenmedien gearbeitet, die bei hohen Flussraten einen rapiden Druckanstieg verursachen. Neuere Medien basieren auf Keramik, Glas oder Styrol.Diese Materialien sind nicht komprimierbar und eignen sich so für hohe Flussraten, wie sie die Pharmaindustrie von uns Herstellern fordert. Gerade bei der Herstellung monoklonaler Antikörper wollen die Anwender höher konzentrierte Lösungen bearbeiten. Derzeit sind 3 bis 40g Protein pro Liter üblich, doch die Züchtung der Zellen wird immer weiter verbessert. In Zukunft werden sicher 200g pro Liter Protein gefordert.

P+F: Welche Ansätze gibt es, diesen Anforderungen zukünftig zu entsprechen, und mit welchen weiteren Themen befassen sich Ihre Kollegen in F&E aktuell ?

Walter: Auf der Achema haben wir die neuen Medien Prosep Ultra und Prosep vivo Ultra vorgestellt. Träger ist jeweils poröses Glas, an dessen Oberfläche Liganden gekoppelt sind. Prosep vivo Ultra besitzt ein „Animal-free“-Zertifikat, das bescheinigt, dass für die Herstellung keine tierischen Rohstoffe eingesetzt wurden. Zu den generellen Trends zählt der Einzug von Kunststoffkomponenten in die Produktion, der auch vor der Chromatographie nicht halt macht. Hintergrund ist der Wunsch nach disposablen Produkten. Ob es zukünftig komplette Einweg-Chromatographiesysteme geben wird, ist angesichts der Vielfalt der Chromatographiemedien und der dafür benötigten Systemvarianten jedoch fraglich.

„Wir arbeiten daran, auch höher konzentrierte Lösungen bearbeiten zu können.“
Gerd Walter, Millipore

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