P+F: Die Einführung eines MES bedeutet oft auch eine Neuorganisation der Prozesse. Frau Hoffmann, welche Optimierungspotenziale konnten Sie ausschöpfen?

Hoffmann: Großes Optimierungspotenzial hatten wir im Bereich der Materialschleuse.Früher mussten wir dort manuell Aufträge anlegen. Heute bekommen wir von SAP R/3 die entsprechenden Informationen übermittelt, starten die Applikation und werden automatisch durch alle operativen Schritte geführt. Das ist eine erhebliche Zeitersparnis. Wir konnten unsere Durchlaufzeiten deutlich reduzieren – ein Ergebnis, das wir uns in diesem Bereich gar nicht primär als Ziel gesetzt hatten. Im Hauptprozess der Einwaage und Granulatherstellung wurde durch eine Vielzahl von Plausibilitätsprüfungen durch das MES mehr Sicherheit erzielt.Das System heute verfügt über eindeutig mehr Flexibilität.

P+F: Schlägt sich das bereits auf die Produktionskosten nieder?

Hoffmann: Wir beziffern die Kostensenkung für die Durchlaufzeiten imBereich Einwaage und Granulierung auf 25%. Hinzu kommen Kostensenkungen durch ein optimiertes Management der Materialbestände um 10%.

P+F: Der Erfolg von MES-Projekten ist nicht zuletzt von der Akzeptanz der Mitarbeiter abhängig. Wie sind Sie vorgegangen?

Hoffmann: Zunächst wurden Keyuser für die einzelnen Module geschult. Diese haben ihr Wissen dann an die Kollegen weitergeben. ‚Learning by doing‘ lautete unsere Devise. Wir hatten eine sehr lange Testphase über sechs Monate am heißen Produkt. In dieser Zeit wurde parallel gearbeitet, das heißt, Dokumentation im System und zusätzlich wurde weiterhin umfangreich auf Papier dokumentiert. Dieses Vorgehen hat sich im Nachhinein als optimal erwiesen. Dadurch haben die Mitarbeiter die neuen Prozesse verinnerlicht. Ich kenne niemanden, der zum Papier zurückkehren möchte.

P+F: Die Module für die dieBereiche Einwaage, Materialtracking und EBR sind implementiert. Welche Schritte folgen jetzt?

Hoffmann: Für die Dispositionsstufe Bulkherstellung müssen wir noch die Tablettierung sowie Dragierung/Coating integrieren. Perspektivisch denken wir unter anderem über das Planungsmodul nach, um auch zum Beispiel die Maschinenleistung zu berücksichtigen. Mit SAP R/3 führen wir die gesamte Auftragsplanung durch, die Feinplanung der Anlagen erfolgt aber weiterhin in den einzelnen Fertigungsbereichen. Für die Integration der Tablettierung wollen wir noch 2006 den Startschuss setzen. Wir sind gerade in der Phase der Konzepterstellung und Entscheidungsfindung. Erst wenn wir die Dispositionsstufe 1 komplett haben, denken wir in Richtung nächste Dispositionsstufe.

P+F: Für welche Problemstellungen aus der Praxis steht bislang keine zufrieden stellende Lösung zur Verfügung?

Hoffmann:Selbst wenn wir Blockunterschriften zulassen, ist der Aufwand, elektronisch zu unterschreiben, hoch. Hierfür wünschen wir uns eine elegantere Lösung.
Mensing: Mit der bisherigen Technologie wird das nicht machbar sein, da Benutzer-ID und Passwort auf getrennten Medien gespeichert sein müssen. In den USA sammeln wir gerade erste Erfahrungen mit biometrischen Verfahren. Dem MESist es egal, ob die Identifikation über Kennwort, per Karte oder mit Hilfe der Biometrie erfolgt. Die Frage ist, ob sich die Biometrie durchsetzen wird. In den Testläufen war die Erkennungsquote mit 90% zwar bereits sehr gut, aber es gibt alternative Verfahren.

P+F: Gibt es einen Erfahrungsaustausch unter den Pharmaproduzenten?

Hoffmann: Wir treffen uns regelmäßig mit anderen Anwendern der Werum-Technologie, um auf kurzem Weg Informationen auszutauschen. Das ist in der heutigen Zeit sehr wichtig. Alles was sie im Vorfeld wissen, spart Zeit und Geld. In der Theorie hört sich alles nicht dramatisch an, aber dieTücke steckt im Detail. Man kann viel von den Erfahrungen der anderen lernen. Die Fehler müssen ja nicht doppelt gemacht werden.

Mensing: Auch für uns ist dieses Forum wertvoll. Unsere Produktentwicklung erfährt auf diesen Treffen, was die Anwender brauchen. Häufig werden sehr konkrete Funktionen eingefordert. Vorschläge aus dem Anwenderforum fließen häufig in die Entwicklungsplanung für unser Standardprodukt ein.

„Ich kenne niemanden, der zum Papier zurückkehrenmöchte“
Sylvia Hoffmann, Informationsmanagement Supply Chain, AWD.pharma
„Vorschläge aus dem Anwenderforum fließen in die Entwicklungsplanung für unser Standardprodukt ein“
Volker Mensing, Leiter Kommunikation, Werum

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