- Durch Sabotage, Datendiebstahl oder Spionage ist der deutschen Industrie in den vergangenen beiden Jahren ein Gesamtschaden von insgesamt 43,4 Mrd. Euro entstanden.
- Sieben von zehn Industrieunternehmen (68 %) sind 2016 und 2017 Opfer entsprechender Angriffe geworden, jedes fünfte Unternehmen (19 %) vermutet dies.
- Jedes fünfte Industrieunternehmen (19 %) berichtet von digitaler Sabotage von Informations- und Produktionssystemen oder Betriebsabläufen.
Sieben von zehn Industrieunternehmen sind 2016 und 2017 Opfer eines Hackerangriffs geworden, jedes fünfte Unternehmen vermutet dies. Das ist das Ergebnis einer Studie des Digitalverbands Bitkom, für die 503 Geschäftsführer und Sicherheitsverantwortliche quer durch alle Industriebranchen repräsentativ befragt wurden. „Mit ihren Weltmarktführern ist die deutsche Industrie besonders interessant für Kriminelle“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg bei der Vorstellung der Studie in Berlin. „Wer nicht in IT-Sicherheit investiert, handelt fahrlässig und gefährdet sein Unternehmen.“ So wurden in den vergangenen zwei Jahren bei einem Drittel der Unternehmen (32 %) IT- oder Telekommunikationsgeräte gestohlen, bei fast einem Viertel (23 %) sind sensible digitale Daten abgeflossen. „Illegaler Wissens- und Technologietransfer, Social Engineering und auch Wirtschaftssabotage sind keine seltenen Einzelfälle, sondern ein Massenphänomen“, betonte Thomas Haldenwang, Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV).
Nicht nur Diebstahl macht der Industrie zu schaffen. Jedes fünfte Industrieunternehmen (19 %) berichtet von digitaler Sabotage von Informations- und Produktionssystemen oder Betriebsabläufen. Weitere 28 % vermuten, dass es solch einen Vorfall bei ihnen gab. Bei 11 % wurde die digitale Kommunikation ausgespäht, beispielsweise E-Mails oder Messenger-Dienste. Insgesamt haben digitale IT-Angriffe bei fast der Hälfte der Befragten (47 %) einen Schaden verursacht. Klassische analoge Attacken sind für die Industrie auch ein Thema, fallen aber vergleichsweise weniger ins Gewicht. 21 % der Befragten haben einen Diebstahl von sensiblen physischen Dokumenten, Unterlagen, Mustern oder Maschinen festgestellt, bei 10 % kam es in den vergangenen zwei Jahren zur analogen Sabotage von Informations- und Produktionssystemen oder Betriebsabläufen, z. B. durch die Manipulation von Geräten vor Ort in Unternehmen. Dazu BfV-Vizepräsident Haldenwang: „Neben der klassischen Wirtschaftsspionage beschäftigen uns vermehrt Attacken, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass Schadsoftware mit dem Ziel in IT-Systeme eingebracht wird, Sabotage-Akte vorzubereiten“.
Kritische Unternehmensdaten im Visier von Angreifern
Angreifer haben im Rahmen ihrer Attacken unterschiedlich sensible Daten erbeutet. Bei fast der Hälfte (48 %) der betroffenen Industrieunternehmen wurden Kommunikationsdaten wie E-Mails gestohlen. Bei jedem fünften Unternehmen sind durch digitale Angriffe jeweils Kundendaten (21 %) und Finanzdaten (20 %) abgeflossen. Patente und Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung sind bei jedem zehnten Unternehmen (10 %) in kriminelle Hände gefallen. „Viele Unternehmen nehmen das Thema Sicherheit noch zu sehr auf die leichte Schulter, auch weil ihnen das entsprechende Know-how fehlt“, so Berg. „Erster und wichtigster Schritt ist, IT-Sicherheit im Unternehmen zur Chefsache zu machen.“
Dabei stammen die Täter häufig aus den eigenen Reihen. Bei fast zwei Drittel der Betroffenen (63 %) gingen Delikte von ehemaligen oder derzeitigen Mitarbeitern aus. Die Hälfte der geschädigten Unternehmen (48 %) hat Kunden, Lieferanten, externe Dienstleister oder Wettbewerber als Täter identifiziert. Bei drei von zehn (29 %) waren es Privatpersonen oder Hobbyhacker, 17 % der Betroffenen berichten von organisierter Kriminalität, jedes neunte betroffene Unternehmen (11 %) gibt ausländische Nachrichtendienste als Täter an.
Aufmerksame Mitarbeiter als effektivster Schutz
Mitarbeiter sind es, die auf der anderen Seite aber auch dafür sorgen, dass kriminelle Handlungen aufgedeckt werden. Sechs von zehn betroffenen Industrieunternehmen (61 %) sind so erstmalig auf Angriffe aufmerksam geworden. 40 % der Betroffenen erhielten Hinweise auf Angriffe durch eigene Sicherheitssysteme, bei fast einem Viertel (23 %) war es hingegen reiner Zufall. Nur bei 3 % der Unternehmen gingen erste Hinweise auf Delikte durch externe Strafverfolgungs- oder Aufsichtsbehörden ein. „Der effektivste Schutz vor Spionage, Diebstahl oder Sabotage sind motivierte, gut geschulte und aufmerksame Mitarbeiter“, sagte Berg.
Künftige Bedrohungen sehen Unternehmen vor allem durch digitale Angriffe. Nahezu alle Befragten (97 %) nennen sogenannte Zero-Day-Exploits als größte Gefahr. Dabei nutzen Angreifer Sicherheitslücken in Software aus, die bis dahin unbekannt waren. 93 % fürchten die Infizierung mit Schadsoftware, zwei Drittel (68 %) geben den Mangel an qualifizierten IT-Sicherheitskräften als Bedrohung an. Die zunehmende Fluktuation von Mitarbeitern ist für 58 % der Unternehmen ein Risiko. Dass Kriminelle die Rechenleistungen von Internetnutzern anzapfen, etwa zum unbemerkten Schürfen von Kryptowährungen, nehmen hingegen nur 29 % der Unternehmen als echte Gefahr wahr.
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Passwörter häufig nicht sicher
Ob private Accounts oder Indus-triesysteme: Häufig machen die Nutzer Hackern den Angriff leicht: Aus Sicht der Experten der IT-Fortbildungseinrichtung Hasso Plattner Institut sind die Deutschen sind nicht sehr kreativ, wenn es um die Wahl ihrer Passwörter geht. Das HPI hat jüngst wieder eine Top Ten deutscher Passwörter veröffentlicht, die aus rund 500.000 Zugangsdaten des HPI Identity Leak Checkers aus dem Jahr 2018 stammen. Diese sind: 123456 (Platz 1), 12345, 123456789, ficken, 12345678, hallo123, hallo, 123, passwort und master (Platz 10). Selbst sensible Prozessleitsysteme von Chemie- und Pharmaunternehmen sind oft nur unzureichend gesichert, da das werksseitig eingestellte Standard-Passwort für den Zugang zum SCADA-System nie geändert wurde. Dabei liefert die einfache Internet-Suche nach „Scada passwords“ die Default-Passwörter der meistgenutzten Systeme. Im Zeitalter des Internet der Dinge gleicht das einer Tür, deren Schlüssel von außen am Schloss steckt.