So sieht der Entwurf des Koalitionsvertrages nach Interpretation des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) vor, die Erstattungssituation für innovative Arzneimittel „dramatisch“ zu verändern. Bislang sind in Deutschland neue Medikamente sofort verfügbar. Weil die Kassen sie ab dem ersten Tag der Zulassung erstatten, passiert dies zu verlässlich planbaren Preisen, ohne nachträglich eingeforderte Abzüge. Rabatte werden nach einem Jahr der Bewertung und Preisverhandlung gewährt. Jetzt soll nach dem Willen der Koalitionäre die Möglichkeit geschaffen werden, rückwirkende Rabatte einzuführen.
Nachträgliche Abzüge seien aber unkalkulierbare Risiken für die Unternehmen, betont der VFA. "Hier wird eine traditionelle Stärke des deutschen Systems - die schnelle Verfügbarkeit von neuen Arzneimitteln - unnötig aufs Spiel gesetzt. Zur Unzeit! Corona hat gezeigt, wie wichtig der Regulierungsrahmen für die Versorgung ist. Wenn etwa neue Medikamente nur in begrenzter Menge zur Verfügung stehen, entscheidet die Planbarkeit der Erstattungsbedingungen mit darüber, wohin geliefert wird", erklärte VFA-Präsident Han Steutel.
Die Preisbildung von Arzneimitteln kritisiert auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Kritisiert wird hier vor allem das Fortbestehen des Preismoratoriums, das die Preise für Arzneimittel in Deutschland deckelt. Dies seien „investitionsfeindliche Maßnahmen“, heißt es beim BPI. Deutschland werde die Herausforderungen einer ökologischen Neuausrichtung der Gesellschaft und sichere Lieferketten nur erreichen, wenn es dafür verlässliche Rahmenbedingungen und auskömmliche Preise für alle Arzneimitteltherapien gebe.
Hoffnung auf mehr Modernisierung
Auf der anderen Seite hebt der BPI bestimmte Regelungen im Koalitionsvertrag auch lobend hervor. So freue man sich „über Signale, die eine Stärkung des Pharmastandortes Deutschland ermöglichen sollen“ und begrüße das Ziel der Entbürokratisierung. Auch beim VFA herrscht zumindest die Hoffnung, „dass die Ampelkoalition in den kommenden vier Jahren mehr Modernisierung wagen wird, als schriftlich fixiert wurde.“