- Die Rückverfolgbarkeit von Produkten ist in der Pharmaindustrie schon lange ein Thema. Die Herstellung von Babynahrung stellt jedoch völlig andere Anforderungen an die Umsetzung.
- Bei einem Nahrungsmittelkonzern bestand die Aufgabe, eine bestehende Verpackungslinie für Babymilchpulverdosen mit Track-&-Trace-Technologie auszustatten.
- Ein modulares System zur Kennzeichnung und Verifikation wurde bei Produktionsgeschwindigkeiten von mehr als 300 Produkten/min in den bestehenden Prozess integriert.
Die Europäische Union hat bereits im Jahr 2002 mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 die rechtlichen Grund-lagen für mehr Lebensmittelsicherheit geschaffen. Die sogenannte Basisverordnung regelt, auf welche Weise Lebensmittelunternehmer sicherstellen müssen, dass Lebens- und Futtermittel durch alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen rückverfolgbar sind. Der Kennzeichnungs- und Track-&-Trace-Spezialist Laetus unterstützt Hersteller bei der Umsetzung dieser Anforderungen. Wie unterschiedlich solche Lösungen aussehen können und was bei der Implementierung zu beachten ist, zeigen zwei Beispiele aus der Praxis.
Die Rückverfolgbarkeit von Produkten – in der Pharmaindustrie schon lange ein Thema – stellt in der Early-Life-Nutrition-Industrie (ELN) jedoch völlig andere Anforderungen an die Umsetzung. Breite Produktpaletten und große Produktionsmengen erfordern stabile, aber gleichzeitig flexible Prozesse, um schnelle Produktwechsel zu realisieren. Infolge kontinuierlich laufender Produktionsprozesse und der hohen Nachfrage nach ELN-Produkten hat die Forderung nach höchstmöglicher Anlagenverfügbarkeit absolute Priorität.
Rückverfolgbarkeit jeder einzelnen Dose
Bei einem weltweit führenden Nahrungsmittelkonzern bestand die Aufgabe darin, eine bestehende Verpa-ckungslinie für Babymilchpulverdosen mit Track-&-Trace-Technologie auszustatten. Diese ermöglicht die Rückverfolgbarkeit jeder einzelnen Dose durch Seria-lisierung und Aggregation bis zur Palette. Der Serialisie-rungsspezialist setzte dies hardwareseitig mit zwei Modulen um, eines für die Serialisierung und eines für die Aggregation.
Zudem verantwortete das Unternehmen die Integration der Soft- und Hardware und der damit verbundenen Prozesse in die kundenseitig bestehende IT-Landschaft. Die Grundlage hierfür bietet die Softwareplattform Laetus UP, die eine flexible Zusammen-stellung unterschiedlicher Systeme nach Art eines Modulbaukastens ermöglicht.
Alle Anlagenteile tauschen ihre Daten über einen Standard Data Exchange aus.
Dadurch lassen sich vorhandene 3rd-Party-Systeme einfach und komplett in die Softwareplattform integrieren und damit Stillstandzeiten der Anlage möglichst gering halten.
Automatisch aufgelöste Aggregation
Die Kennzeichnung und Verifikation wurde bei Produktionsgeschwindigkeiten von mehr als 300 Produkten/min in den bestehenden Prozess integriert. Das erste Modul serialisiert die Milchpulverdosen und verifiziert die Codes. Sind diese einwandfrei, werden sie im zweiten Modul mit mehreren anderen Dosen in einem Umkarton verpackt. Der Umkarton hat bereits ein Etikett mit einer eindeutigen Seriennummer erhalten. Die Softwareplattform „verheiratet“ die Codes der einzelnen Dosen in dem Karton mit dem Kartoncode und stellt diese zu einer Aggregation zusammen. Sind alle Codes einwandfrei, werden die Kartons automatisch zu einer Palette zusammengestellt, die Codes automatisch eingescannt und ein Palettenlabel erstellt. Fällt die Codeprüfung allerdings negativ aus, weil ein oder mehrere Codes beschä-digt oder nicht lesbar sind, wird der Karton ausgeschleust. Die Auto-Rework Funktion der Software erleichtert das Auflösen der entsprechenden Aggregation und ermöglicht damit die einfache Rückführung von Dosen mit einwandfrei gedruckten Codes in den Verpa-ckungsprozess. Auf diese Weise entsteht keine zusätzliche Nacharbeit und unnötiger Produktionsausschuss entfällt. Lediglich die Kartons und das fehlerhafte Etikett müssen weggeworfen werden, die Dosen und damit das verkaufsfähige Produkt werden dem Prozess wieder zugeführt.
Übergeordnete ERP/MES-Systeme sind mit der Seria-lisierungssoftware verbunden und in die bestehende IT- und Serverarchitektur eingebunden. Dabei können Daten von mehreren Systemen übernommen beziehungsweise übergeben werden. Die Plattform bietet dem Hersteller unter anderem die Möglichkeit des Chargenwechsels im laufenden Betrieb. Das heißt, eine neue Produktions-Charge kann bereits einfahren, wenn in der Linie noch die letzten Kartons der vorherigen Charge vom Band laufen. Es ist nur eine kurze Leerphase nötig.
Im konkreten Beispiel reduziert das die Zeiten für den Chargenwechsel von 45 auf 15 min.
Alle Bedienoberflächen und das Benutzermanagement für alle Komponenten – anbieter-eigene sowie 3rd-Party – können gleich aufgebaut sein. Dazu gehören Applikationen wie das Master Data Management, der Production Order Manager, das User Management sowie die Kamera-, Drucker- und Maschinenapplikationen. Dies reduziert notwendige Schulungs-zeiten signifikant und minimiert Eingabefehler. Die Bedienoberfläche ist so aufgebaut, dass sie sich nach Bedarf zusammenstellen lässt, um beispielsweise Statistiken, Kamerabilder, Messwerte von Waagen, Drucker-Füllstandsanzeigen oder die Geschwindigkeit des Förderbandes anzuzeigen. Die HMI passt sich flexibel an verschiedene Displaygrößen und Auflösungen an. Dadurch kann der Prozess zum Beispiel auch über Mobilgeräte erreicht und gesteuert werden, wenn entsprechende Berechtigungen vergeben wurden.
Track & Trace mit Zusatzebene
Ein weiterer global tätiger Lebensmittelkonzern, der die neue Softwareplattform bereits im Einsatz hat, verfolgt das Ziel, alle Säuglingsnahrungsprodukte rückverfolgbar zu machen, sie vor Manipulationen zu sichern, um damit den Verbraucher zu schützen und das Vertrauen in die Marke zu stärken. Hieraus ergab sich die Anforderung, neben der Seria-lisierung noch einen weiteren Code auf Produktebene aufzubringen und zu verifizieren. Dies erhöhte die Komplexität des Track-&-Trace-Projekts zusätzlich, da die beiden Codes des einzelnen Produkts in eine Beziehung gesetzt werden mussten und somit eine weitere Datenebene entstand. Diese Herausforderung setzte das Projektteam global auf allen Anlagen für Babymilchpulver mit verschiedenen Verpackungen erfolgreich um.
Auf ein Pilotprojekt wurde in diesem Fall verzichtet. Daher zählte es zu den größten Herausforderungen dieses Projekts, die Software, Komponenten und Maschinen parallel in allen beteiligten Werken zu implementieren und dabei die Stillstandzeiten der Produktion so gering wie möglich zu halten. Dies erforderte umfangreiche Abstimmungen im Vorfeld der jeweiligen Installationen und ein hohes Maß an Flexibilität auf beiden Seiten, um sich auch kurzfristig an geänderte Produktionspläne anzupassen. Hinzu kam, dass die Standorte über unterschiedliche ERP-Systeme verfügen, welche an die Lösung angebunden werden mussten. Hierfür bietet die plattformbasierte Software des Track-&-Trace-Anbieters mit einem Datenaustausch über den Standard Data Exchange die richtigen Voraussetzungen.
Herausforderung hohe Anlagenverfügbarkeit
In der Planungsphase wurden anspruchsvolle Key Performance Indicator (KPI) in puncto Sicherheit von Mensch und Maschine, Qualität und Produktivität festgelegt. Die Anlagenstillstandzeit beispielsweise muss sowohl während der Implementierungsphase als auch im Betrieb weit unter 1 % bleiben. Diese Anforde-rung war nicht nur für die Umsetzung eine besondere Herausforderung, sondern auch im laufenden Betrieb, und verlangt daher nach einer dauerhaften Partner-schaft der beiden Unternehmen. Ein bedeutender Part der Zusammenarbeit beginnt erst nach der Installation: der Life Time Support und die Optimierung im laufenden Betrieb.
Schlagzeilen über kontaminierte Lebensmittel verunsichern Verbraucher – und dies natürlich besonders stark, wenn es um Nahrung für die Kleinsten geht. Spätestens seit dem Melamin-Skandal in China legen besorgte Eltern besonderen Wert auf die geprüfte Sicherheit von Babymilchpulver. Hersteller tragen dem Rechnung, indem sie jedes einzelne Produkt eindeutig kennzeichnen und damit auf dem gesamten Weg durch die Lieferkette rückverfolgbar machen. Dabei kommen ihnen Serialisierungs-Anbieter zugute, die bereits in komplexen Projekten aus der Pharmaindustrie jahrzehntelang Erfahrungen gesammelt haben.