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(Bild: SG- design – stock.adobe)

In manchen Unternehmen hat sich eine Harmoniekultur entwickelt, in der es für die Mitarbeiter ungewohnt ist, dass ihre Vorgesetzten auch klar ihr Unzufrieden-Sein äußern. Denn „Klartext reden“ passt in den Augen vieler Mitarbeiter (und Führungskräfte) nicht zu dem partnerschaftlich-kooperativen Führungsstil, den heute die meisten Unternehmen propagieren. Viele Führungskräfte schlucken ihre Kritik nicht selten runter. Das gilt speziell gegenüber hochqualifizierten Spezialisten, auf deren Know-how und Können sie teilweise angewiesen sind und die in Zeiten, in denen gute Fach- und Führungskräfte rar sind, nur schwer zu ersetzen wären. Die Folge: Die Mitarbeiter erhalten bei einer unbefriedigenden Leistung keine klare Rückmeldung. Ihr Vorgesetzter lässt es bei einem Hochziehen der Augenbrauen bewenden – selbst wenn ein Mitarbeiter die Erwartungen häufiger nicht erfüllt. Diese Erfahrung speichert sich jedoch im Kopf der Führungskraft ab. Also delegiert sie mit der Zeit gewisse Aufgaben nicht mehr an den Mitarbeiter. Oder sie stellt sich von Anfang an auf ein Nacharbeiten ein. Das Ende vom Lied: Auf dem Schreibtisch der Führungskraft türmen sich zunehmend operative Aufgaben, die eigentlich Mitarbeiter erledigen sollten. Und die wirklich wichtigen, weil zukunftsweisenden Führungsaufgaben? Sie bleiben liegen. Das schmälert wiederum die Leistung der Führungskraft – auch in den Augen von deren Vorgesetzten.

Wird berechtigte Kritik nicht mehr geübt oder nur noch abmildernd als „konstruktives Feedback“ formuliert, hat dies auch Folgen für den Mitarbeiter und seine Leistung: Die eigentliche Botschaft „Sie erbringen die geforderte Leistung nicht“ kommt beim ihm nicht an. Also hegt der Mitarbeiter die Illusion „Im Großen und Ganzen ist mein Chef mit mir zufrieden“ und ändert sein Verhalten nicht. Ist ein solches Kommunikationsgebaren in einem Unternehmen gängige Praxis, erwächst hieraus eine Kultur der Mittelmäßigkeit und Inkonsequenz. Diese kann sich zum Beispiel darin artikulieren, dass Vorhaben zwar exakt geplant werden, doch die definierten Ziele regelmäßig nur teilweise oder zeitlich verzögert erreicht werden. Oder darin, dass eine konsequente Marktbearbeitung zwar propagiert wird, Angebote jedoch selten nachtelefoniert werden. Denn einig sind sich alle Beteiligten: Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird, Nachlässigkeiten sind erlaubt.

 Erwartungen deutlich artikulieren

Generell gilt: Mitarbeiter können die gewünschte Leistung nur erbringen, wenn sie wissen, welche Anforderungen an sie gestellt werden. Und hier beginnt oft das Dilemma. Viele Führungskräfte delegieren zwar Aufgaben an ihre Mitarbeiter. Sie vereinbaren mit dem Mitarbeiter aber nicht, was sie von ihm, aufgrund seiner Funktion und Position sowie seiner Fähigkeiten und seines Einkommens, erwarten. Sie formulieren nicht, wie die Aufgaben zu erfüllen sind und welchen Ansprüchen die Lösung genügen muss.

Außerdem klären Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern häufig nicht, welche Konsequenzen es hat, wenn die Aufgabe nicht adäquat wahrgenommen wird – für die Organisation und den Mitarbeiter. Die Folge: Verhängt eine Führungskraft Sanktionen, weil ein Mitarbeiter die geforderte Leistung nicht erbrachte, dann empfindet dieser es als Willkür. Denn ihm war weder klar, was von ihm erwartet wird, noch war er sich der Konsequenzen bewusst, wenn er die Erwartungen nicht erfüllt. Zum Beispiel, dass er dann am Wochenende nacharbeiten muss. Oder der finanzielle Bonus entfällt. Und weil der Mitarbeiter dies nicht wusste, empfindet er die Sanktion als ungerecht und nicht als logische Folge seines Verhaltens. Dann ist der Chef „der Böse“. Führungskräfte sollten also neu lernen, Klartext zu reden und von ihren Mitarbeitern die nötige Verbindlichkeit einzufordern.

Kritik an Situation und Gegenüber anpassen

Beim Kritisieren von Mitarbeitern gilt es verschiedene Situationen zu unterscheiden: Erbringt ein ansonsten guter Mitarbeiter ein Mal die geforderte Leistung nicht, schauen viele Führungskräfte darüber hinweg. Das ist falsch! Suchen Sie als Führungskraft auch dann das Gespräch mit dem Mitarbeiter – allein schon, um ihm zu signalisieren „Ich habe es registriert“ und zu vermeiden, dass sich Gewohnheiten einschleichen. Teilen Sie ihm in dem Gespräch stets nochmals mit, dass Sie ansonsten mit seiner Leistung zufrieden sind, weshalb Sie ihm viele Gestaltungs- und Entscheidungsfreiräume einräumen. Vermitteln Sie dem Mitarbeiter also, dass Sie ihn aufgrund der guten Erfahrungen in der Vergangenheit mit Vertrauen – also an der langen Leine – führen und dies auch künftig gerne tun möchten. Klären Sie dann mit dem Mitarbeiter, warum er im konkreten Einzelfall nicht die übliche Leistung erbrachte. Denn dies kann unterschiedliche Ursachen haben. Machen Sie in dem Gespräch auch deutlich: Der Mitarbeiter hat die Pflicht, an seine Führungskraft ein Signal zu senden, wenn er spürt „Ich schaffe es nicht“ – egal warum. Dies ist eine Grundvoraussetzung für ein Führen mit Vertrauen. Denn gibt der Mitarbeiter das Signal rechtzeitig, ist noch ein Gegensteuern möglich. Kommt das Signal zu spät, kann die Führungskraft nur feststellen: Das Kind ist in den Brunnen gefallen.

Anders ist die Ausgangslage, wenn ein Mitarbeiter seine Aufgaben regelmäßig nicht adäquat erfüllt – obwohl er die Anforderungen kannte. Dann sollten Sie sich als Führungskraft zunächst fragen: Wie ging ich bisher mit solchen Situationen um? Sah ich stillschweigend darüber hinweg oder habe ich den Mitarbeiter schon mehrfach auf seine Versäumnisse hingewiesen und ihm die Konsequenzen aufgezeigt? Sahen Sie in der Vergangenheit darüber hinweg, sollten Sie nicht sofort den „Dampfhammer“ auspacken. Denn ein solches Verhalten empfindet der Mitarbeiter als ungerecht, weil Sie als Vorgesetzter in der Vergangenheit ein entsprechendes Verhalten ja tolerierten. Also sollten Sie als Führungskraft im Gespräch dem Mitarbeiter zunächst aufzeigen, warum Sie mit seiner Leistung unzufrieden sind und ihm darlegen, welche Erwartungen Sie künftig an ihn haben. Danach sollten Sie ihn fragen, ob er sich zutraut, diese Erwartungen zu erfüllen und, wenn ja, welche Unterstützung er benötigt. Kurz: Sie müssen die Zusammenarbeit auf eine neue Basis stellen, indem Sie Ihre Erwartungen klar artikulieren.

Klarheit und Konsequenz würdigen auch die Mitarbeiter

Ein wiederum anderes Führungsverhalten ist angesagt, wenn ein Mitarbeiter regelmäßig die Erwartungen nicht erfüllt, obwohl er diese und die möglichen Folgen eines Fehlverhaltens kannte. Dann gilt es im Gespräch zunächst zu konstatieren: Die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Danach sollten Sie die Ursache ermitteln. War der Mitarbeiter überfordert, sind zwei Konsequenzen möglich: Entweder er erhält künftig andere Aufgaben oder er wird beim Wahrnehmen seiner Aufgaben stärker kontrolliert. Das heißt, Sie gehen als Führungskraft häufiger auf ihn zu und fragen ihn zum Beispiel: „Was haben Sie bisher getan?“, „Was sind Ihre nächsten Schritte?“, „Welche Unterstützung brauchen Sie?“. Sie führen den Mitarbeiter also straffer. Dies sollte sich auch in der Bezahlung widerspiegeln. Denn es macht einen qualitativen Unterschied, ob ein Mitarbeiter Aufgaben eigenverantwortlich oder nur mit Anleitung erfüllt.

Wieder anders ist die Ausgangslage, wenn ein Mitarbeiter nicht bereit ist, die gewünschte Leistung zu erbringen, obwohl er dies aufgrund seiner Kompetenz und der Rahmenbedingungen könnte. Dann sollten sie ihm verdeutlichen, dass er mit seiner Leistungsverweigerung auch das Arbeitsverhalten seiner Kollegen negativ beeinflusst. Dies kann kein Unternehmen tolerieren. Also muss der Mitarbeiter die angekündigten Konsequenzen tragen. Diese Konsequenzen können situationsabhängig sehr verschieden sein. Erfüllt der Mitarbeiter seine Aufgaben nicht rechtzeitig, kann die Konsequenz lauten: „Dann müssen Sie eben – wie vereinbart – unbezahlte Überstunden machen.“ Oder wenn die Qualität der Leistung zu wünschen übrig lässt: „Dann kann ich Ihnen künftig nur noch Routineaufgaben übertragen, weshalb eine Gehaltserhöhung nicht möglich ist.“

Kurz: Der Mitarbeiter muss spüren, dass Ihren Worten Taten folgen. Er muss zudem begreifen: Sanktionen fallen nicht vom Himmel, sie sind eine logische Folge meines Verhaltens. Registrieren Mitarbeiter dies, sind sie in der Regel nicht sauer auf ihre Führungskraft, wenn diese eine Sanktion verkündet, denn sie wissen: Ich habe mir die Suppe selbst eingebrockt. Meine Führungskraft reagiert nur auf mein Verhalten. Folgendes sollten Sie beim Formulieren von Kritik jedoch stets beachten: Kritisieren Sie Mitarbeiter nie vor Kollegen, sondern stets hinter verschlossenen Türen. Außerdem: Kritisieren Sie stets das Verhalten und nie die Person. Und signalisieren Sie Ihren Mitarbeitern: „Es liegt an Ihnen, wie sich unsere Beziehung mittel- und langfristig gestaltet, denn ich reagiere nur auf Ihr Verhalten.“ Mit einer Ausnahme: Sie betrachten den Mitarbeiter als unverbesserlich. Dann sollten Sie sich von ihm trennen.

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