Ein aktuelles Beispiel für die eingangs gestellte These bieten die Normen DIN11851 in der Fassung von 1998 sowie die DIN11864. Denn ein aktueller Werkstofftest zeigte, dass einige der in den Normen empfohlenen Dichtungswerkstoffe in CIP-Reinigungsmitteln den neu entwickelten Fluorkau-tschuk-Mischungen (FKM) der Werkstofffamilie Resifluor 500 deutlich unterlegen sind. Damit verweist der neue Werkstoff die in den genannten Normen empfohlenen Dichtungsmaterialien auf die nachfolgenden Ränge, wenn es darum geht, optimale Lösungen für statische und dynamische Abdichtungen in der Hygieneprozesstechnik zu finden.

Bei dem systematisch durchgeführten Werkstofftest ging es um die Frage, welche Werkstoffgruppen – EPDM-, Fluor-elastomer- oder Perfluorelastomer-Werkstoffe – das technische Optimum für die Abdichtung von Armaturen sind, vor allem dann, wenn die Dichtungen sowohl mit den reinen Produkten als auch mit Reinigungs- und Sterilisationsmitteln sowie mit Heißdampf in Kontakt treten. Alle Testergebnisse lassen sich auf alle Formen von Dichtungen beziehen: O-Ringe, Membranen und teilweise sogar anspruchsvolle Formteile.

Werkstoffe müssen hartenBedingungen standhalten

Die getesteten Dichtungswerkstoffe wurden mit Blick auf ihre spezifische Eignung hinsichtlich der Reinigungs- und Sterilisationsverfahren der Hygienebranchen ausgewählt, eben auch entsprechend der in den beiden Normen ausgesprochenen Empfehlungen. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass einige der normgerechten Dichtungswerkstoffe bei der Herstellung von Pharmazeutika, Nahrungs- und Genussmitteln sowie Getränken vorwiegend in Form statischer Dichtungen zur Abdichtung von Ventilen, Rohrleitungen, Schläuchen und Fittings eingesetzt werden. Dabei kommen sie mit reinen Produkten oder Vorprodukten in Berührung. Leider fielen bei der Studie einige der normkonformen Werkstoffe durch, vor allem, wenn die daraus hergestellten Dichtungen auch CIP- und SIP-Reinigungs- bzw. Sterilisationsflüssigkeiten und Heißdampf ausgesetzt wurden.

Werden die Anlagen bei erhöhten Temperaturen zwischen 60 und 90°C gereinigt und mit Heißdampf zwischen 130 und 150°C entkeimt, stellt dies eine enorme Belastung für Dichtungen und Membranen aus Elastomerwerkstoffen dar. Dieser Stress führt bei vielen Dichtungen zu vorzeitigem Altern und damit zu Leistungsverlusten und Leckagen. Folglich müssen alle O-Ringe und Dichtungen, die mit den Produkten sowie den Reinigungs- und Sterilisationsmedien in Kontakt gelangen, zu diesen Mitteln kompatibel sein und auch der Dampfsterilisation bei bis zu 150°C widerstehen. Darüber hinaus muss beachtet werden, dass die CIP-Prozesse die Dichtungswerkstoffe über die thermische und chemische Beanspruchung hinaus auch mechanisch stark beanspruchen. Dazu trägt die hohe Strömungsgeschwindigkeit der Medien bei, die häufig 1,5m/s übersteigt. Im Allgemeinen müssen Dichtungen, die in der Pharmazie oder in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden, folgenden Anforderungen entsprechen:

  • Der Dichtungswerkstoff muss resistent sein gegen die zu fördernden Produkte sowie die CIP-Chemikalien und den Sterilisationsprozess (SIP) bei bis zu 150°C.
  • Die Auswahl des Dichtungswerkstoffs muss alle Stoffe berücksichtigen, die mit den Dichtungen während und nach dem Produktionsprozess in Berührung kommen.
  • Die toxikologische Unbedenklichkeit stellt eine Maxime dar, weshalb Dichtungen für Hygieneprozesse die Anforderungen der Regelwerke FDA, 3-A, USP und usw. erfüllen müssen sowie die seit Oktober 2006 geltende EU-Direktive 1935/2004.
  • Bei der Konstruktion von Dichtungen, Formteilen und Membranen muss beachtet werden, dass die Teile leicht zu säubern sind.
  • Auf totraumfreien Einbau ist ebenfalls zu achten.
  • Die Dichtungen müssen außerdem resistent sein gegen Abrieb.

Tests bringen die Wahrheit ansTageslicht

Ausgehend von der Tatsache, dass jeder Anlagenstillstand aufgrund einer zerstörten Dichtung dem Betreiber weitaus höhere Kosten auferlegt als höherwertige Dichtungen aus technologisch anspruchsvollen Werkstoffmischungen, wurde neben den bislang gebräuchlichen Dichtungswerkstoffen neu entwickelte Hochleistungsblends in die Versuchsreihen integriert. Um ganz sicher zu sein, dass die Prüfbedingungen der gängigen Industriepraxis entsprechen, wurden darüber hinaus Hersteller von CIP-Reingungsflüssigkeiten konsultiert.

Für die Untersuchungen wurden die marktüblichen CIP-Chemikalien für den Einsatz in der Pharmaindustrie gewählt. In diese Medien wurden die Dichtungswerkstoffe im Rahmen der umfangreichen Tests eingelagert. Diese CIP-Mittel lassen sich prinzipiell in vier Kategorien einteilen, entsprechend ihrer Spezialisierung auf den Abbau von Protein, anorganischen Substanzen sowieFetten etc.

Der gängigen Praxis folgend, nach der Detergenzien oft mit ätzenden oder säurehaltigen Mitteln gemischt werden, um biologische Verunreinigungen zu entfernen, wurden auch solche Lösungen in die Tests aufgenommen. Gleiches gilt hinsichtlich der Sterilisationsphase (SIP), für die üblicherweise Heißdampf zwischen 130 und 150°C verwendet wird. Alkalische CIP-Flüssigkeiten mit aktivem Chlor wurden hingegen nicht geprüft.

Zusätzlich zu den CIP-Reinigungsmitteln wurden die Tauchbäder auch mit typischen CIP-Lösemitteln wie Toluol, Hexan und Aceton gefüllt, da auch sie zur Säuberung der pharmazeutischen Produktionsanlagen verwendet werden. Diese Vorgänger der heute üblichen CIP-Flüssigkeiten sind noch immer in Gebrauch, nicht zuletzt in Anlagen zur Produktion pharmazeutischer Vorprodukte.
Die genannten Bedingungen stellen für viele Dichtungen aus Elastomerwerkstoffen eine enorme Belastung dar. Dabei werden vor allem Standardfluorelastomere (FKM) auf der Basis von Vinylidenfluorid chemisch durch die alkalischen CIP-Medien angegriffen – aber auch durch organische Säuren wie Ameisen- und Essigsäure kommt es zu starken Volumenquellungen, die schließlich zum Dichtungsausfall führen.
Da andererseits EPDM-Dichtungen nicht eingesetzt werden können, wenn fett- oder ölhaltige Produkte wie Salben verarbeitet werden, entstand eine Nachfrage nach speziellen Fluorelastomeren, die die Schwächen der konventionellen, sauren Standardfluorelastomere überwinden.
Die Werkstoffe VCT90 und VCT95 aus der Produktfamilie Resifluor 500 bestehen auf einem weitgehend unpolaren Fluorelastomerpolymer ohne das acide Vinylidenfluorid, wodurch eine sehr gute Beständigkeit gegen Alkalien, Säuren und Lösemittel erreicht wird. So beträgt die Quellung in 30%iger Kalilauge bei 150°C über drei Tage hinweg nur 12%. Beide Werkstoffe erfüllen außerdem die Anforderungen der FDA und die Standards gemäß USP <88> (USP Class VI)

Neuartige Probanden mit im Test

Die flüssigen CIP-Chemikalien greifen die meist aus Edelstahl hergestellten prozesstechnischen Anlagen nicht an. Hingegen können sie an elastomeren Dichtungen schwere Schäden verursachen, vor allem, wenn hohe Temperaturen, thermische Belastung und Druck mit im Spiel sind. Die meisten internationalen Normen, wie ASME PBE – Standard 2002, EHEDG Dokument Nr. 8 oder DIN 11864, empfehlen eine Vielzahl von Elastomeren, wie dampfbeständige Elastomere oder Fluoroelastomere als Dichtungswerkstoffe für statische O-Ringe und andere Dichtungen. Getestet wurden:

  • Drei Ethylen-Propylen-Dien-Gummimischungen (EPDM), E7502, E7518 und E8502 die praktisch alle frei von Weichmachern und peroxidisch vernetzt sind, so dass sich eine minimale Schrumpfung und eine sehr gute chemische Beständigkeit gegen CIP-Flüssigkeiten und Heißdampf ergibt.
  • Zwei Standardfluorelastomere (FKM) V70GA und V8605, die jedoch in alkalischen CIP-Medien, einigen säurehaltigen CIP-Medien sowie in Heißdampf (130°C) deutliche Schwächen aufweisen, wie vorherige Tests schon ergeben haben;
  • die neu entwickelten Fluorelastomere Resifluor 500 (FKM), VCT90 und VCT95 mit einem erhöhten Fluoranteil und einer neuartigen Polymer-Architektur, die zu einer sehr hohen chemischen Beständigkeit gegenüber CIP-Medien und Heißdampf führt;
  • zwei Isolast-Perfluorelastomere (FFKM) J9515 und J9516 aus der Elastomerkategorie mit der höchsten chemischen Beständigkeit bezüglich nahezu aller flüssigen Chemikalien, CIP-Medien, Lösemittel und Heißdampf bis zu 240°C.

Alle Werkstoffe entsprechen dem FDA-Paragraphen 21 CFR 177.2600 „Rubber articles intended for repeated use“ und damit für Gummiartikel für den wiederholten Gebrauch. Alle Kunststoffmischungen erfüllen darüber hinaus Anforderungen wie 3-A für den Gebrauch in den Molkereianwendungen und sind zertifiziert gemäß USP (Cytotoxizität) und USP (Class VI). Das Erfülleng dieser Richtlinien ist nach Prüfung und Validierung die Voraussetzung für den Einsatz in der Bio-Verfahrenstechnik und in pharmazeutischen Prozessen.

Kriterien für Dichtungswerkstoffe in CIP-Flüssigkeiten

Aufgrund der totraumfreien Installation der Dichtungen werden enge Grenzen hinsichtlich der Volumenänderung, der Änderung der Zugfestigkeit sowie der Änderung der Bruchdehnungsverhaltens vorgegeben. Das Prädikat „ausgezeichneter Dichtungswerkstoff“ wird nur an Dichtungswerkstoffe vergeben, deren Volumenänderung unter 5 % liegt. Bereits ab einer Quellung von mehr als 10 % erfolgt eine Abwertung zum „ungeeigneten Dichtungswerkstoff“ Hinsichtlich Änderung der Zugfestigkeit und der Bruchdehnung gelten ±30% als kritisch.

Von den Testergebnissen können folgende Erkenntnisse abgeleitet werden:

  • Alle EPDM-Werkstoffe eignen sich aufgrund ihrer unpolaren Natur sehr gut als Dichtungswerkstoffe für aseptische Prozesse aufgrund ihrer sehr guten Verträglichkeit mit wässrigen CIP-Flüssigkeiten, polaren CIP-Lösemitteln und Heißdampf bis zu 150°C. Die geprüften Werkstoffe sind praktisch frei von Weichmachern und peroxidisch vernetzt. Für den Einsatz in unpolaren CIP-Lösemitteln sind sie jedoch ungeeignet, ebenso wenn fetthaltige und ölhaltige Produkte wie Salben abzudichten sind.
  • Die beiden untersuchten Standard-FKM-Typen können nicht empfohlen werden, da sie deutliche Schwächen in den alkalischen Medien zeigten sowie in vielen säurehaltigen Flüssigkeiten und im Dampf. Dies liegt an der säurehaltigen Vinylidenfluorid-Polymer-Struktur, die sie verletzbar gegenüber diesen Stoffen macht. In lösemittelbasierten CIP-Anwendungen können sie lediglich an unpolaren Lösemitteln eingesetzt werden.
  • Die Fluorkautschuk-Mischungen VCT90 und VCT95 aus der Reihe der Resifluor 500-Werkstoffe eignen sich dank nur geringfügig erhöhter Volumenquellung in den polaren Lösemitteln sehr gut in allen CIP-Flüssigkeiten und im Dampf. Folglich stellen sie eine gute Alternative zu Standard-FKM und Perfluorelastomeren dar, wenn die Prozessflüssigkeiten auf öligen oder fetthaltigen Produkten basieren. Aufgrund der Polymerarchitektur schließen diese Werkstoffe die strategische Lücke zwischen Standard Fluorelastomeren und Perfluorelastomeren.
  • Die beiden Isolast Perfluorelastomere (FFKM) J9515 und J9516 zeigten die beste Leistung in allen CIP-Flüssigkeiten, aber auch im Dampf und in polaren und unpolaren CIP-Lösemitteln. Somit stellen daraus hergestellte Elastomerdichtungen eine Universallösung für alle aseptischen Anwendungen dar. Die Isolast Perfluorelastomere sind in den beschriebenen Anwendungen am besten geeignet.

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