Mann in Arbeitskleidung

(Bild: Krakenimages.com – AdobeStock)

Frau Liebermeister, Sie betonen oft, Emotionen seien ein wichtiger Erfolgsfaktor. Was veranlasst Sie hierzu?
Unsere Alltagserfahrung. Wenn wir etwas gerne tun, fällt es uns leicht und wir machen es besser. Zudem stecken wir andere Menschen mit unserer Begeisterung an. Oder anders formuliert: Wir nehmen sie für uns ein. Wenn wir hingegen Widerwillen verspüren, dann fällt es uns schwer und wir strahlen dies auch aus.

Daraus folgern Sie: Wer gut drauf ist, kommt beruflich eher ans Ziel.
... und privat.

Die meisten Menschen sind aber nicht immer gut drauf.
Deshalb sollten wir lernen, unsere Gefühle zu beeinflussen und zu steuern.
Geht das?
Ja, denn unsere Gefühle spiegeln unsere Gedanken wider. Wenn wir denken „Schon wieder muss ich eine Präsentation erstellen“, dann machen wir uns auch unwillig ans Werk. Und wenn wir vorab denken „Bei dieser Verhandlung habe ich wenig Chancen“, dann gehen wir auch unsicher in sie, und unsere Erwartungen erfüllen sich wie von selbst. Denn unsere Gefühle spiegeln sich in unserer Sprache und Körpersprache wider, und unsere Gesprächspartner reagieren entsprechend auf uns. Wenn also unsere Gedanken unsere Gefühle und diese wiederum unser Verhalten beeinflussen, dann können wir, indem wir unsere Gedanken ändern, auch unsere Wirkung und unseren Erfolg beeinflussen.

Das klingt schlüssig. Doch was nutzt dieses Wissen zum Beispiel einer Führungskraft, der es vor einem Mitarbeitergespräch graut?
Wenig, wenn sie grundsätzlich lieber eine Fachkraft wäre. Dann hat sie die falsche Position. Anders ist es, wenn sie mal einen schlechten Tag hat oder es ihr vor dem Gespräch zum Beispiel graut, weil sie dem oder den Mitarbeitern eine schlechte Nachricht verkünden muss. Dann kann sie ihre Gedanken und Gefühle durchaus verändern.
Wie?
Zum Beispiel, indem sie sich bewusst macht, dass jedes Ding mindestens zwei Seiten hat. Angenommen der Führungskraft graut es vor dem Gespräch, weil sie darin einem Mitarbeiter eine negative Rückmeldung geben muss. Dann kann sie denken: „Reine Zeitverschwendung. Der Mitarbeiter ändert sein Verhalten ja doch nicht.“ Sie kann aber auch denken: „Toll, endlich kann ich unsere Zusammenarbeit auf ein neues Fundament stellen.“ Dann geht sie positiver und entspannter ins Gespräch. Insbesondere wenn sie sich zudem vorab überlegt: Was kann mir in dem Gespräch eigentlich passieren? Höchstens, dass der Mitarbeiter die Notwendigkeit einer Verhaltensänderung nicht einsieht. Dann muss ich ihn eben auf die möglichen Konsequenzen hinweisen. Läuft es aber gut, dann habe ich eine ständige Quelle des Ärgers vom Hals und einen Mitstreiter gewonnen. Auch das steigert die Zuversicht und schon nimmt das Gespräch einen anderen Verlauf.

Warum?
Wenn wir selbstbewusst und zuversichtlich in ein Gespräch gehen, dann wirken wir auch souverän. Außerdem nehmen wir unsere Partner bewusster wahr. Also können wir auch gezielter agieren, und zum Beispiel, wenn uns eine Person beim Betreten ihres Büros mürrisch anblickt, trotzdem freundlich lächelnd sagen: „Guten Tag, Herr Müller, Ihr Schreibtisch macht den Eindruck, als hätten Sie viel zu tun.“ Dann verändert sich die Situation meist schlagartig. Denn wir signalisieren unserem Gesprächspartner, dass wir uns für ihn als Person interessieren. Also öffnet er sich uns und wir können leichter unsere Ziele erreichen.

Aber jeder hat doch auch mal einen schlechten Tag.
Ja. Deshalb sollten sich Berufstätige einen Koffer voller Techniken zulegen, um ihre Gefühle kurzfristig zu beeinflussen.

Haben Sie hierfür ein Beispiel?
Oft genügt es vor einem wichtigen Gespräch ein, zwei Minuten Grimassen zu schneiden – wie ein Clown. Wenn Sie das tun, merken Sie, wie sich bei Ihnen andere Gedanken und Gefühle einstellen. Oder Sie denken an eine Situation, in der Sie rundum zufrieden und mit sich eins waren und durchleben in Gedanken nochmals die Gefühle, die Sie damals empfanden. Auch dann stellen sich neue Gedanken und Gefühle ein. Wer dies regelmäßig tut, lernt mit der Zeit, sozusagen auf Knopfdruck positive Gefühle in sich wach zu rufen.

Genügt es nicht, sich vor wichtigen Gesprächen einen Ruck zu geben und ein Smiley-Gesicht aufzusetzen?
Nein. Denn dann lächelt zwar unser Mund, doch der restliche Körper und insbesondere unsere Augen, die der Spiegel unserer Seele sind, sprechen eine andere Sprache. Das spürt unser Partner – bewusst oder unbewusst. Deshalb erlebt er uns als nicht authentisch und somit unglaubwürdig. Also geht er auf Distanz. Eine Erfahrung, die Sie gewiss auch schon gesammelt haben – zum Beispiel, wenn ein Verkäufer Sie herzlich begrüßte, Sie aber spürten „Das kommt nicht von Herzen“.


Richtig. Ähnlich ist es, wenn jemand eine übertriebene Selbstsicherheit zur Schau stellt. Auch das spüren wir instinktiv. Deshalb wirkt ein aufgesetztes Verhalten meist kontraproduktiv. Also sollten wir lernen, unsere Gedanken und somit Gefühle so zu beeinflussen, dass unser Verhalten echt wirkt, weil es echt ist. Denn nur dann können wir andere Menschen für uns begeistern.

Frau mit Headset
„Berufstätige sollten sich einen Koffer voller Techniken zulegen, um ihre Gefühle kurzfristig zu beeinflussen.“
Barbara Liebermeister, Managementberaterin (Bild: Barbara Liebermeister)

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