Schutz von Produkten und Konsumenten durch eindeutige Kennzeichnung
  • Die Kennzeichnung kann von sehr simpel bis zu hochtechnisiert an unterschiedlichen Stellen wie den verschiedenen Komponenten der Verpackung oder auch direkt am Produkt durch physische oder chemische Marker erfolgen.
  • Produktfälscher müssen sich auf immer neue Kennzeichnungslösungen, die mitunter versteckt am Produkt angebracht sind, einstellen, was langfristig immense Kosten generiert.
  • Kennzeichnung stärkt das Vertrauen der Kunden und schützt vor ungerechtfertigten Garantieansprüchen.
  • Durch die Kennzeichnungsmechanismen lässt sich die Distributions- und Logistikkette nachvollziehen und optimieren.

Einzigartigkeit gilt als Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg eines Produktes. Genau hier treten Produktfälscher auf den Plan: Sie machen vor Patenten und Geschmacksmustern keinen Halt und kopieren vom Pfennigartikel bis zum tausende Euro teuren alles, wofür sie Abnehmer finden können. Von Apples mp3-Playern über Adidas-Turnschuhe bis hin zu Viagra-Tabletten von Pfizer – Produktpiraten finden einen Weg, ihre Fälschungen abzusetzen. Mal in besserer, mal in schlechterer Ausführung gefertigt sind Plagiate jedoch häufig für den Laien vom Original nicht zu unterscheiden.

Der Absatzmarkt für gefälschte Produkte ist heute auch dank des Internets für jeden und überall zugänglich und inzwischen milliardenschwer geworden. Das International Chamber of Commerce (ICC) schätzt, dass fünf bis sieben Prozent aller weltweit gehandelten Waren Fälschungen sind. Das entspricht einem Wert von rund 600 Mrd. US-Dollar. Wie hoch der volkswirtschaftliche Schaden tatsächlich liegt, lässt sich jedoch nur schwer sagen. Fälschungen treten besonders häufig in der pharmazeutischen Industrie auf. Aber auch die Nahrungsmittel- und Investitionsgüterindustrie bleiben von diesem Problem nicht verschont.

Daher bestehen weitreichende Bemühungen von international agierenden Unternehmen und Organisationen, um die Produktpiraterie so effektiv wie möglich einzudämmen. Auch Staatsregierungen haben die Notwendigkeit von internationalen Abkommen erkannt, die Verbreitung von Produktfälschungen zu verhindern. Zu diesem Zweck haben am 30. September 2011 die ersten Staaten das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA), ein plurilaterales Handelsabkommen auf völkerrechtlicher Ebene, unterzeichnet. ACTA soll beispielsweise Regelungen bezüglich internationaler Kooperation, der Abstimmung des Gesetzesvollzugs und der Schaffung neuer Gesetze zur Verwertung geistigen Eigentums bereitstellen. Es umfasst gefälschte Waren, generische Medikamente sowie Urheberrechtsverletzungen im Internet.

Medizinbranche kämpft vereint gegen Produktfälscher

In einigen wenigen Branchen wie der pharmazeutischen Industrie existieren bereits etablierte Organisationen gegen Produktfälschungen. Denn nicht jeder gefälschte Artikel hat solch gravierende Auswirkungen auf den Verbraucher bzw. Konsumenten, wie Imitationen von pharmazeutischen Produkten. Abgesehen vom finanziellen Schaden für die Hersteller können nachgeahmte Arzneimittel auch die Gesundheit der Konsumenten gefährden – entweder durch Unwirksamkeit, Über- oder Unterdosierung der Wirkstoffe oder durch gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe. Erinnert sei hier an einen Vorfall in Afrika, wo einem Hustensaft Frostschutzmittel anstatt Glycerin beigemengt war. Dieses gefälschte Medikament hat vor einigen Jahren mehrere Hundert Menschen das Leben gekostet.

Für den Kampf gegen Arzneimittelfälscher hat die World Health Organisation (WHO) die International Medical Products Anti-Counterfeiting Taskforce (IMPACT) ins Leben gerufen – als Reaktion auf die sich ausweitende Krise des öffentlichen Gesundheitswesens durch gefälschte Arzneimittel. Seit 2006 versucht die Organisation, koordinierte Netzwerke zwischen Staaten zu erschaffen, um Produktion, Handel und Verkauf von gefälschten Medikamenten zu unterbinden. IMPACT wird getragen von verschiedenen Partnern wie internationalen Organisationen, Nichtregierungs-Organisationen, Strafverfolgungsbehörden, Pharma-Herstellerverbänden sowie Drogen- und Regulierungsbehörden. Dazu zählen zum Beispiel die Food and Drug Administration (FDA), die World Trade Organization (WTO), die Europäische Kommission und die Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD). Die Arbeitsgruppen der Taskforce arbeiten unter anderem an gesetzlichen Rahmenbedingungen, der Implementierung und Vollstreckung von Regelwerken sowie Technologien zur Fälschungssicherheit und Rückverfolgbarkeit von Arzneimitteln.

Die Experten von IMPACT agieren auf Basis der Annahme, dass es momentan noch nicht möglich ist, eine weltweit einheitliche Lösung für die Rückverfolgbarkeit von Medikamenten durchzusetzen. Bis die Möglichkeit besteht, weltweit einheitliche Standards zu implementieren, fordert sie die Hersteller von Kennzeichnungsmethoden auf, Strategien zur Fälschungssicherheit auszutesten und weiter zu entwickeln.

Verfügbare Mechanismen zur Kennzeichnung

Die Kennzeichnung von Produkten dient zum einen ihrer Authentifizierung und zum anderen dem Abschrecken von Produktpiraten. Denn schwer zu kopierende Kennzeichnungsmethoden bringen für die Nachahmer entweder immense technische Schwierigkeiten oder extrem hohe Kosten mit sich. Sie lassen sich grundsätzlich in drei Gruppen einteilen:

  • Offene bzw. sichtbare Marker (overt technologies)
  • Versteckte Marker (covert technologies)
  • Forensische Techniken (forensic techniques)

 

Offene Marker dienen zur Basisidentifikation eines Produktes. Sie sind daher in der Regel gut sichtbar auf einem Produkt, im Falle von Arzneimitteln etwa einem Vial bzw. seiner Verpackung, wie einer Faltschachtel, angebracht und schwer oder kostspielig nachzuahmen. Dazu zählen beispielsweise Hologramme, die nicht nur eine kundenspezifische Gestaltung ermöglichen und optional sogar durch verborgene, gerichtsverwertbare Merkmale den Fälschungsschutz erhöhen sondern auch die Optik des Produktes aufwerten. Auch Kippfarben sowie Sicherheitstinten und -filme, die in Abhängigkeit vom Blickwinkel einen Farbumschlag zeigen, gehören zu dieser Kategorie; diese Farben sind nur bei ausgewählten Herstellern erhältlich was einen zusätzlichen Sicherheitsaspekt eröffnet.

Die Markierung des Produktes an sich, beispielsweise einer einzelnen Tablette, gehört ebenso zu den offenen Kennzeichnungsmethoden. Sie bieten einen gewissen Schutz, da das Nachahmen etwa von Tablettenstempeln kostspielig und aufwendig ist. Auch lassen sich Kippfarben den Produkten wie Filmtabletten direkt zusetzen, sodass auch diese Farbveränderungen zeigen. So besteht noch eine gewisse Sicherheit, selbst wenn das Produkt sich nicht mehr in seiner Originalverpackung befindet. Denn erfolgt die Kennzeichnung an der Verpackung, besteht nie eine 100-prozentige Sicherheit, dass das Produkt nicht nachträglich ausgetauscht wurde, wenn keine zusätzlichen Kennzeichen wie Sicherheitssiegel angebracht wurden. Die Verpackung als solche lässt sich durch abgeschrägte Kanten oder Ähnliches gegenüber Standardausführungen individualisieren.

Sicherheitsgrafiken, die aus dem Druck feiner Linien, Mikrotexten oder -bildern ähnlich wie bei Banknoten bestehen, vereinen offene und verdeckte Designmerkmale wie Guillochen, Sicherheitsraster und Linienprägung. Sie können auch als Hintergrund oder an einer weniger auffälligen Stelle positioniert werden.

Die offenen Merkmale bieten jedoch nur dann einen Schutz, wenn sich der Händler bzw. Verbraucher dem Produkt mit einer gewissen Aufmerksamkeit widmet und für derartige Merkmale sensibilisiert wurde. Eine Zwischenstufe der Overt- und der Covert-Technologien bilden die halbverborgenen Marker. Dazu zählen die thermoreaktiven Drucke, bei denen sich – je nach Temperatur – die Farbe verändert.

Gewusst wo – verdeckte Kennzeichnung zur Produktvalidierung

Der Einsatz versteckter Marker ist zum einen dazu gedacht, dass der Markeninhaber gefälschte Produkte identifizieren und aus dem Verkehr ziehen lassen kann. Daher sollte nur der Hersteller über die genauen Details der Markierungen Kenntnis haben. Sie sind besonders schwer zu entdecken und zu kopieren. Der Endverbraucher wird sie jedoch entweder gar nicht bemerken oder nicht auf ihre Echtheit überprüfen können.

Zu dieser Kategorie der Markierungen zählt beispielsweise der Aufdruck unsichtbarer Tinten. Sie werden durch UV- oder Infrarot-Licht sichtbar. Eine andere Option bietet das Einbringen von speziellen fluoreszierenden Fasern, Wasserzeichen, Metallfäden, Duftstoffen oder chemischen Reagenzien in den Karton einer Produktverpackung.

Auch lässt sich der Druck selbst auf eine Art ausführen, dass er sich nicht kopieren lässt: Fein linierte Hintergrundmuster sehen wie eine einheitliche Farbfläche aus – werden sie jedoch kopiert oder gescannt, wird ein latentes Bild sichtbar, das zuvor nicht zu erkennen war. Zu den höher technisierten Verfahren zählt auch das Einbringen digitaler Wasserzeichen. In ihnen lassen sich Daten digital codieren und zur Echtheitsprüfung mittels Auslesegeräten und spezieller Software verifizieren. Ebenso stellt das Codieren mittels Lasern einen komplexen, aber besonders sicheren Weg zur fälschungssicheren Kennzeichnung dar, da hier der Einsatz kostenintensiver Technologie vonnöten ist, was viele potenzielle Fälscher abschreckt.

Hochtechnisierte Methoden für nahezu vollständige Sicherheit

Bei forensischen Kennzeichnungstechniken lassen sich die Markierungen nur mittels spezieller Hilfsmittel erkennen. Streng genommen gehören sie zu den Cover-Technologien; der Unterschied liegt allerdings in der Validierungsmethode. Zu ihnen zählen verschiedene Arten von Markierungsstoffen, sogenannten Taggants.

Ein Beispiel sind chemische Taggants und Markierung durch Isotope in einem bestimmten Verhältnis, die sich ausschließlich durch hochspezialisierte Reaktions- und Analyseverfahren erkennen lassen. Ein anderes Beispiel sind biologische und auch DNA-Taggants, bei denen kleinste Mengen in die Produktformulierung oder der Produktverpackung integriert als Kennzeichnung ausreichen. Für ihre Detektion sind ebenfalls hochentwickelte Analysegeräte notwendig. Ähnliche Anforderungen stellen forensische Marker wie Micro-Taggants, die aus mikroskopisch kleinen Partikeln oder Fäden bestehen und codierte Informationen enthalten können.

Forensische Kennzeichnungsmethoden sind zwar für den Hersteller sehr effektiv beim Erkennen von Plagiaten, jedoch sehr kostspielig zu implementieren und für den Endverbraucher nicht von Nutzen. Daher lohnt sich ihr Einsatz für den Hersteller vor allem bei extrem teuren Medikamenten und High-end-Produkten. In der Regel kommen jedoch nicht einzelne Kennzeichnungsmethoden, sondern Kombinationen der verschiedenen sichtbaren und unsichtbaren Technologien zum Einsatz.

Rückverfolgbarkeit an jedem Punkt der Lieferkette

Um nicht nur die Echtheit eines Produktes, sondern auch seine Rückverfolgbarkeit zu ermöglichen, werden Produkte schon seit vielen Jahren mit Track & Trace-Maßnahmen markiert bzw. serialisiert. Dadurch lassen sich die Warenein- und -ausgänge pro Handelsstufe auf der Basis von Chargen oder sogar pro Packung nachverfolgen. Dafür muss das Produkt durch einen eindeutigen Code gekennzeichnet sein, in dem beispielsweise Produktname, Chargennummer und gegebenenfalls Verfallsdatum gespeichert werden. Bei komplexeren Codierungen lassen sich weitere Produktionsdetails oder Einzelheiten, etwa des Handelsweges, codieren. Je individueller die Codierung bzw. Serialisierung – von Palettengröße, über Kartons bis hin zu individueller Einzelverpackung – ist, desto höher ist die Sicherheit der Echtheit eines Produktes. Dafür können verschiedene Methoden zum Einsatz kommen:

  • Barcodes
  • 2D-Codes
  • RFID-Tags

Die linearen Barcodes sind inzwischen seit Jahrzehnten im Einsatz und haben sich weltweit bewährt und durchgesetzt. Jedoch ist ihre Datenspeicher-Kapazität begrenzt, und daher eignen sie sich kaum für die Individualisierung einzelner Produkte. Deutlich mehr Informationen lassen sich in einem 2-dimensionalen Code, kurz 2D-Code, hinterlegen. Auf einer Fläche über zwei Dimensionen werden hier die Informationen verschlüsselt. Die Matrix-Codes haben sich ebenfalls weltweit etabliert, lassen sich mit einer CCD-Kamera scannen und sind weitaus weniger Variantenreich als Barcodes. Daher und aufgrund ihrer höheren Informationsdichte eignen sie sich besser für die international einheitliche und eindeutig rückverfolgbare Kennzeichnung von Produkten. RFID, also radio-frequency identification, ist die Kennzeichnung mithilfe von Transpondern. Diese lassen sich mittels spezieller Lesegeräte auslesen und je nach Bauart auch wieder beschreiben. Die Transponder können inzwischen mithilfe von Druckverfahren hergestellt werden und sind heute deutlich kostengünstiger als noch vor einigen Jahren – verglichen mit einfacher Barcode- oder 2D-Code-Bedruckung jedoch noch recht teuer. Auch das Equipment zum Auslesen der Informationen aus einem Tag ist in der Regel kostspieliger als beispielsweise ein Barcodescanner.

Abgesehen von den individuellen Kennzeichnungsmethoden gibt es noch diverse Möglichkeiten, die Produktverpackung als solche sicher zu gestalten. Neben den bereits erwähnten Methoden kommen hierzu vor allem spezielle Verschlussetiketten und Klebestreifen sowie das Einbringen von Mikropartikeln und Duftstoffen in den Etikettenkleber als Erstöffnungsnachweis oder Manipulationsschutz infrage.

Bei Medikamentenkennzeichnung herrscht noch Uneinigkeit

Die FDA empfiehlt bereits heute den Einsatz von RFID-Tags, zumindest zur Kennzeichnung von Medikamenten. Die Experten von IMPACT sehen in der RFID-Technologie ebenfalls weitreichende Möglichkeiten zur Produktkennzeichnung, favorisieren bis zur Ausreifung der RFID-Technologie aber die derzeit am besten erprobten 2D-Codes. In der Europäischen Union wird momentan an einer einheitlichen Kennzeichnung von Medikamenten gearbeitet. Die Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen Parlaments und Rates schreibt die Angaben auf der Umhüllung bzw. Primärverpackung von Arzneimitteln vor, die künftig bestimmte Sicherheitsmerkmale aufweisen sollen, um die Echtheit eines Medikaments zu überprüfen und zusätzlich zu kontrollieren, ob die Verpackung manipuliert wurde. Als wahrscheinlichstes individuelles Erkennungsmerkmal gilt der 2D-Code, in dem sich zum Beispiel eine einzigartige, randomisierte Seriennummer, die Charge, das Verfallsdatum und eine Pharmacy Product Number (PPN) speichern lässt.

Nach einer Testphase zur technischen Durchführung einer Produktserialisierung sollen im Jahr 2015 die Sicherheitsmerkmale verbindlich umgesetzt werden. Dann soll eine End-to-end-Verifikation auf Basis einer zentral gesteuerten Datenbank möglich sein. Inwieweit der Endverbraucher in den Verifikationsprozess eingebunden werden kann, ist noch unklar. Jedoch eröffnen die modernen Kommunikationsmöglichkeiten, beispielsweise in Form von Smartphones, neue Wege für die Fälschungserkennung auch durch den Verbraucher.

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