Statusbericht Single-use-Technologien
  • Single-use-Technologien bieten ein breites Spektrum für das Upstream Processing, während im Downstream-
  • Bereich noch Nachholbedarf besteht.
  • Prozessmonitoring und Automatisierung haben noch nicht das gleiche Level erreicht wie im traditionellen Bereich.
  • Herausforderungen liegen vor allem im Facility Layout, der Handhabung sowie der Entsorgung.

In den vergangenen zehn Jahren hat die Vielfalt und Anzahl der auf dem Markt erhältlichen Single-use-Systeme in biopharmazeutischen Entwicklungs- wie auch Produktionsprozessen stetig zugenommen. Im Jahr 2009 wurde eine jährliche Wachstumsrate von 35 % erreicht, die vor allem Produkten für das Upstream Processing zuzuschreiben war.

Breites Produktspektrum für das Upstream Processing

Heute kann der Anwender auf eine Vielzahl von Produkten unterschiedlichster Anbieter zurückgreifen. Die Single-use-Systeme werden dabei mehrheitlich in Prozessen genutzt, in denen proteinbasierte Biotherapeutika aus Säugerzellen das Zielprodukt sind. Die Verfügbarkeit eines weiten Spektrums an Komponenten, geeigneten Sensoren und Single-use-Pumpen erlaubt heute das Realisieren eines kompletten Single-use-Upstream-Processing bis 2 m3 Kulturvolumen. Wellendurchmischte Bioreaktoren sind ebenso erhältlich wie gerührte Single-use-Bioreaktoren in verschiedenen Ausführungen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich Größe, Wirk- und Mischprinzip sowie Instrumentierung und zeichnen sich durch eine definierte Fluiddynamik aus. Für sich ständig wiederholende Teilaufgaben hat sich außerdem die Zusammenfassung verfahrenstechnischer Grundoperationen zu Prozessplattformen bewährt. Prozessplattformen sind technisch umgesetzte, gut definierte Abläufe von Prozessen oder Prozessschritten.

Technische Grenzen für den Einsatz der Single-use-Technologien im Upstream Processing ergeben sich aus den eingesetzten Kunststoffen. Ihnen sind hinsichtlich Stabilität, Einsatzbereich, Maßstabvergrößerung und Handling Grenzen gesetzt. Gegenwärtig liegt die Größengrenze anwenderseitig bei 1.000 bis 2.000 l Bagvolumen und 30“-Filterkartuschen, auch wenn herstellerseitig größere Bagsysteme (bis 5.000 l) offeriert werden. Anlagenkapazitäten oberhalb dieser Größenordnung werden durch die Anwender aktuell durch Parallelisierung bewerkstelligt.

Nachholbedarf im Downstream-Bereich

Obwohl der zunehmende Einsatz von Single-use-Technologien für das Upstream-Processing auch die Entwicklung von Systemen für das Downstream Processing nach sich zog, haben sie dort noch nicht die Bedeutung erlangt wie im Upstream-Bereich. Die zur Herstellung biopharmazeutischer Produkte angewendeten, verfahrenstechnischen Grundoperationen im Downstream-Bereich beinhalten klassische Filtrationsverfahren und chromatographische Schritte, aber auch neuartige Technologien wie funktionelle Filtrations- bzw. Absorptionsverfahren und „Mixed-Mode“-Technologien.

Wie im Upstream-Processing kommen auch im Downstream-Processing die Hauptvorteile beim Einsatz von Single-use-Technologien gegenüber klassischen, wiederverwendbaren Systemen zum Tragen: niedrigere Investitionskosten, verkürzte Entwicklungs- und Implementierungszeiten, reduzierter Qualifizierungs- und Instandhaltungsaufwand sowie erhöhte Flexibilität. Dennoch besteht im Downstream-Bereich noch Nachholbedarf. Schon etabliert sind Einwegmischer bis 1.000 l sowie die Einwegversionen klassischer Mikrofiltrations- (0,1/0,2 µm) und Tiefenfiltrationssysteme, während die Ultrafiltration nach wie vor ein Flaschenhals ist. Ganz anders verhält sich die Situation bei den chromatographischen Systemen. Den Vorteilen Flexibilität und reduzierter Zeit- und Kostenaufwand durch vorgepackte, sofort nutzbare Säulen (ready-to-use) stehen die Kosten für die eingesetzten chromatographischen Gele als Nachteil gegenüber. Für Prozesse mit häufigen Ernten und Aufreinigungen in Säulen mit hoher Lebensdauer sind chromatographische Einwegsysteme momentan keine attraktive Lösung. Es laufen Neuentwicklungen, die auf die Leistungssteigerung bei gleichzeitiger Kostenreduktion im Prozess in Verbindung mit Single-use-Technologien abzielen.

Die eher zögerliche Entwicklung im Bereich der Chromatographie hat jedoch zur Entwicklung von alternativen Aufreinigungstechniken geführt. Funktionelle Filtrationen mit Membranadsorbern kombinieren die Vorteile der Einwegfiltration mit funktionellen Oberflächen, vor allem mit Ionenaustauscher- und Affinitätseigenschaften. Sie werden von vornherein als Single-use-Systeme konzipiert.

Monitoring und Automatisierung

Hinsichtlich Prozessmonitoring und Automatisierungstechnik verfügen Single-use-Systeme bis jetzt nicht über den vollen Funktionsumfang wie ihre traditionellen Gegenspieler. Sie sind sowohl mit In-situ- als auch Ex-situ-Sensoren ausgerüstet.

Für die Messung von Standard-Prozessparametern wie Druck, Temperatur, und zum Teil auch pH und pO2 gibt es mehrere Systeme, so dass die Messbarkeit dieser Größen gewährleistet ist. Für weitere Prozessparameter ist die Auswahl der zur Verfügung stehenden Analytik jedoch eingeschränkt auf die Systeme, für die ein Hersteller eine Integrationsmöglichkeit in sein Produkt anbietet.

Hürden beim Einsatz von Single-use-Technologien

Sowohl im Upstream- als auch auch im Downstream-Processing sind die verfahrenstechnische Charakterisierung der Single-use-Systeme und ihre Standardisierung noch unzureichend. Limitationen von Single-use-Systemen umfassen aber auch die Begrenzung bezüglich Druck, Durchflussraten, Zentrifugalkräften, der Temperatur und der O2– bzw. CO2-Strippingraten. Als weitere Beschränkungen sind mögliche Leachables und Extractables, die Größenbegrenzung, die erhöhten Kosten für das Verbrauchsmaterial, die Lieferantensicherheit und die noch mangelnde Sensortechnik in Verbindung mit der Automatisierung zu nennen.

Nichtsdestotrotz erlauben die auf dem Markt verfügbaren Produkte bei richtigem Einsatz und richtiger Handhabung kleinere, billigere, grünere, sicherere und schnellere Entwicklungen sowie Produktionen. Das erklärt wohl auch die Tatsache, dass sie inzwischen aus klein- sowie mittelvolumigen Verfahren für Biopharmazeutika und Biosimilars in allen Hauptprozessschritten, vor allem aber dem Upstream-Processing-Bereich, nicht mehr wegzudenken sind. Das betrifft die schnelle Entwicklung sowie das „auf den Markt bringen“ neuer Biotherapeutika wie zum Beispiel von Antikörpern und Veterinär- sowie humanen Impfstoffen. Die Mehrheit der Biotherapeutikaproduzenten – vor allem Lohnhersteller – nutzt wo immer möglich Single-use-Systeme.

Noch dominieren in solchen Firmen hybride Produktionsanlagen, in denen Single-use- und traditionelle Systeme aus Glas oder Edelstahl kombiniert werden. Doch werden erste Produktionsanlagen, die durchgängig mit Single-use-Systemen arbeiten, geplant.

Herausforderungen bei Facility Layout, Handhabung und Entsorgung

Herausforderungen bei der Umstellung auf Single-use-Systeme liegen vor allem im Facility Layout, in der Handhabung und in der Entsorgung. Das Facility Layout wird neben den betrieblichen Auflagen vor allem durch die behördlichen getrieben und hat das potenzielle Risiko der Verunreinigung des Wirkstoffes im Fokus. So resultieren hohe Anforderungen an die Qualität der Reinraumausführung sowie der zugehörigen Lüftungs- und Klimatechnik. Neben den erforderlichen Investitionskosten stellen hierbei insbesondere die Betriebskosten einen nicht unerheblichen Anteil dar.

Der Einsatz von Einwegsystemen ist meist mit der Durchführung vieler manueller Schritte bei der Anwendung verbunden; generell ist der Automatisierungsgrad der Systeme geringer als der vergleichbarer klassischer Systeme. Oft wird ein Gesamtsystem zur Durchführung eines Prozessschrittes aus Einzelkomponenten zusammengesetzt. In einigen Anwendungsfällen, beispielsweise die Verwendung von Gefahrstoffen oder Organismen mit Gefährdungspotenzial, sollte vor Einsatz des Systems die Integrität des Gesamtsystems geprüft werden. Einweg-Systeme sind überwiegend manuell gefertigt, lassen sich aber nur schwer oder gar nicht auf Integrität beim Endanwender prüfen. Dieser hat daher nicht die Möglichkeit festzustellen, ob ein Einweg-System beispielsweise durch den Transport oder die Handhabung vor Ort beschädigt wurde, was letztlich zu Undichtigkeiten im System führen würde, und gleichzeitig eine Kontamination bzw. einen effektiven Produktverlust erzeugt. Dadurch entstehen dem Anwender erhebliche Verluste, die ihn schon im Vorfeld dazu bewegen, von einer technischen Einweg-System-Lösung Abstand zu nehmen. Aus diesem Grund ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Lieferant und Anwender unabdingbar, und wird durch einen transparenten Herstellungsprozess, der zum Beispiel im Rahmen eines Audits inspiziert werden kann, gestärkt.

Zu einer erfolgreichen Implementierung von Single-use-Technologien in einen biopharmazeutischen  Herstellungsprozess gehört schließlich auch eine sichere Entsorgung. Da es sich bei den Single-use-Systemen häufig um Verbundwerkstoffe handelt, liegt die Herausforderung in der Trennung der Materialien. Neben unterschiedlichen Kunststoffen werden teilweise auch Metalle als Einbauten verwendet.

Da heute schon in ausgewählten Applikationen sämtliche Prozessschritte aus Single-use-Systemen realisiert werden, ist das Abfallvolumen entsprechend groß. Die dabei anfallenden Beutel, Schläuche, Filter etc. sind unter Umständen mit Organismen und/oder mit umweltgefährdenden Chemikalien belastet und müssen vor der Entsorgung entsprechend behandelt werden. Die Entsorgung der Kunststoffe erfolgt üblicherweise durch Verbrennung oder manchmal auch durch Deponierung.

Gegenwärtig stehen nur bedingt Systeme am Markt zur Verfügung, die die großen Abfallmengen zerkleinern oder kompaktieren können. Insbesondere im Zusammenhang mit der Inaktivierung bzw. Dekontamination gibt es derzeit so gut wie keine Lösung auf dem Markt. Darüber hinaus gibt es keine Möglichkeit, die Verbundstoffe vor Ort zu trennen, um sie gegebenenfalls einer Wiederverwertung zuzuführen. Das wiederum bedeutet, dass eine aufwendige und kostenintensive Logistik erforderlich ist, die den Vorteil der Single-use-Technologie im Prozesseinsatz schmälern kann. Hier besteht ein großer Bedarf, der durch innovative Lösungen gedeckt werden muss; Konzepte für den Materialfluss müssen schon in der Planungsphase berücksichtigt werden.

Neue Anwendungsfelder für Single-use-Technologien

Es ist anzunehmen, dass der Markt für Single-use-Technologien für die Herstellung der proteinbasierten Therapeutika nicht in dem Maße weiterwachsen wird, wie das bisher der Fall war. Gelingt die notwendige Weiterentwicklung, kommt man der kompletten Single-use-Produktionsanlage und damit der „Single-use Factory in der Box“ aber immer näher. Darüber hinaus scheinen neue Applikationen für die Single-use-Bioreaktoren wahrscheinlich, die die Herstellung mikrobieller Nischenprodukte, Produktionsverfahren mit Algen sowie auf pflanzlichen Suspensionszellen, Wurzelkulturen und mesenchymalen Geweben basierende Produkte zum Ziel haben.

Es gibt bereits zahlreiche zu 100 % in SUS etablierte Fermentationsprozesse mit tierischen Zellkulturen. Ihre Zahl wird wachsen. Entscheidend werden die Biotherapeutika der jüngsten Generation jedoch die Weiterentwicklung der Single-use-Technologie prägen. Eines der vielversprechendsten zukünftigen Anwendungsfelder für die Single-use-Technologie ist die personalisierte Medizin und hier vor allem die Produktion von Zelltherapeutika mit Stamm- und T-Zellen. Zelltherapeutika gelten als wichtiges Produktsegment der personenspezifischen Medizin und umfassen die seit Anfang der 1990er Jahre auf den Markt drängenden Produkte für die regenerative Medizin sowie das erste personenspezifische Vakzin, das im April 2010 die FDA-Zulassung zur Therapie von Prostatakrebs erhielt. Um die Zelltherapie, die verglichen mit dem etablierten Manufacturing von Proteintherapeutika noch in den Kinderschuhen steckt, zum kommerziellen Erfolg zu führen, sind innovatives Equipment und neue Technologien zwingend notwendig. Single-use-Systeme werden hier bedingt durch die Produktanforderungen und -verwendung zum „Muss“. Mehr als 200 Zelltherapeutika für die Transplantationsmedizin, Krebs- und Aids-Therapien befinden sich derzeit im Stadium der klinischen Erprobung – eine gewaltige Chance nicht nur für die Medizin, sondern auch für die Single-use-Technologien.

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