- Ein pharmazeutischer Unternehmer, der Arzneimittel nicht selbst herstellen will, muss mit dem Auftragnehmer eine technische Vereinbarung über die zu erfüllenden GMP-Pflichten schriftlich abschließen.
- Diese technische Vereinbarung muss bei einer Weitervermittlung des Auftrags mit demjenigen Auftragnehmer erfolgen, der die ausgelagerten Tätigkeiten tatsächlich durchführen will.
- Die Verantwortung für den Herstellungsprozess verbleibt beim Auftraggeber. Dieser muss sich vergewissern, dass der Auftragnehmer zur GMP-konformen Produktion berechtigt und in der Lage ist.
Was aber, wenn etwa die beauftragte Muttergesellschaft eines Konzerns den Auftrag selbst nicht durchführen will oder kann, sondern ein anderes zum Konzernverbund gehörendes Unternehmen? Ist dann eine Kette von technischen Vereinbarungen der jeweils beauftragten Konzerngesellschaften notwendig, oder reicht eine technische Vereinbarung mit der Gesellschaft, die den Auftrag tatsächlich durchführt? Wer ist Auftraggeber und wer Auftragnehmer der Lohnherstellung?
Tätigkeiten delegieren, aber keine Verantwortung
Ein pharmazeutischer Unternehmer – laut Arzneimittelgesetz (AMG) der Inhaber der Zulassung oder Registrierung oder wer Arzneimittel unter seinem Namen in Verkehr bringt – kann grundsätzlich sämtliche arzneilichen Tätigkeiten an Dritte delegieren. Ein solcher Auftrag an Dritte entbindet den Unternehmer aber nicht von seiner finalen Verantwortung für diese delegierten Tätigkeiten: Er bleibt für die Qualität der hergestellten Arzneimittel auch dann verantwortlich, wenn er sie ganz oder teilweise im Auftrag herstellen oder prüfen lässt. Aus diesem Grund muss der Auftraggeber sicherstellen, dass angemessene Verfahren für die Kontrolle von ausgelagerten Aktivitäten und der Qualität bezogener Materialien vorhanden sind. Weiterhin muss er sich davon überzeugen, dass beim Herstellungsprozess die im EG-GMP-Leitfaden dargelegten GMP-Grundsätze und Leitlinien befolgt werden, und dass der Auftragnehmer die Tätigkeit entsprechend den vorgegebenen Anweisungen durchführt. Der Auftraggeber bleibt also für die Lohnherstellung weiter verantwortlich. Zwar kann er Tätigkeiten delegieren, nicht aber seine Verantwortung.
Um Missverständnisse zu vermeiden, aus denen sich ein Produkt oder eine Arbeit von ungenügender Qualität ergeben könnte, muss ein schriftlicher Vertrag bestehen. Dies schreibt die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) vor. Der EG-GMP-Leitfaden sieht vor, dass die Vertragspartner in einer sogenannten technischen Vereinbarung alle ausgelagerten Aktivitäten angemessen definieren, vereinbaren und kontrollieren, damit die Aufgaben jeder Seite klar festgelegt sind. Andere Bezeichnungen für diese Vereinbarung sind Lohnherstellungs- oder -prüfungsvertrag, Verantwortung-Abgrenzungsvertrag oder auch Lohnauftrag.
Technische Vereinbarung nur für technische Details
Die technische Vereinbarung hat den Sinn, die Qualität der nicht beim pharmazeutischen Unternehmer hergestellten, geprüften oder in Verkehr gebrachten Produkte sicherzustellen. Ebenfalls aus diesem Grund muss der Auftragnehmer gemäß AMG die Erlaubnis zur Herstellung oder Prüfung des Produkts haben. Hierzu muss er die ihm vom Auftraggeber übertragenen Arbeiten zufriedenstellend ausführen können und dafür beispielsweise über geeignete Räumlichkeiten und Ausrüstung, Sachkenntnis und Erfahrung sowie über kompetentes Personal verfügen. Liegt diese Erlaubnis nicht vor, so darf der Auftraggeber die technische Vereinbarung gar nicht erst eingehen. Die Auftragsherstellung kann in diesem Zusammenhang eine Inspektion erfordern, sowohl durch die Behörden von EU- oder Nicht-EU-Ländern. Auch die Organisation und Mehraufwand solcher Inspektionen sollten vertraglich geregelt sein.
Während der pharmazeutische Unternehmer als Auftraggeber einer technischen Vereinbarung feststeht, ist die Frage nach dem Auftragnehmer nicht immer so eindeutig. Komplizierter ist die Situation etwa, wenn eine beauftragte Muttergesellschaft die Herstellung nicht selbst übernimmt, sondern den Auftrag an eine andere Gesellschaft innerhalb des Konzerns weiter vermittelt.
Nach dem Wortlaut der AMWHV, und auch laut Richtlinie 2003/94/EG, ist nämlich die schriftliche technische Vereinbarung nur erforderlich, wenn ein Herstellungsvorgang oder ein damit verbundener Vorgang tatsächlich ausgeführt wird. Wenn von vornherein feststeht, dass der Auftragnehmer den Auftrag nur vermitteln, aber nicht selbst durchführen wird, ist dieser Vertrag nicht notwendig. Die rein kaufmännischen Bedingungen der Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer unterliegen nämlich nicht der behördlichen Überwachung, da es sich dabei um keine GMP-relevanten Bestimmungen handelt. Sie können deshalb in einem separaten Vertragsdokument geregelt werden.
Auf diesem Wege ist ein Vertrag mit einer Muttergesellschaft möglich, die selbst nicht über die Erlaubnis und die nötigen Voraussetzungen eines pharmazeutischen Herstellungsbetriebes verfügt. Inhalt dieses Vertrages wäre dann die Vermittlung an einen geeigneten Betrieb innerhalb des Mutterkonzerns. Die technische Vereinbarung über den eigentlichen Herstellungsprozess muss der Auftraggeber dann mit dem letztendlich beauftragten Hersteller abschließen.
Keine Unteraufträge ohne schriftliche Zustimmung
Sobald eine Muttergesellschaft eine solche Vermittlung in die Wege leiten will, benötigt sie jedoch die ausdrückliche, schriftliche Zustimmung des Auftraggebers. Die Untervergabe auch von Teilschritten wie Labelling oder Auftragsanalytik ist laut AMWHV ohne diese Zustimmung nicht zulässig. Der Auftraggeber, der wie erwähnt für den Herstellungsprozess verantwortlich ist, behält so den Einfluss auf GMP-konforme Produktion. Eine vertragliche Zustimmung des Auftraggebers ist auch dann nötig, wenn die beauftragte Konzerngesellschaft ihrerseits technische Vereinbarungen mit Dritten schließt, etwa weil sie für die Herstellung oder Prüfung andere Dienstleister benötigt oder weil ihr Rohmaterial fehlt.
Die systematische Überführung der im Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragshersteller kundenspezifisch vereinbarten Inhalte in die Prozesse und Organisation des Letzteren mithilfe eines geeigneten Change-Control-Systems sind daher besonders wichtig. Die Qualifizierung der möglichen Untervergabepartner durch den Auftragshersteller muss sich auf dem gleichen Niveau befinden wie zwischen Auftraggeber und Auftragshersteller. Dies soll gleichbleibende Qualitätsniveaus sicherstellen. All das ist Teil der Guten Herstellungspraxis und dient damit der möglichst fehlerfreien Herstellung von Arzneimitteln.
Dieser Artikel gibt die Rechtslage nach deutschem Arzneimittelrecht wieder. Dies trifft für Hersteller zu, die in Deutschland ihren Sitz haben. Bei international tätigen Konzernen ist das Recht des Landes, in dem die betreffende Konzerngesellschaft ihren Sitz hat, zu beachten.
Die Gesetzestexte des Arzneimittelgesetzes (AMG) und der Arzneimittel– und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) sind auch online zugänglich.
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