Stillstandsmanagement wird zum zentralen Thema. Dabei sind schon lange nicht mehr ausschließlich Instandhaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Eine Fülle anderer Maßnahmen sind wiederkehrend oder zustandsbasierend durchzuführen, um die Anlagen in einem cGMP- und gesetzeskonformen Zustand weiter betreiben zu können. Nachfolgend sollen einige Optimierungsansätze aufzeigt werden, um einerseits alle notwendigen Maßnahmen kosteneffizient und qualitätsgerecht abzuwickeln und andererseits die Stillstandszeiten innerhalb des Produktionsprozesses auf ein Minimum zu begrenzen.

Häufig kollidieren die Interessen der Produktion bzw. der Anlagenbetreiber mit den Vorgaben aus den unterschiedlichen Fachabteilungen, wie zum Beispiel Technik, Arbeitssicherheit, Qualitätssicherung oder Validierung. Es gilt, Optimierungsansätze aufzuzeigen, um einerseits alle notwendigen Maßnahmen kosteneffizient und qualitätsgerecht abzuwickeln und andererseits die Stillstandszeiten innerhalb des Produktionsprozesses auf ein Minimum zu begrenzen.

Umsetzung in der Praxis häufig schwierig und aufwändig

Teure und komplexe Produktionsanlagen und Prozessnebenanlagen, die der Herstellung pharmazeutischer Produkte dienen, unterliegen in der Phase ihres Betriebes vielfältigen Anforderungen. Das bezieht sich in erster Linie auf den dokumentierten Nachweis aller durchgeführten Maßnahmen, um die cGMP-Fähigkeit aufrechtzuerhalten und die Anlage dem Stand der Technik entsprechend zu prüfen, zu warten oder gar umzubauen. Ziel ist es, den geforderten Status zu wahren.

Die Umsetzung dieser theoretischen und geforderten Maßnahmen stellt sich in der Praxis sehr häufig als schwierig und aufwändig dar. So sind in der Regel an pharmazeutischen Prozessanlagen folgende wiederkehrende Tätigkeiten in ihrer Umsetzung zu berücksichtigen:

  • Instandhaltung nach DIN 31051 und anlagenspezifischen Normen;
  • Kalibrierung der qualitätsrelevanten Sensorik;
  • Requalifizierungen nach technischen Änderungen (im Rahmen von Change-control-Verfahren);
  • Validierung/Revalidierungsmaßnahmen, planmäßig wiederkehrend und außerordentlich;
  • sicherheitstechnischer bzw. cGMP-Upgrade der Anlagen (Umbau der Anlage gemäß Stand der Technik bzw. der aktuell gültigen Anforderungen);
  • wiederkehrende Prüfungen nach Betriebssicherheitsverordnung, Gerätesicherheitsgesetz und BG-Richtlinien;
  • technische Störungsbeseitigung (Trouble shooting) im regulären Anlagenbetrieb;
  • außerordentliche (ungeplante) Instandsetzungen;
  • Reinigungs- und Sterilisationsprozeduren.

 

Diese sicherlich nicht vollständige Auswahl zeigt, dass aufgrund der Vielzahl und der Bedeutung der Maßnahmen eine geplante, koordinierte und dokumentierte Vorgehensweise unablässig ist. In der Praxis sind die Zuständigkeiten für die jeweiligen Maßnahmen oft in verschiedenen Fachabteilungen angesiedelt. Häufig werden sie auch in unterschiedlichen Datenbanksystemen hinterlegt und gepflegt. Eine optimale Durchführung aller Maßnahmen im richtigen zeitlichen Ablauf ist daher in der Praxis enorm schwierig und wird meist nicht durchgängig umgesetzt. Das bedeutet in der Konsequenz: hohe Kosten, lange oder häufige Stillstandszeiten und gegebenenfalls sogar das Wiederholen bestimmter Aktivitäten aufgrund falscher Abfolgen in der Durchführung oder lückenhafter Dokumentation. Eine Bewertung aller Tätigkeiten in der Gesamtheit hinsichtlich Kosten, Zeitbedarf und Wirksamkeit kann ebenso nur durch eine strikte Konsolidierung und zentrale Auswertung der Daten erfolgen.

Festlegen der wiederkehrendenMaßnahmen

Bereits während des Beschaffungsvorganges von Anlagen sollten alle qualitätsrelevanten Maßnahmen innerhalb der Qualifizierungsvorgaben aufgenommen sein. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Wartungsinhalte und -zyklen, qualitätsrelevante Messstellen und deren Kalibrierungsvorgaben, routinemäßige Requalifizierungs- und -validierungsmaßnahmen wie auch das Festlegen des Vorgehens von kurzfristigen Störungsbeseitigungen (Trouble shooting). Hierbei empfiehlt es sich, alle Maßnahmen in einer Anlagendatei zusammenzufassen, damit deren zeitliche Synchronisation und insbesondere die Wechselwirkungen der Maßnahmen ermittelt werden können. Praktisch bedeutet dies, dass bei minimalem Wartungsaufwand der Aufwand für kurzfristige Störungsbeseitigung sehr wahrscheinlich ansteigen wird. Dies führt zu Ausfallzeiten und erzeugt zusätzlich Kosten auf der Produktionsseite.

Es empfiehlt sich daher, zusammen mit den jeweiligen Fachabteilungen die spezifischen Maßnahmen festzulegen und zur Messung des Erfolgs der Maßnahmen sowie bestehender Wechselwirkungen Kennzahlen zu definieren. Diese sollten inhaltlich klar beschrieben sein und die Anforderungen des Anlagenbetriebes berücksichtigen. Im Rahmen beispielsweise einer Risikobewertung bzw. Risikoanalyse können die Maßnahmen beurteilt und festgelegt werden. Bei mehreren gleichartigen Anlagen sollte man Gruppen bilden, um Qualitätsunterschiede im Verfahren zu vermeiden.

Umsetzung der Maßnahmen imlaufenden Betrieb

Nach klarer inhaltlicher Definition der wiederkehrenden Aktivitäten ist nun die Verteilung der Aufgaben der nächste Schritt. Hier gilt es, geeignete Dienstleister oder Anlagenhersteller einzusetzen (Outsourcing). Sie sind für die meist sehr speziellen Aufgaben zuständig. Häufig jedoch werden bestimmte Maßnahmen durch Produktion und Technik des eigenen Unternehmens ausgeführt (Insourcing). Dies stellt erhöhte Anforderungen an die Koordination. Eine weitere Herausforderung ist, die Dokumentation aller Maßnahmen einheitlich, aussagekräftig und bewertbar zu gestalten, so dass diese problemlos zugeordnet, ausgewertet und abgelegt werden können. Folgende grundsätzliche Vorgehensweisen können daher in der Praxis prozessverbessernd wirken:

  • Anzahl der beteiligten Einheiten bzw. Dienstleistungsunternehmen minimieren (gezieltes Outsourcing);
  • Durchführung von Lieferantenaudits und Bewerten der Leistungsstärke und der vorhandenen Qualifikationen der einzusetzenden Firmen im Vorfeld der Beauftragung;
  • Zusammenfassen von chronologischen Maßnahmen (zum Beispiel Wartung, Kalibrierung, Qualifizierung und Validierung);
  • Nutzung und Auswertung von Anlagen-Logbüchern;
  • Vorgabe einheitlicher und gelenkter Dokumente (Protokolle) zur Durchführung der Maßnahmen;
  • Nutzung möglichst eines Datenbank- bzw. Auswertungssystems (Software);
  • Etablieren eines elektronischen Ablagesystems, gegebenenfalls innerhalb der Datenbanksoftware;
  • zentraler Review aller durchgeführten Maßnahmen, etwa im Jahresintervall;
  • Messen der Wirksamkeit mittels zuvor festgelegter Kennzahlen;
  • Optimierung des Gesamtprozesses (Regelkreis der Verbesserung).

 

Insbesondere das Zusammenlegen von Maßnahmen reduziert deutlich die Stillstandszeiten und somit das Ausplanen der Anlage aus den Produktionsphasen. Hier liegen weitere Einsparpotenziale, da in der Regel vor der Außerbetriebnahme Reinigungs- oder Sterilisationsprozeduren durchgeführt werden müssen. Dies gilt natürlich auch für die Wiederinbetriebnahme der Anlagen.

Die Wirksamkeit der Maßnahmen auswerten

Eine Bewertung aller durchgeführten Aktivitäten in einem sinnvollen Zeitintervall ist unablässig, um deren Wirksamkeit festzustellen. Darüber hinaus ist dies zunehmend innerhalb von Behördenaudits dokumentiert nachzuweisen. Zudem handelt es sich dabei nicht um einen statischen Prozess, da die bei Anlagen-Inbetriebnahme festgelegten Aktivitäten, wie Wartungsumfänge, Kalibriergenauigkeiten, Revalidierungsmaßnahmen etc., immer hinterfragt werden sollten. Muss man mehr oder weniger tun? Die Antwort auf diese Frage entscheidet nicht zuletzt über das Einhalten der Qualitätsvorgaben und das Erreichen der anvisierten betriebswirtschaftlichen Ziele.

Die vorausschauende Definition von Kennzahlen zur Bewertung der Einzelprozesse erleichtert deutlich die objektive Auswertung. Insbesondere Wechselwirkungen sollten in den Kennzahlen berücksichtigt werden. Eine Evaluation der technischen Störungen (Anzahl und Ursache) sollte beispielsweise den Wartungsintervallen gegenübergestellt werden. Abhängigkeiten werden so schnell transparent, so dass Optimierungen vorgenommen werden können.

Praxisbeispiel: Betrieb eines Dampfsterilisators

Das Beispiel basiert auf empirischen Erfahrungen. Es soll einen anlagenspezifischen Überblick über die Maßnahmen geben, die beim Regelbetrieb eines Dampfsterilisators (Neubeschaffungswert rund 400000 Euro) über 15 Jahre Betriebsdauer im Bereich einer cGMP-gerechten pharmazeutischen Produktion in der Regel durchzuführen sind. In der Grafik sind die Einzelmaßnahmen mit den spezifischen Kosten dargestellt. Durch zeitliche Bündelung der Maßnahmen ergeben sich Kosteneinsparungen bis zu etwa 15% (abhängig von Intensität und Dauer). Rüstzeiten erfolgen nur einmal, Mess-Equipment kann vor Ort bleiben, Einschleuszeiten werden verkürzt – um nur einige Potenziale zu nennen. Additiv sind Einsparungen auf betrieblicher, d.h. Produktionsseite, zu realisieren: durch reduzierte Reinigungs- oder Sterilisationsprozeduren, durch Reduzierung der Monitoringmaßnahmen oder das wiederkehrende Einweisen von technischem Service-Personal sowie der Erteilung von Arbeitsfreigaben oder anderer formaler Freigaben zur Durchführung der Arbeiten.

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