Das Spektrum der Produktionsmengen in der Tablettenproduktion der pharmazeutischen Industrie reicht von eins bis unendlich. Kleinstserien für klinische Tests stehen Großchargen von vielen Millionen Stück für den weltweiten täglichen Bedarf gegenüber. Für all diese Bereiche stehen angepasste Pressen zur Verfügung, von der Exzenterpresse für jeweils eine einzelne Tablette pro Pressvorgang bis hin zu Hochleistungs-Dreifachrundläufern, die pro Stunde mehr als 2 Mio. Stück produzieren. Gerade wegen des großen Ausstoßes ist ein wirtschaftlicher Einsatz der jeweiligen Presse das oberste Gebot für alle Unternehmen, die TCO-Aspekte im Focus haben.
Besonders interessant ist es deshalb, über einen angepassten Maschinenpark zu verfügen, der mit höchstmöglicher Auslastung zu betreiben ist. Kurze Stillstandzeiten sind daher essenziell, um eine hohe Maschinenverfügbarkeit und dementsprechend einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen. Flexibilität ist also ein wesentlicher Maßstab.
Im Segment der Großchargen hat sich ein Pressentyp durchgesetzt, der das alles leistet: die Doppelrundläufer. Neben der Spezialität, ein zweischichtiges Produkt herstellen zu können, zeichnet diese Pressen besonders die relativ hohe Ausbringung im Einschicht-Betrieb sowie ein breites Spektrum von Formaten aus. Entscheidend ist jedoch, dass es in der Tablettenproduktion auf Hochleistungs-Rundläufer-Pressen eine sehr große Zahl von Einflussfaktoren gibt, die in hohem Maße voneinander abhängen. Ein Kriterium davon ist das Tabletten-Format, der Durchmesser sowie bei Oblong-Tabletten die Relation von Länge und Breite. Sie bestimmt ganz wesentlich die Anzahl der Stationen auf der Matrizenscheibe und damit die maximal mögliche Ausbringung.
Hoher Standard zu noch mehrWirtschaftlichkeit optimiert
Eine der Pressen dieses Typs ist das Modell 3090. Sie ist weltweit in der dritten Generation und seit vier Jahren als 3090i im Einsatz. Die 3090i kommt bei zahlreichen Pharmaunternehmen und hoch qualifizierten Markenprodukten in Deutschland, bei der Generika-Herstellung in Indien und bei Lohnherstellern in der Massenproduktion in ganz Europa, Nord- und Südamerika sowie in Asien zum Einsatz.
Der Pressentyp ist schon mehrfach variiert und optimiert worden. Eine Economic-Variante, die 3200i, in der auf bestimmte High-Tech-Einrichtungen der Steuerung und Anbindung an BDE- und MIS-Umgebungen verzichtet wird, steht als „Arbeitspferd“ bereit.
Mit der Entwicklung der Matrizenscheiben-Segmente und deren Anwendung auf der 3090i gab es 2004 einen weiteren deutlichen Produktivitätssprung. Durch die Entwicklung der Tablettenrumführung, mit der die Tabletten von den zwei Pressstationen zu einem Ablauf transportiert werden, wurde die Anwendung 2006 noch einmal vereinfacht. Der Pressentyp 3090i arbeitet mit einem Rotor mit fünf Matrizenscheiben-Segmenten, die einen Teilkreis-Durchmesser von 680mm aufweisen. Die maximale Strecke, auf der die Matrizenbohrungen, also die Formlöcher für die Tabletten, eingebracht werden könnenn, ist also rund 2135 mm. Davon ist die Materialdicke zwischen den Bohrungen abzuziehen, die benötigt wird, um dem Druck zu widerstehen. Die Stationszahlen auf den Matrizenscheiben-Segmenten beginnen bei Tabletten bis 25 mm Durchmesser mit 55 Stationen bei Stempeln EU1”-441 und einer maximalen Ausbringungsleistung von 528000 Tabletten/h und gehen bis zu 11 mm Durchmesser mit 75 Stationen bei Stempeln EU 19 und einer maximalen Ausbringungsleistung von 1,08Mio. Tabletten/h.
Leistung um 40% gesteigert
Voraussetzung für eine noch höhere Ausbringung war der Ansatz, auf den bestehenden Pressen des Typs 3090i aufzubauen. Die Weiterentwicklung in Richtung höherer Ausbringungsmenge folgte deshalb einem ganz einfachen Gedanken: Erhöhung der Stationszahl bei möglichst gleicher Presscharakteristik. Wie schon angedeutet, gibt es über die rein metrischen, physikalischen und mechanischen Grenzen am Rotor und den Matrizenscheiben-Segmenten hinaus auch die der physikalischen Wirkungen beim Befüllen, dem Verpressen, der Steuerung des ganzen Vorganges und der in der Pharmazie unerlässlichen Prüfung der Produkte. Komplexe Fragen also, die beantwortet werden mussten. Das Ergebnis aller Antworten vorweg: Die Zahl der Pressstationen konnte – gegenüber 75 bei herkömmlichen Segmentrotoren – auf 110 erhöht, die Stempelstationszahl ist somit um 40% gesteigert worden. Wie wurde das im Einzelnen erreicht?
Eine ganz klare Beschränkung strategischer Art ging allen Überlegungen voran. Die Obergrenze für die Produkte wurde auf 11mm Durchmesser fixiert. Gleichfalls wurde nur die Produktion von runden Tabletten in Betracht gezogen. Die Marktzahlen zeigen, dass hier der stärkste Bedarf für die Steigerung der Massenproduktion liegt. Das folgt aber auch der Logik, dass der größte Teil der Tabletten, die weltweit produziert werden, oral appliziert wird, demnach der Durchmesser nicht größer sein muss.
Neue Werkzeugnorm passt sichspezifischen Erfordernissen an
Neben den Matrizenbohrungen spielen die Ober- und Unterstempel bei der maßlichen Betrachtung eine entscheidende Rolle. Für die Erweiterung der Stationszahl wurde die zusätzliche Stempelform EU12 entwickelt. Die Stempel haben einen Schaftdurchmesser von nur 12mm, gegenüber herkömmlichen EU19 mit 19mm Durchmesser bis hin zu EU1” Durchmesser (25,4mm). Mit der Verringerung des Durchmessers sinkt aber die maximal mögliche Druckbelastung. Die neue EU-12-Stempelform lässt nur noch eine maximale Druckbelastung von 25kN zu. Ein Wert, der aber ohnehin bei der Masse der Produkte mit diesem Durchmesser nie erreicht werden muss.
Damit eine Einzelaussortierung auch einwandfrei funktionieren kann, wurde auf Mehrfachwerkzeuge gänzlich verzichtet, und hier liegen auch die klaren Vorteile. Bei einem Mehrfachwerkzeug muss immer stempelbezogen alles aussortiert werden. Eine echte Einzeltablettenprüfung pro Station ist aus diesem Grund nicht möglich.
Der verringerte Stempeldurchmesser bringt auch einen verringerten Durchmesser des Stempelkopfes mit sich. In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage nach der Druckhaltezeit, also der Zeit, in der über die Druckrolle der Stempel gedrückt und damit der Pressdruck auf das Granulat ausgeübt wird. Diese Zeit ist sehr wichtig, da bei zu kurzer Druckausübung das Granulat zur Rückstellung neigt. Durch eine neue Geometrie der Kopfform wurde erreicht, dass eine möglichst große Fläche für die notwendige Druckhaltezeit zur Verfügung steht. Durch diese geänderte Geometrie des Kopfes ist die Anlauffase etwas anders gestaltet. Da die Stempelköpfe wesentlich dichter angeordnet sind, aber sich mehr Stempel gleichzeitig in der An- und Abrollphase der Druckrolle befinden, ergibt sich ein ruhigerer Maschinenlauf. Das rührt auch daher, dass das Rotorgesamtgewicht höher ist, was aber keine negativen Auswirkungen auf die ansonsten vollkommen unveränderte Presse hat. Der Torque-Antrieb der beiden Pressentypen bewältigt das höhere Gewicht ohne Einschränkungen.
Höhere Ausbringungsmenge beiunveränderten Pressen
Die neuen Rotoren sind nur für die Pressen 3090i und 3200i entwickelt und tragen die bekannten 5-teiligen Matrizenscheiben-Segmente mit jeweils 22 Matrizenbohrungen. Sie sollen nur das beschriebene, von Form und Dimension sehr enge, aber vom weltweiten Produktionsvolumen sehr große Marktsegment abdecken. Sie bringen ein deutlich größeres Maß an Flexibilität und Ausbringung in die Produktion.
An den Pressen selbst wird nichts verändert. Auch die Fülleinrichtung, die Fill-O-Matic, bleibt gleich. Alle Werte der gewohnten Produktion können bestehen bleiben, lediglich die Ausbringungszahlen müssen verändert werden. Auch die Einzelpresskraftmessung und die Möglichkeit zur Einzelaussortierung bleiben bestehen. Das ist der zweite Grund, warum keine Mehrfachstempel eingesetzt werden können. Einzig ein Software-Update, das die höhere Stationszahl mit den daraus folgenden Notwendigkeiten berücksichtigt, ist erforderlich. Der Rotor kann mit einer Tablettenrumführung ausgestattet werden, so dass nur ein Auslauf benötigt wird und nur eine Anbindung an die Tablettenabfuhr oder die Weiterverarbeitung erforderlich ist.
40% mehr Ausbringung ist im Ergebnis eine enorme Menge, die vor dem Hintergrund gesehen werden muss, dass über einen Rotorwechsel hinaus keine Eingriffe an der Presse notwendig sind, die nicht ohnehin getätigt werden müssten. Alle Preis-/Leistungsberechnungen, die den neuen Rotor zusammen mit den neuen Werkzeugen betreffen, kommen zu positiven Zahlen: 40% mehr Produktion, ohne dass eine weitere Presse angeschafft oder belegt werden muss und auch kein weiterer personeller Aufwand entsteht.
Im Segment der Großchargen hat sich der Pressentyp Doppelrundläufer durchgesetzt
Nur ein angepasster Maschinenpark kann mit höchstmöglicher Auslastung betrieben werden
Alle Einrichtungen entsprechen den bisherigen, eine Umstellung an Zu- und Abführeinrichtungen ist nicht nötig