- Entsprechend konzipierte Siebmaschinen bedienen die hohen Ansprüche an Hygiene und Produktsicherheit in Pharma- und Lebensmittelindustrie.
- Einfaches Handling der Maschinen erleichtert die hygienische Reinigung und verkürzt Stillstandszeiten bei der Wartung.
- Gesteigerter Durchsatz ist vor allem durch optimale Einstellungen einer Siebmaschine möglich, da die technischen Grenzen der Geräte nahezu erreicht sind.
Chargen in industriellen Siebprozessen sind nicht nur viel größer, der Prozess muss in diesen Branchen auch absolut sauber verlaufen. Dabei ist das Sieben eine der ältesten Technologien der Menschheit und eine, die junge Menschen schon beim Spielen im Sandkasten persönlich kennenlernen. Was lässt sich bei einer so geradezu alltäglichen Methode noch verbessern?
Untergrenze der Feinheit ist erreicht
Die Grenzen moderner Siebmaschinen liegen mittlerweile weit jenseits der Feinheit von Sand. Maschenweiten von etwa 25 µm sind heute mit gängigem Siebgewebe aus Edelstahl technisch möglich – nur die allerfeinsten menschlichen Haare ließen sich dort noch hindurchfädeln. Das ist viel feiner als der feinste Sand und liegt bereits im Bereich von Tonpartikeln. Mit gängigem Edelstahl-Gewebe sind kaum feinere Maschen möglich, „die Untergrenze ist praktisch erreicht“, meint Franz Tallner, Verkaufsleiter bei GKM.
Um die gewünschte Größenverteilung im Siebgut zu erhalten, ist eine ausreichende Trennschärfe genauso wichtig wie die Feinheit des Siebgewebes. Drahtwebereien wie Spörl arbeiten daher daran, die Maschen der produzierten Gewebe nicht nur klein, sondern so gleichförmig wie möglich zu halten. Das setzt voraus, Abweichungen der Maschenweite erst einmal erkennen zu können. Heutige Mess-Systeme überprüfen 20.000 bis 30.000 Maschen eines Gewebes zugleich, mit einer noch vor wenigen Jahren unerreichten Genauigkeit. Der große Wunsch der Anwender nach einem perfekten Siebgewebe mit hundertprozentig exakter Trennschärfe ist jedoch auch mit diesen Systemen (noch?) nicht möglich. Denn wenn schon die Drahtdicke im Gewebe Ungenauigkeiten von 1 µm aufweist, summiert sich dies für den Durchmesser einer Siebmasche bereits auf 4 µm. Abweichungen wird es also immer geben, auch wenn die Hersteller ihr Bestes geben, sie möglichst gering zu halten.
Sauber poliert und abgedichtet
Aber es gibt andere Faktoren mit Verbesserungsbedarf: Pharma- und Lebensmittelindustrie stellen einen zunehmend bedeutenden Markt für die Hersteller von Siebmaschinen dar. Daher steigt auch die Notwendigkeit, Siebmaschinen an die hier geltenden hohen Hygienestandards anzupassen. So ist beispielsweise die Vibrations-Kontrollsiebmaschine KTS-VS2 von GKM mit Hinblick auf die Hygienestandards der Pharma- und Lebensmittelindustrie konzipiert: Alle Flächen mit Produktkontakt sind geschliffen und auf eine Rauhigkeit von unter 0,8 µm poliert. Schwierigkeiten mit dem Material gibt es nicht: Siebgewebe wie auch Gehäuse sind bei den meisten Siebmaschinen ohnehin aus leicht zu reinigendem Edelstahl. Auch die zum Einkleben der Gewebe verwendeten Adhäsive sind FDA-konform.
Russell Finex verbindet den Hygiene-Aspekt mit höherer Kapazität und größerem Durchsatz. Das staubdichte Modell Compact Airlock soll zukünftig auch in größerem Durchmesser als den bisherigen 600 mm erhältlich sein. Die Dichtung der Maschine erfüllt einen doppelten Zweck: Zum einen bleibt das Produkt frei von Kontamination, andererseits dringt auch kein Staub nach außen. Letzteres ist ein zunehmend wichtiger Punkt in der Lebensmittelindustrie, um Kreuzkontamination von Allergenen zu vermeiden. Auch zum Schutz des Personals spielt der sichere Produkteinschluss eine Rolle.
Einfaches Handling, leichtes Reinigen
Auch diese dichten Maschinen müssen gelegentlich geöffnet werden, etwa zum Wechsel der Siebeinleger oder bei der Reinigung ohne CIP/SIP-System. Diese Reinigung sollte so einfach wie möglich ausfallen. Einfaches Handling der Maschinen ist dabei Voraussetzung. Aus diesem Grund ist beispielsweise der Siebkorb der Rotations-Siebmaschine von Zeppelin so konzipiert, dass er über seitliche Inspektionsöffnungen leicht zu überprüfen, zu reinigen und auszutauschen ist. Der Siebkorb selbst ist optional aus Edelstahl oder Polyester erhältlich und mit zusätzlichen Dichtungen zum Produktraum versehen. Um das Handling zu vereinfachen, ist das Auswechseln der Siebeinsätze bei modernen Siebmaschinen in der Regel ohne zusätzliches Werkzeug möglich. Eine weitere Vereinfachung sind pneumatische Deckheber, die bei mehrstufigen Siebmaschinen den Ausbau und Wechsel der Siebrahmen erleichtern. Da die Dichtungen zwischen den einzelnen Siebdecks mehrstufiger Maschinen sich mit der Zeit setzen oder temperaturabhängig schwanken können, setzen mehrere Hersteller Spannschrauben ein, die sich über eine Federmechanik selbst nachziehen. So entfällt eine weitere Wartungsmaßnahme für den Betreiber. Die unkomplizierte Reinigung und Wartung vermeidet nicht nur Verunreinigungen, sondern ist auch ein entscheidender Faktor, um Stillstandszeiten der Maschinen zu verkürzen. „Wichtig sind hohe Kapazität und Genauigkeit, schnelle Montage und Demontage und einfache Reinigung“, fasst Marketingleiterin Sandy Chang von Russell Finex zusammen.
Feines Schütteln statt grobes Rütteln
Eine effiziente und beliebte Technik zum Abreinigen von Siebgewebe ist das Anregen mit Ultraschall. Die hochfrequenten Vibrationen schütteln feines Siebgut vom Gewebe und sind dabei schonender als heftiges mechanisches Rütteln. Was als Trick zur einfachen Siebreinigung begann, erhöht jedoch auch den Durchsatz während des Siebens: Feines Siebgut backt durch Ultraschall-Anregung gar nicht erst an und fließt so zügiger durch das Sieb.
Viele Siebmaschinen auf dem Markt sind entweder bereits mit der nötigen Ultraschallabreinigung ausgestattet oder lassen sich nachrüsten – Ultraschall-Sieben gehört längst zum Standard, und wie bei der Siebfeinheit gibt es an der grundlegenden Technik kaum noch Verbesserungsmöglichkeiten. Dies bestätigt auch Antonio Augello, Area Sales Manager bei Artech: „Revolutionäres hat es in den letzten drei Jahren nicht gegeben.“
Vereinfachtes Handling ist daher auch ein Ziel beim Einsatz von Ultraschall. Eine Lösung von Artech sind programmierbare „Jobs“ für die Ultraschallgeneratoren, die den Umgang mit unterschiedlichen Produkteigenschaften erleichtern sollen. Bis zu sechs verschiedene Einstellungen lassen sich im System speichern und wieder abrufen. So fällt beispielsweise das Umschalten zwischen Siebmodus und Reinigungsmodus oder zwischen verschiedenen Produkten leichter. Da sich die Einstellungen auch auf externe Datenträger exportieren lassen, können Anwender diese auch zwecks Fehlersuche an den Kundendienst weiterleiten oder auf diesem Wege empfohlene Einstellungen erhalten.
Viel Sieb auf wenig Fläche
Da die bestehende Technik an ihre Grenzen stößt, geht der Trend dahin, aus den existierenden Siebmaschinen die größtmögliche Leistung herauszuholen. Die Aufgabegeschwindigkeit des Siebguts, der Neigungswinkel der Siebdecks, Rotations- und Vibrationsgeschwindigkeit einer Maschine oder auch die Intensität und Frequenz eventuell vorhandener Ultraschallgeneratoren gehören zu den Variablen, die sich bei den meisten Siebmaschinen stufenlos regeln lassen. So sind unzählige Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Parameter möglich, um nicht nur die Qualität der Siebung, sondern auch den Durchsatz zu steigern. Diese Einstellungen möglichst schnell und einfach vornehmen zu können gehört zu den wichtigen Anforderungen auf dem aktuellen Siebmaschinen-Markt.
Eine größere oder sogar eine zusätzliche Maschine ist die einfache Lösung, um eine steigende Menge an Siebgut zu bewältigen. Doch das ist nicht immer möglich: In vielen Fällen fehlt die nötige Infrastruktur, begrenzender Faktor der verwendbaren Maschinen ist oft die vorhandene Stellfläche. Neben der Möglichkeit, eine Siebmaschine optimal auf hohen Durchsatz einzustellen, bedienen die Hersteller darum auch den Trend zu möglichst kompakter Bauweise: „So viel Siebfläche wie möglich auf so wenig Standfläche wie möglich“, bringt Christian Wernicke, Vertriebsleiter bei Engelsmann, das geltende Motto auf den Punkt.
Siebmaschine 4.0?
Möglicherweise überraschend ist, dass der Bedarf an vollautomatisierten und vernetzten Siebmaschinen bislang gering geblieben ist. Ein Grund hierfür ist, dass sich die oft in Batch-Ansätzen durchgeführten Siebprozesse nur begrenzt in automatisierte Abläufe integrieren lassen. Genaue Einstellung und leichte Bedienung sind offenbar eher gefragt als eine vernetzte Siebmaschine, die sich selbst an ständig wechselnde Prozessparameter anpasst, wie Wernicke ausdrückt: „Die Siebmaschine 4.0 gibt es noch nicht.“