Vials auf Förderband

(Bild: Gea)

Entscheider-Facts

  • Die Restfeuchte ist einer der wichtigsten Qualitätsparameter in Gefriertrocknungsprozessen. Um die Stabilität der Produkte über die komplette Lagerzeit sicherzustellen, ist es notwendig, dass eine spezifische Restfeuchte pro Vial nicht überschritten wird.
  • Die klassische Methode der Bestimmung per Karl-Fischer-Titration ist zeit- und personalintensiv und führt zur Zerstörung von Vials.
  • Mit Nah-Infrarot-Spektroskopie ist es dagegen möglich, den Restfeuchtegehalt jedes einzelnen Vials zerstörungsfrei in Echtzeit zu bestimmen.

Einer der wichtigsten Qualitätsparameter in Gefriertrocknungsprozessen ist die Restfeuchte. Um die Stabilität der Produkte über die komplette Lagerzeit sicherzustellen, ist es notwendig, dass eine spezifische Restfeuchte pro Vial nicht überschritten wird. Nach geltenden Regularien der FDA wird das Erreichen der geforderten minimalen Restfeuchte dadurch sichergestellt, dass eine begrenzte Anzahl an Vials geöffnet und der Feuchtegehalt mittels Karl-Fischer-Titration bestimmt wird. Solche Bestimmungen sind zeit- und personalintensiv. Sind diese Ergebnisse wie erwartet, kann die komplette Charge freigegeben werden.

Auch wenn dieses Vorgehen regulatorisch konform ist, gibt es ein steigendes Interesse an besseren Methoden zur Sicherstellung der geforderten Restfeuchte. Gründe hierfür sind unter anderem die Notwendigkeit einer zerstörenden Prüfung: Geöffnete Vials können zum einen bei toxischen Produkten wie Konjugaten ein Sicherheitsrisiko für das Laborpersonal darstellen, zum anderen ist der materielle Verlust bei teuren Produkten zum Teil immens. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Tatsache, dass hier die Annahme zugrunde liegt, dass die gezogenen Muster eine statistisch signifikante Repräsentation aller Vials darstellen.

Es ist jedoch aus verschiedenen Veröffentlichungen bekannt, dass diese Annahme oft nicht zulässig ist: Vials können abhängig von der Stellplatte oder der Position auf einer Stellplatte einen unterschiedlichen Restfeuchtegehalt haben. Auch die Haltezeit nach der Füllung, Variabilität beim Einfrieren oder auch unterschiedliche Füllgrade können zu unterschiedlichen Restfeuchten führen. Außerdem ist bei der Analyse einiger weniger zufällig beprobter Vials eine Ursachenermittlung nur sehr schwierig möglich, falls Auffälligkeiten durch die Qualitätskontrolle entdeckt werden.

Vials auf Förderband
Das System bestimmt den Restfeuchtegehalt aller Vials zerstörungsfrei in Echtzeit.
(Bild: Gea)

Zwei Verfahren der zerstörungsfreien Messung

Mit den aktuell zur Verfügung stehenden analytischen Methoden ist es jedoch auch möglich, die Restfeuchte in jedem einzelnen Vial zerstörungsfrei zu messen. Hierzu kommen im Wesentlichen zwei Verfahren zum Einsatz.

Bei einer sogenannten Head-Space-Messung wird Licht durch den Gasraum oberhalb des Lyophilisats geleitet. Dem erhaltenen Signal lässt sich die Wasserdampfkonzentration im Gasraum entnehmen. Durch eine entsprechende Kalibrierung kann hieraus der Feuchtegehalt im Lyophilisat bestimmt werden. Das Messlicht muss vielfach durch den Gasraum geleitet werden, um die benötigte Messauflösung sicherzustellen. Die Integration eines solchen Systems direkt in der Entladeeinheit eines Gefriertrockners, wo Vials mit einer Geschwindigkeit von mehreren 100 Vials/min bewegt werden, ist schwierig umzusetzen.

Gea hat sich bei ihrem Lyosense-System zur Feuchtebestimmung daher für die Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIR) entschieden. Hierbei wird Licht in entsprechender Wellenlänge von unten durch den Boden des Vials direkt in das Lyophilisat geleitet. Aus dem reflektierten Signal lässt sich nach einer entsprechenden Kalibrierung die Produktfeuchte bestimmen.

Durch dieses Messprinzip können Restfeuchten im Bereich von 0,2 % bis zu 5% entdeckt werden. In der Standardkonfiguration wird das Licht durch den Boden in das Lyophilisat geleitet und das reflektierte Signal gemessen. Dies geschieht an zwölf verschiedenen Positionen pro Vial (Multi-Point-NIR).

Optional kann ein zusätzlicher Sensor implementiert werden, der nach dem gleichen Messprinzip durch die zylindrische Wand des Vials direkt im Lyophilisat misst. Hierdurch wird es möglich den Restfeuchtegehalt aller Vials zerstörungsfrei in Echtzeit zu bestimmen, sobald diese den Gefriertrockner verlassen.

 

Transfer-Cart-System Be- und Entladesystem
Die Applikation ist für verschiedene Konfigurationen von automatischen Be- und Entladesystemen verfügbar, hier das Transfer-Cart-System. (Bild: Gea)

Zwei verschiedene Konfigurationen im Angebot

Die Lyosense-Applikation von Gea ist in beiden verfügbaren Konfigurationen von automatischen Be- und Entladesystemen des Herstellers verfügbar, sowohl im stationären Push- Pull, sowie auch im flexiblen Transfer-Cart-System. Diese einfache Integration der Restfeuchtemessung ist sowohl für die mechanische Integration als auch für die Integration ins Scada-System möglich. Hierdurch ergeben sich verschiedene Funktionalitäten, die über die reine Feuchtebestimmung der einzelnen Vials hinausgehen:

1) Alle Vials, deren Feuchtegehalt nicht der Spezifikation entsprechen, können sofort ausgeschleust werden.
2) Da der Gefriertrockner in einer definierten Art und Weise entleert wird (zum Beispiel unterste Stellplatte zuerst, einreihige Entleerung an der Slot-Tür beginnend, Abtransport der Vials von links nach rechts), kann rückwärts jedem gemessenen Feuchtewert eindeutig eine bestimmte Position auf einer bestimmten Stellplatte zugeordnet werden. Dies ermöglicht, in einfacher Weise zu prüfen, ob die Trocknung überall im Gefriertrockner gleich verläuft oder ob es spezifische kritische Bereiche gibt.
3) Es kann einfach überprüft werden, ob Out-Of-Specification-Vials (OOS) wiederholt bestimmten Positionen zugeordnet sind.
4) Diese Analysen der Daten können sowohl innerhalb einer Charge wie auch chargenübergreifend durchgeführt werden. Hierdurch  wird es möglich, einfach zu prüfen, ob etwa die Position im Gefriertrockner oder die Haltezeit nach der Befüllung einen Einfluss auf die Restfeuchte haben.
5) Jedes einzelne Vial kann „angewählt“ werden. Danach stehen die exakte Position im Gefriertrockner, die gemessene Restfeuchte sowie die Restfeuchten der Vials in benachbarten Positionen zur Verfügung. Hierdurch ist es einfach möglich zu unterscheiden, ob die abweichende Restfeuchte mit einer bestimmten Position im Gefriertrockner korreliert, oder eine andere Ursache haben muss.
Falls die Restefeuchtemessung aus organisatorischen oder räumlichen Gründen nicht unmittelbar an der Entladestation durchgeführt werden soll, steht mit einer mobilen Analyseeinheit eine adäquate Lösung zur Verfügung. Diese ist maximal 90 cm breit und kann daher problemlos durch Türen bewegt werden. Sie verfügt über den gleichen Funktionsumfang wie oben beschrieben – lediglich eine Scada-Integration steht nicht zur Verfügung.

Manuelle oder automatische Ausschleusung

In beiden Systemen können Vials, deren Feuchtegehalt vom System, als OOS detektiert wurde, entweder manuell vom Bediener entnommen werden oder optional auch mit einer Geschwindigkeit von bis zu 400 Vials/min automatisch ausgeschleust werden.

Um aus dem NIR-Signal zuverlässig den Feuchtegehalt bestimmen zu können, ist es notwendig, für eine neue Rezeptur einmal eine Kalibrierung durchzuführen. Hierfür werden die NIR-Signale ausgewählter Vials mit verschiedenen Restfeuchten gemessen und anschließend gegen die offline durch Karl-Fischer-Titration gewonnene Werte aufgetragen. Die so erhaltene Kalibrierkurve wird zusammen mit der Rezeptur für den Gefriertrocknungsprozess im System hinterlegt. Vor Beginn jeder Messung erfolgt eine Kalibrierung der Sensoren gegen ein weißes Normal aus Kunststoff. Diese Kalibrierung nimmt weniger als 5 min in Anspruch.

Das System wird auch noch weiterentwickelt. Momentan laufen Entwicklungen zur 100%igen Inline-Bestimmung des Wirkstoff-Gehalts (Active Pharmaceutical Ingredient, API) sowie zur Detektion von Meltbacks – beide ebenfalls mit der Option, Vials, die nicht der Spezifikation entsprechen, zu erkennen und auszuschleusen.

 

Entladestation
Für Fälle, in denen die Restefeuchtemessung nicht unmittelbar an der Entladestation durchgeführt werden soll, gibt es eine mobile Analyseeinheit.
(Bild: Gea)

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