Anlage

Anlage für virale Vektoren: Der Zeitaufwand bis ein Gentherapie-Arzneimittel final abgefüllt werden kann, kann mehrere Wochen betragen. (Bild: Optima Pharma Containment)

Entscheider-Facts

  • Eine CDMO benötigte eine spezifische aber hochflexible Anlage für virale Vektor-Produkte, die Ausschuss minimiert und so die Produktausbeute maximiert.
  • Die gelieferte Turnkey-Anlage ermöglicht die für CDMO nötige Flexibilität für die Verarbeitung unterschiedlicher Gebindetypen wie Fertigspritzen, Karpulen und Vials.
  • Mit sanftem Handling und Transport ist das System außerdem optimiert für kratzempfindliche CZ-Vials.

Der CDMO Thermo Fisher Scientific VVS (vormals Brammer Bio) hat auf diesem noch jungen Gebiet der Gentherapeutika jedoch bereits einiges an Erfahrung mit mehr als 60 verschiedenen viralen Vektor-Produkten gesammelt. In ein Projekt für eine neue Füll- und Verschließanlage des Anbieters Optima Pharma floss dieser Erfahrungsschatz mit ein. Die Abfüllanlage mit Produktsparfunktionen soll die Zahl der befüllten Vials pro Batch maximieren, erläutert Dena Flamm, Business Development Managerin bei Optima Pharma. Zu Projektbeginn erhielt sie vom Betreiber der Anlage eine Liste mit dieser und noch weiteren technischen Anforderungen. Der Spezialist für Abfüllanlagen wiederum brachte Erfahrungen aus anderen Projekten für virale Vektoren in die Konzeption ein.

Sanft zum Kunststoff, flexibel im Betrieb

Da virale Vektor-Produkte in gefrorenem Zustand gelagert werden, setzen die Kunden des CDMO bevorzugt Crystal-Zenith-Kunststoffvials von West (CZ-Vials) ein, was die Entwickler der Anlage entsprechend berücksichtigten. CZ-Kunststoffvials sowie Glas-Vials, die ebenfalls auf der Linie verarbeitet werden, sind jeweils Ready-to-Use-Komponenten, die vorsterilisiert und unter Vakuum in Folie eingeschweißt sind. Das Entfernen der Vakuumverpackung ist nicht einfach, doch mit der ergonomisch gut gestalteten De-Traying-Station ist dies auch über die Handschuheingriffe des Isolators gut handelbar. Werden hingegen Vials aus Glas, beispielsweise der Stevanato Group, verarbeitet, wird zusätzlich eine Tyvek-Removal-Station angesteuert. Für alle Behältnistypen folgt daraufhin ein De-Trayer.

In typischer Linien-Ausführung wäre nun ein Rundtisch für die Vereinzelung der Vials und die Übergabe an die lineare Verarbeitung vorgesehen. CZ-Fläschchen neigen jedoch sehr dazu, umzukippen und damit den Infeed zu blockieren, so dass das Bedienpersonal mehrfach eingreifen müsste, bis eine gleichmäßige Zuführung von Fläschchen gewährleistet wäre. Daher transportiert hier stattdessen eine spezielle lineare Zuführung, die das Umfallen der Vials komplett verhindert und die kratzempfindlichen CZ-Vials schonend behandelt. Ein Roboter mit Vakuumgreifern übernimmt nun die Vials und setzt diese in das lineare Transportsystem, ein Rechen mit Greifern, ein.

Gleiche Produktmenge, mehr Vials

Thermo Fisher VVS entschied sich dafür, alle verfügbaren Product-Saving-Funktionen in die Anlage zu inte-grieren. Eine einstellige Peristaltikpumpe, mit Single-Use-Produktpfad-Komponenten ausgestattet, dosiert hochpräzise. Zu Batch-Beginn werden mit der Priming-Funktion die ersten Vials direkt auf der Wägezelle bis zu ihrem Zielgewicht befüllt. Da die Wägezelle direktes Feedback über das dosierte Volumen gibt, entfällt damit die typische Anlaufphase mit noch ungleichmäßigem Dosierverhalten. Im laufenden Füllprozess kann eine 100 %-Gewichtskontrolle sowie eine Re-Dosing-Funktion aktiviert werden, was Ausschleusungen aufgrund falscher Dosierungen minimiert. Bei Bedarf signalisiert die Re-Dosing-Funktion dem Füllsystem, exakt die Menge an Produkt aufzudosieren, um so die vorgesehene Füllmenge zu erzielen.

Genauso ist der Verschließprozess darauf ausgelegt, die Zahl auszuschleusender Vials zu minimieren und damit die Effizienz zu maximieren. Nach Aufdrücken eines Stopfens wird mit Sensoren geprüft, ob dieser tatsächlich in der richtigen Position sitzt. Fehlt ein Stopfen, wird dies vom System detektiert und der Stopfen nachträglich ergänzt. Vor dem Transport an die Übergabestation werden die Bördelkappen aus Aluminium noch auf Deformation geprüft und deformierte Kappen in ein Abfallbehältnis gegeben. Somit ist sichergestellt, dass nur runde Kappen auf das Vial aufgebracht werden. Sollte das System eine fehlende Bördelkappe erkennen, wird der Übergabe- und Aufsetzvorgang wiederholt. Neben einer minimierten Zahl an auszuschleusenden Vials besteht ein weiterer Vorteil dieser Prozessabsicherungen darin, die Bedienereingriffe GMP-gerecht auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.

Roboter entfernt Trays der Vials
Die Trays der Vials werden automatisch mit einem Roboter entfernt, bevor die Vials in die spezifische lineare Zuführung übergehen. (Bild: Optima Pharma Containment)

Spezifisches  Differenzdruckkaskaden-Konzept

Nachdem die Vials verschlossen sind, verlassen diese den Isolator-geschützten Bereich und werden automatisch wieder in Trays geladen. Aufgrund von Biosafety-Level-2-Anforderungen hat Optima ein darauf abgestimmtes Differenzdruckkaskaden-Konzept in die Anlage integriert. Mittels Differenzdrücken zwischen den verschiedenen Verarbeitungszonen wird der Luftstrom gezielt in den Bereich des Traybeladesystems geleitet, wo der insgesamt niedrigste Differenzdruck (Air Sink) herrscht. Dies verhindert, dass Anlagenbediener in Kontakt mit Luft aus den Produktverarbeitungszonen des Isolators kommen. Im Bereich des Isolator-Plenums wird Luft aus der Verarbeitungszone rezirkuliert und mit Hepa-Filtern gereinigt. Als weitere Sicherheitsmaßnahme wird die „neutralisierte“ Rückluft des Isolators – etwa zehn Prozent des gesamten Luftvolumens – nicht in das HVAC-System des Reinraums, sondern aus dem Gebäude herausgeführt.

Der Isolator von Optima Pharma Containment arbeitet mit dem prämierten Decopulse-System. Damit profitiert Thermo Fisher Scientific VVS von schnellen Zykluszeiten bei zugleich sehr gleichmäßiger Benetzung der innenliegenden Oberflächen mit verdampftem H2O2. Diese Besonderheit entsteht, indem extrem kleine Mikrotröpfchen erzeugt werden, die komprimiert in einem Luftstrom bereits bei Zimmertemperatur iverdampfen. Mit gezielten Turbulenzen und durch Strömungssimulationen optimal platzierten Einspritzdüsen wird das verdampfte H2O2 äußerst gleichmäßig verteilt. Das sorgt für eine zuverlässige Dekontamination und zugleich kurze Zykluszeiten, nicht zuletzt auch durch das entfallende Aufheizen des Verdampfungssystems, wie es bei einer „klassischen“ Verdampfereinheit erforderlich wäre.

Dosieren auf Wägezelle
Die pro Batch vorhandene Produktmenge der wertvollen Arzneimittel wird mit den Optima Technologien für eine maximale Produktausbeute optimal genutzt. Dazu zählt das Dosieren auf der Wägezelle für sogenanntes Priming und Re-dosing. (Bild: Optima Pharma Containment)

CDMO heißt flexibel

Typischerweise werden virale Vektor-Produkte im Vergleich zu anderen Arzneimitteln in relativ kleinen Batches hergestellt. Thermo Fisher Scientific VVS geht von einer maximalen Batchgröße von bis zu 5.000 Objekten aus, was im Rahmen des Design-Prozesses definiert wurde. Als CDMO wird Thermo Fisher Scientific VVS häufig Produkt- und Formatwechsel durchführen. Die Peristaltikpumpen in Kombination mit Single-Use-Komponenten sorgen für schnelle und sichere Produktwechsel. Dies wird ergänzt durch ein zentrales HMI für Füllmaschine und Isolator, was die Bedienung insgesamt vereinfacht. Am HMI lassen sich die Einstellungen für anstehende Produkt- und Formatwechsel durchführen. Dabei ist insbesondere das lineare Transportsystem hervorzuheben, das ohne Größen-spezifische Formatteile auskommt. Insgesamt beherrscht die Anlage Vialformate bis zu 100R.

Vials
Am Ende des Füll- und Verschließprozesses werden die Vials in speziellen Trays gesammelt. (Bild: Optima Pharma Containment)

Neben den Product-Saving-Funktionen war für den Betreiber die ganzheitliche Turnkey-Vorgehensweise ein weiterer Grund, sich für Optima zu entscheiden. Wenn dann bei Thermo Fisher Scientific VVS im neuen Gebäude am Standort Plainville (Massachusetts, USA) die finale Installation der OPTIMA VFVM mit Isolator stattfinden wird, sind hier lediglich noch die elektrischen Kontakte und die zuvor geprüften Schnittstellen erneut zu verbinden sowie die Anschlüsse an die Gebäudetechnik zu finalisieren. Da die Anlage sehr kompakt ist und nur wenige Anschlüsse für den Transport unterbrochen werden mussten, ist eine schnelle Installation zu erwarten. Darauf folgt schließlich noch die Qualifizierung sowie die Dekontaminationszyklus-Entwicklung.

Vials auf dem Weg in die Vereinzelung.
Vials auf dem Weg in die Vereinzelung. (Bild: Optima Pharma Containment)

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