Flexible Fertigung statt Lagerhaltung

  • Die Overall Equipment Efficiency der Pharmaindustrie weist lediglich 40 bis 50% auf. Eine Neukonzeption muss alle Prozessteilnehmer einbinden.
  • Erst durch eine verstärkte Integration externer Partner und das Auslagern von Prozessen, die nicht zur pharmazeutischen Kernkompetenz gehören, werden Prozesse im Sinne eines Lean Managements möglich.
  • Erst eine Betrachtung über die gesamte Prozesskette inklusive einer Lieferantenintegration erlaubt eine weitgehende Optimierung der gesamten Prozesskosten.
  • Durch eine konsequent verschlankte Supply Chain im Pharma Packaging lassen sich die Beschaffungskosten so um bis zu 30% senken, wie Praxistests ergeben haben.
Durch eine konsequent verschlankte Supply Chain im Pharma Packaging lassen sich die Beschaffungskosten so um bis zu 30?% senken (Bilder: August Faller)

Durch eine konsequent verschlankte Supply Chain im Pharma Packaging lassen sich die Beschaffungskosten so um bis zu 30?% senken (Bilder: August Faller)

Der Vergleich zwischen Pizza und innovativem Lieferservice für Packmittel hinkt nicht. Ein guter Pizzabäcker hält die Zutaten möglichst frisch griffbereit, um sie auf Bestellung des Kunden innerhalb kürzester Zeit zu einem perfekten Gericht zusammenzufügen. Genau dieses Prinzip lässt sich auch im Versorgungsprozess der Pharmaindustrie anwenden.

Effizienzgewinn …

Ein gutes Beispiel liefert die Prozesskette der Packmittelbeschaffung. Die pharmazeutische Verpackung setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen – Primär- und Sekundärverpackung (Faltschachtel) sowie Packungsbeilage und gegebenenfalls Etikett. Lagerbestände für Sekundärpackmittel im großen Stil vorzuhalten ist aufgrund der häufigen Text- beziehungsweise Variantenwechsel nicht zielführend. Die Versorgungssicherheit über eine flexible Fertigungsplanung beim Lieferanten sicherzustellen bietet hingegen eine Reihe von Vorteilen. Strategische Konzepte für flexible Beschaffungsprozesse bieten enorme Potenziale für eine erhöhte Wertschöpfung sorgen. Ein Hersteller aller wesentlichen Sekundärpackmittel – Faltschachteln, Packungsbeilagen, Haftetiketten – startete bereits 2003 mit der bedarfsgerechten, integrierten KIT-Lieferung aller Sekundärpackmittel- Komponenten. Unter einem KIT wird dabei die bedarfsgerechte Just-in-time-Belieferung sämtlicher Komponenten direkt in die Bereitstellungszone des Produzenten verstanden. Bei entsprechender Abstimmung zwischen Lieferant und Kunde können hier sowohl Durchlaufzeiten als auch Bestände und Vernichtungskosten signifikant reduziert werden.

Einen Schritt weiter gehen die pharmazeutischen Dienstleistungen, die das Unternehmen im Pharma-Service-Center Verpackungsdienstleistungen im brandenburgischen Großbeeren anbietet. Hier werden primär verpackte pharmazeutische Produkte konfektioniert, umverpackt und kommissioniert. Ein kurzfristiger Bedarf an Antibiotika in Belgien kann dann beispielsweise mit bereits produzierten Arzneimitteln aus einer italienischen Charge gedeckt werden, einfach indem diese innerhalb kürzester Zeit flexibel umgepackt werden. Diese flexible Form des Verpackungsmanagements erlaubt dem Pharmazeuten, seine knappen Kapazitäten mit echt wertschöpfenden Tätigkeiten auszulasten und Korrekturtätigkeiten auszulagern.
Die Supply Chain der Pharmaindustrie ist seit langem auf dem Prüfstand. Eine international angelegte Benchmarkstudie der Universität Sankt Gallen ermittelte bereits im Jahr 2006, dass die Unternehmen zu sehr ihren traditionellen Produktionsabläufen verhaftet sind. Die veränderten Anforderungen aus dem Markt der „Post-Blockbuster-Ära“ werden nur ungenügend abgebildet. 2009 gab das Forum für Pharmaceutical Packaging in den USA an, dass die Overall Equipment Efficiency (OEE) im Schnitt Effizienzwerte von 40 bis 50% aufweist. Die Branche liegt damit weit unter den Werten der Lebensmittelindustrie und anderen Branchen. Neue Konzepte sind also gefragt, sorgen doch wachsender globaler Wettbewerb und leere Pipelines bei Patenten für enormen Entwicklungs- und Kostendruck.

… durch Lieferantenintegration

Eine umfassende Neukonzeption der Beschaffung muss alle Prozessteilnehmer einbinden. Hierzu gehören vor allem Einkauf, Produktion, Logistik, IT und Qualitätssicherung. Erst durch eine verstärkte Integration externer Partner und das Auslagern von Prozessen, die nicht zur pharmazeutischen Kernkompetenz gehören, werden Prozesse im Sinne eines Lean Management möglich. Am Beispiel der Versorgung mit Sekundärpackmitteln wird das Verbesserungspotenzial deutlich. Im traditionellen Beschaffungsprozess bestellt der Einkauf auf Basis seiner Ziele –meistens eine Reduktion der Einkaufspreise pro 1000 Einheiten. Hieraus entstehen häufig Beschaffungsstrategien, die weitgehend vom wirklichen Verbrauch losgelöst sind. Es resultieren Folgekosten in den nachgeschalteten Prozessen, die die ursprünglichen Preisvorteile überkompensieren und die Prozesskosten inklusive Lagerhaltung und Vernichtung unnötig erhöhen.

Erst eine Betrachtung über die gesamte Prozesskette inklusive einer Lieferantenintegration erlaubt eine weitgehende Optimierung der gesamten Prozesskosten. Über Vendor Managed Iventory zum Beispiel kann die Disposition der Packmittel und die damit verbundenen Bestandskontrolle durch den Zulieferer erfolgen. Bestell- und Dispositionskosten auf Seiten des Produzenten werden so konsequent vermieden. Eine kontinuierliche Analyse der echten Verbrauchsrhythmen erlaubt einen stetigen Übergang von der Lagerhaltung zur bedarfsgerechten Just-in-time-Belieferung. Durch eine konsequent verschlankte Supply Chain im Pharma Packaging lassen sich die Beschaffungskosten so um bis zu 30% senken, wie Praxistexts ergeben haben. In weiteren Studien ermittelte der Packmittelhersteller eine Bestandsverbesserung durch die KIT-Fertigung um bis zu 65% – mit den verbundenen Reduktionen der Vernichtungskosten sowie der Kosten für Lagerhaltung und interne Bereitstellung.

Die Konzentration auf wertschöpfende Prozesse unter gleichzeitiger Verbesserung der Versorgungssicherheit mit aktuell benötigten, druckfrischen Waren wird zunehmend zu einem treibenden Thema der Beschaffung in der Pharmaindustrie. In der Folge werden Lieferanten zu Wertschöpfungspartnern, die strategische Lösungen entwickeln. Dieses Potenzial, am Markt schneller zu agieren, ist eine der wesentlichen Chancen für den Pharmaproduzenten der Zukunft. Die Fähigkeit, die Stärken seiner Partner zu nutzen, wird zunehmend über den eigenen Markterfolg mitentscheiden.

Eine verschlankte Supply Chainim Pharma Packaging senkt dieBeschaffungskosten um bis zu 30%

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