Interview mit Friedbert Klefenz, Vorsitzender des Bereichsvorstands von Bosch Packaging Technology

P+F: Wie ist ihr Eindruck von der Achema bisher?

Klefenz: Im Vergleich zu 2009, als die Krise gerade begonnen hatte, ist mein Eindruck sehr gut. Es kommen viele Besucher, davon ein großer Anteil mit klaren Ideen und Projekten. Es finden nicht nur ‚Smalltalks‘ statt, sondern wir  diskutieren Projektideen dezidiert mit einem sehr internationalen Publikum, das nicht nur aus Deutschland oder Zentraleuropa kommt. Unsere Standbesucher kommen aus Asien, Nord- und Lateinamerika, Afrika und aus dem Mittleren Osten.

P+F: Ist Afrika bereits ein großer Markt für Sie?

Klefenz: Es ist ein ‚Growing Market‘. Wir haben deutlich zweistellige, fast dreistellige Wachstumszahlen. Zwar ist die Basis relativ klein, aber dort sehen wir Potenziale. Vor allem ist das in Südafrika und im Norden Afrikas spürbar – von Marokko bis Ägypten. Auf der Achema sind viele Besucher aus Ägypten, denn dort  derzeit  große Projekte.

P+F: Demnach bedeutet die Achema für Sie nicht nur Kontaktpflege, sondern es finden wieder konkrete Abschlüsse statt?

Klefenz: Wir diskutieren konkrete Projekte und führen Verhandlungen, teilweise erzielen wir sogar Abschlüsse. Viele Kunden kommen entweder mit neuen Projekten hierher, für die sie Partner suchen, oder mit solchen, die kurz vor dem Abschluss stehen und die sie noch einmal diskutieren wollen.

P+F: Sie verkaufen elf Prozent ihrer Maschinen nach China, aber nur zwei Prozent nach Indien. Nimmt die Bedeutung des indischen Marktes für die Pharma-Branche ab?

Klefenz: Das nicht, aber das Wachstumspotenzial in China ist höher. Bei den Prozentangaben sind allerdings nicht nur Pharma-Umsätze enthalten, sondern auch der Food-Bereich. Global gesehen generieren wir 45 Prozent unseres Umsatzes mit Pharma-Kunden und 53 Prozent mit Food- und Confectionery-Kunden..

P+F: Beobachten Sie in Indien denn einen abnehmenden Trend?

Klefenz: Nein. Indien wächst auch, aber auf einer anderen Basis. Die Wachstumsgeschwindigkeit in China ist höher als in Indien, aber Indien wächst – für unsere Märkte in der Größenordnung von 20 bis 25 Prozent pro Jahr. Das Stückchen Kuchen wächst kontinuierlich.

China dagegen ist in den letzten Jahren explodiert, was auch mit unserem guten Set-up in China zusammenhängt. Wir haben in China schlichtweg einen anderen Nährboden für unsere Produkte gefunden als in Indien. Das hängt mit der Gesamtinvestitionsbereitschaft dieser beiden Märkte zusammen.

P+F: Welche Länder sehen Sie außerdem noch als Emerging Markets für Pharma und für Lebensmittel?

Klefenz: Asien generell ist ein großer Wachstumsmarkt, in allen Regionen. Das betrifft nicht nur China, sondern auch die Asean-Staaten. Die Wachstumsbasis ist extrem klein, aber die Wachstumsraten sind  zumeist zweistellig. In Afrika ist es ähnlich, auch in Lateinamerika und Osteuropa lässt sich diese Entwicklung beobachten. In Deutschland dagegen liegen wir bei rund einem Prozent – allerdings ausgehend von einem anderen Level.

P+F: Wie ist der Absatz in Amerika zu sehen?

Klefenz: Wir sind dort gut aufgestellt und erwirtschaften mehr als 30 Prozent unseres weltweiten Umsatzes, davon im vergangenen Jahr allein 25 Prozent in Nordamerika, im Jahr davor 22 Prozent. Dass diese Zahl ein bisschen schwankt, hängt mit Großprojekten zusammen, von denen es dort einige gibt. Nordamerika ist damit auf einem hohen Niveau, die Wachstumsrate ist allerdings eher moderat.

P+F: Kommen wir auf die Pharma-Maschinen zu sprechen: Es ist immer wieder zu hören, dass der Trend zu kleinen Batches geht, um beispielsweise den Trend zur personalisierten Medizin zu bedienen. Gehen Sie in die Richtung zur verstärkten Entwicklung solcher Maschinen?

Klefenz: Die größten Zuwächse erleben wir zurzeit im Bereich von Large Batches, allerdings eher in den ‚Emerging Countries‘. Durch den enormen Nachholbedarf, den beispielsweise China und Indien haben, geht es dort in Richtung hochautomatisierter, schnell laufender, niedrig-komplexer Anlagen. Bei den traditionellen multinationalen Unternehmen in Europa, Nordamerika und Japan geht es in Richtung personalisierter Medizin, das heißt: Flexibilität in den Anlagen, schnelle Wechsel von einem Batch auf das andere. Daher sind wir auch die Kooperation mit Sartorius eingegangen. Einweg-Füllsysteme sind eine Möglichkeit, um den Aufwand beim Wechsel zwischen den Batches zu minimieren.

Als Marktführer in diesem Gebiet ist es unser Ziel den Kunden für Ihre Anforderungen die passende Lösung zu bieten. Im Kleinen von Laboranlagen, über Galenik-Anlagen, hochflexible mit mittlerem Output bis hin zu wenig flexiblen mit hohem Output. Wir müssen dieses alles nicht nur anbieten können, sondern auch modular so zusammenbauen können, wie es für den Kunden momentan notwendig ist.

P+F: Können Sie den Anteil beziffern, den personalisierte Medizin bereits am Markt hat und in welchen Ländern das ein Thema ist?

Klefenz: Bezüglich der Länder kann man es klar eingrenzen auf die sogenannten entwickelten Länder. Bezüglich der Menge ist es extrem schwierig einzugrenzen, denn eine richtige Definition, was personalisierte Medizin ist, und was nicht, existiert nicht. Ich selbst kann auch nicht genau sagen, wo sie abzugrenzen ist. Ich kenne zwei Extreme: den Blockbuster auf der einen Seite, beispielsweise Aspirin oder ähnliche Dinge, die sicher nicht personalisiert sind; auf der anderen Seite sind beispielsweise Medikamente, die genau auf eine spezielle Krebsbehandlung ausgerichtet sind, eben personalisiert. Aber alles dazwischen in der Grauzone ist schwierig abzugrenzen.

Für mich bedeutet personalisiert, dass man Kundengruppen clustert und versucht, die Cluster immer kleiner zu machen, um am Ende genau auf die Probleme der Einzelnen einzugehen. Wie groß jedoch der Markt ist, erfährt man von den Kunden auch nur wenig. Die meisten halten sich hier bedeckt. Wir stellen die Maschinen daher so her, dass, egal ob die Batches klein oder superklein sind, sie sich auf ihnen verarbeiten lassen. Aus diesem Grund ist auch das Thema der reduzierten Umrüstzeiten für uns sehr wichtig.

P+F: Biopharmaceuticals sind ebenfalls ein Trendthema und erleben derzeit einen Boom. Können Sie Ihre Produkte darauf hin anpassen oder entwickeln Sie neue Maschinen für diesen Bereich?

Klefenz: Wir können unsere Produkte anpassen, indem wir einzelne Teile der Anlagen anpassen. Bei den Biopharmaceuticals haben Sie oft lange Molekülketten, die dementsprechend empfindlich gegenüber Scherkräften reagieren. Daher müssen Sie zum Beispiel die Pumpen anpassen. Wenn Sie etwa eine Drehschieberpumpe im Einsatz haben, besteht die Möglichkeit, dass Sie die langen Molekülketten abscheren. Daher müssen Sie andere Pumpensysteme einbauen. Auf diese kleinen Details müssen wir uns einstellen und haben daher einen Baukasten konzipiert: Je nachdem, welches Produkt abgefüllt werden soll, kann aus dem Baukasten die entsprechende Pumpe gewählt werden. Wir sind auf solche Fälle bestens vorbereitet.

P+F: Wie ist es zu der Kooperation mit Sartorius für das Einweg-Füllsystem gekommen, haben Sie aktiv nach einem Partner gesucht?

Klefenz: Ja, wir haben uns überlegt, wie wir das Thema von kurzen Umrüstzeiten bei gleichzeitig hohen Hygienestandards angehen können. Es war aber relativ schnell klar, dass wir in dem Feld der ‚Disposables‘ und ‚Consumables‘ noch Potenzial haben. Wir stellen einige Produkte selbst her, wollten aber die Schlagzahl relativ schnell erhöhen. Daher haben wir geprüft, wer in dem Feld kompetent ist, mit wem wir zusammenarbeiten können.

Entwicklungszusammenarbeit heißt, dass man für eine gewisse Zeit gemeinsam in etwas investiert. Dafür braucht man den richtigen Partner. Das Unternehmen Sartorius und Bosch Packaging Technology sind zusammengekommen, weil wir die gleichen Ziele verfolgen und einen Fokus auf langfristiges Handeln haben. Wir sehen auch für weitere Produkte in dieser Partnerschaft eine Perspektive in den kommenden Jahren.

P+F: Wie steht es mit anderen Trendthemen wie Monopackstoffen, Renewables, Energieeffizienz oder niedrigem CO2-Fußabdruck – sind das Themen, mit denen Sie sich vermehrt beschäftigen?

Klefenz: Natürlich beschäftigen wir uns auch mit diesen Kunden. Wir allein können allerdings selten eine Entwicklung vorantreiben, sondern tun dies entweder mit einem Kunden oder einem Partner zusammen.

Das Thema ‚Disposables‘ gehen wir mit dem Partner Sartorius an. In anderen Bereichen, wie etwa dünneren Folien, kooperieren wir eher mit dem Kunden denn diese Stoffe müssen validiert und qualifiziert werden. Wenn wir auf eine dünnere Folie setzen – was einen Vorteil für unsere Kunden bringt, da die Tonnage dementsprechend geringer wird – ist es notwendig, dass die Maschinen noch akkurater arbeiten: Je dünner eine Folie wird, desto eher kann sie reißen. Genau dieses Problem ist dort vorhanden. Dafür entwickeln wir uns mit den Ansprüchen der Kunden weiter.

Im Food-Bereich etwa haben wir  große Projekte aufgesetzt, da dort bei relativ günstigen Produkten die Packstoffe nicht nur von ökologischer, sondern auch von ökonomischer Bedeutung sind. Im Pharma-Bereich, in dem  kleine Mengeneinheiten teilweise ein paar hundert Euro kosten, steht das in einem anderen Verhältnis, als bei einem günstigeren Produkt. Hier ist beispielsweise die Ultraschallsiegelung statt der Wärmesiegelung ein Thema, etwa bei Schokolade. Mit Ultraschallsiegelung können sie deutlich näher am wärmeempfindlichen Produkt siegeln, sparen somit Material und können zudem dünnere Folien verarbeiten. Derzeit laufen Tests mit Anlagen, die wir modifiziert haben, bei unseren Kunden.

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Syntegon Technology GmbH

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