- Das Fraunhofer IVV führt mikrobiologische Validierungen von hygienischen und aseptischen Abfüllanlagen mit resistenzgeprüften Bioindikatoren durch.
- Mögliche Schwachstellen im Abfüllprozess können so frühzeitig beseitigt und die Entkeimungseffizienz auf der Packmittel- und Anlagenseite optimiert werden.
- Im Rahmen des Forschungsprojektes „Proveresist“ entwickelt das Fraunhofer IVV eine Methode zur Messung der Resistenz von Mikroorganismen im trockenen Zustand gegenüber flüssigem Wasserstoffperoxid und Peressigsäure weiter und erarbeitet ein Konzept für einen entsprechenden Normentwurf.
- Damit wird für Unternehmen, die sich mit der hygienischen und aseptischen Abfüllung von Lebensmitteln und Pharmazeutika befassen, erstmals eine Methode verfügbar, die die bisher verwendeten Challenge-Tests tatsächlich validierbar macht.
So begünstigen weniger resistente Sporen falsch-positive Ergebnisse, die in der Praxis zu falschen Maschineneinstellungen und höheren Ausfallraten führen können. Die Ursachen für solche Schwankungen im Inaktivierungsverhalten sind häufig nicht bekannt oder schwer zu kontrollieren. Um die Prozesssicherheit zu erhöhen, führt das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV mikrobiologische Validierungen von hygienischen und aseptischen Abfüllanlagen mit resistenzgeprüften Bioindikatoren durch. Mögliche Schwachstellen im Abfüllprozess können so frühzeitig beseitigt und die Entkeimungseffizienz auf der Packmittel- und Anlagenseite optimiert werden.
Die Verpackung hat in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie einen hohen Stellenwert, da sie chemische, physikalische und mikrobiologische Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Füllgut unterbindet und auf diese Weise einen hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandard über eine längere Zeitspanne gewährleistet. Für eine ausreichende mikrobiologische Stabilität des abgepackten Lebensmittels wird neben der Behandlung des eigentlichen Produktes, wie zum Beispiel bei der Pasteurisation oder UHT-Erhitzung von Milch, auch die Verpackung bzw. der Packstoff einem Entkeimungsprozess unterzogen. Ziel einer Packstoffentkeimung ist die zuverlässige Abtötung von pathogenen Mikroorganismen und Verderbsorganismen. Nur so kann eine hohe Produktqualität und die Sicherheit des Konsumenten über einen langen Zeitraum gewährleistet werden.
Wichtige Funktion: Verpackungsmaterial sterilisieren
Eine Hauptfunktion hygienisch bzw. aseptisch arbeitender Abfüllanlagen ist das Entkeimen bzw. Sterilisieren des Verpackungsmaterials unmittelbar vor dessen Befüllung. Allgemein kann bei der Packstoffentkeimung zwischen zwei Verfahrensansätzen unterschieden werden: der Teilentkeimung zum einen und einer vollständigen Sterilisation im Rahmen der sogenannten aseptischen Abfüllung zum anderen. Bei der Teilentkeimung erfolgt nur eine partielle Reduktion der mikrobiologischen Belastung auf dem Packstoff; daraus resultieren eine verlängerte Haltbarkeit und ein verbesserter Hygienestatus der abgefüllten Produkte. In diesem Bereich gibt es keine klar definierten Anforderungen bezüglich der Testkeime und Reduktionsraten. Zum Einsatz kommen diverse physikalische Verfahren wie Bestrahlung- beispielsweise UV/IR-Strahlung – oder Dampf, aber auch chemische Agenzien basierend auf Peressigsäure und Wasserstoffperoxid. Häufig werden die Verfahren auch in Kombination angewendet. Die Teilentkeimung wird oft bei sauren Produkten mit pH-Werten unter 4,5 eingesetzt, bei denen ein Auskeimen bakterieller Sporen nicht möglich ist sowie bei Lebensmitteln mit begrenzter Haltbarkeit und Erzeugnissen, die in der Kühlkette vertrieben werden.
Eine Sterilisation von Packstoffen hingegen führt definitionsgemäß zu einer Oberfläche, die praktisch frei von allen lebensfähigen Mikroorganismen ist, widerstandsfähige Endosporen eingeschlossen. Dies bildet die Grundlage der Aseptik, bei der sterile Produkte rekontaminationsfrei in sterile Packmittel abgefüllt werden. Sterile Einheiten können dabei nur entstehen, wenn neben Packstoff und Füllgut auch die produktführenden Maschinen- und Anlagenteile sowie der Abfüllbereich keimfrei und nach außen abgeschirmt sind. Die Notwendigkeit aseptischer Prozesse ist dann gegeben, wenn Nahrungsmittel mit hohem aw-Wert und einem pH-Wert über 4,5 ohne Kühlung für mehrere Monate haltbar sein sollen. Ist jedoch eine vollaseptische Verpackung erforderlich, so reduzieren sich die Verfahren im Wesentlichen auf Peressigsäure, Wasserstoffperoxid und Sattdampf. Die Wasserstoffperoxid- und Peressigsäure-Technologie sind dabei deutlich marktbeherrschend und dürften zusammen mehr als 95 % aller Anlagen ausmachen. Die verfahrenstechnische Applikation erfolgt dabei mittels Tauch- und Sprühverfahren sowie über die Dampfphase.
Validierung der Entkeimungsleistung optimieren
Für das Bestimmen der Entkeimungseffizienz von aseptischen und hygienisch arbeitenden Abfüllanlagen werden mikrobiologische Validierungen unter anderem in Form von Challenge-Tests (Belastungstests) durchgeführt. Dabei erfolgt eine Prüfung der Leistungsfähigkeit von Entkeimungsvorrichtungen auf der Packmittel- und Anlagenseite zum Beispiel während der Entwicklung, bei Inbetriebnahme und Umbau von Maschinen, um mögliche Schwachstellen im Abfüllprozess aufzuzeigen und eine Aussage über den hygienischen Gesamtzustand der Anlage sowie die mikrobiologische Sicherheit zu erhalten.
Hierfür kommen sogenannte Bioindikatoren zum Einsatz. Dabei handelt es sich um künstlich verkeimte Trägermaterialien mit ausgewählten Testorganismen, die eine hohe Resistenz gegenüber dem Entkeimungsverfahren aufweisen, leicht nachweisbar sind und keine pathogenen Eigenschaften besitzen. Sie dienen als Messinstrument zur Bestimmung der logarithmischen Inaktivierung durch Vergleich der Ausgangskeimzahl mit der Anzahl der überlebenden Mikroorganismen nach dem Entkeimungs- bzw. Sterilisationsschritt. In der Regel werden dabei Mikroorganismen, wie etwa Bakterien oder Schimmelpilze, im Sporenstadium verwendet, da dies eine Dauerform mit hoher Widerstandsfähigkeit gegenüber zahlreichen physikalischen und chemischen Umwelteinflüssen darstellt. Neben der methodischen Durchführung ist das Ergebnis und damit der Erfolg einer mikrobiologischen Anlagenvalidierung maßgeblich von einer definierten Resistenz der eingesetzten Testorganismen abhängig.
Resistenzvariationen nachweisen
Bis vor einigen Jahren erfolgte die „Steuerung“ der mikrobiellen Resistenz lediglich über die Auswahl eines bestimmten Stammes einer Spezies. Dass dies nicht ausreichend ist, haben Untersuchungen am Fraunhofer IVV gezeigt: In Abhängigkeit der Sporenanzucht des gleichen Bakterienstammes konnten zum Teil erhebliche Resistenzschwankungen nachgewiesen werden.
Bild 2 zeigt die Inaktivierungskinetiken von Bacillus subtilis-Endosporen gegenüber Wasserstoffperoxid für verschiedene Anzuchten. Trotz konstant gehaltener Versuchsparameter wiesen die Sporen aus der Suspension 1 eine geringere Resistenz auf. Solche Abweichungen in der Sporenresistenz können zu einer falschen Auslegung der Entkeimungsprozesse und damit zu einer nicht ausreichendenden Sterilisation bzw. Entkeimung der Verpackung oder der Anlage führen. Eine Folge davon können wirtschaftliche Schäden durch Produktausfälle oder eine Gefährdung des Konsumenten sein.
Die Ursachen für derartige Schwankungen im Inaktivierungsverhalten können vielfältig sein. Wissenschaftliche Arbeiten haben gezeigt, dass Parameter wie beispielsweise die Inkubationstemperatur oder die Inhaltsstoffe, wie etwa Salze, bzw. Eigenschaften des Mediums bei der Sporenanzucht – pH-Wert, aw-Wert -, einen wesentlichen Einfluss auf die Resistenz von Endosporen haben können.
Da aber auch bei der standardisierten Herstellung von Sporensuspensionen erhebliche Variationen auftreten können, dürften im alltäglichen Laborbetrieb nicht kontrollierte Faktoren eine Rolle spielen. Für die praktische Validierung hat dies zur Folge, dass Keimart und Stamm nicht die entscheidenden Kriterien darstellen dürfen, sondern eine definierte Resistenz der jeweils verwendeten Sporen- bzw. Keimanzucht das Maß der Dinge sein muss.
Weltweite Standards und Prüfvorschriften beschäftigen sich mit dem Nachweis der Effizienz von mikrobiziden Wirkstoffen. Dies sind zum Beispiel DIN EN 14347, DIN EN 13704, ASTM E2197-02 etc. Allerdings existiert europaweit noch keine standardisierte Messmethode für die Bestimmung der Resistenz von Modellorganismen gegenüber Wasserstoffperoxid und Peressigsäure. Kommerziell verfügbare Bioindikatoren werden häufig anhand Ihrer Resistenz gegenüber Hitze charakterisiert. Selten findet man Resistenzangaben für Sporensuspensionen gegenüber Wasserstoffperoxid. Eine Ursache hierfür liegt sicherlich in der Komplexität der Methodik. Forschungsarbeiten am Fraunhofer IVV haben gezeigt, dass Prozessparameter wie Temperatur, Trägermaterial und Applikationsverfahren einen enormen Einfluss auf die Messwerte haben können.
Somit besteht ein erheblicher Bedarf an einer standardisierten Methode zur Bestimmung der Resistenz von Mikroorganismen im trockenen Zustand gegenüber Wasserstoffperoxid und Peressigsäure.
Normentwurf zur Resistenzbestimmung
gegenüber Wasserstoffperoxid
Im Rahmen des BMBF geförderten Forschungsprojektes „Proveresist“ entwickelt das Fraunhofer IVV die Methode zur Messung der Resistenz von Mikroorganismen im trockenen Zustand gegenüber flüssigem Wasserstoffperoxid und Peressigsäure weiter und erarbeitet ein Konzept für einen entsprechenden Normentwurf. Damit wird für Unternehmen, die sich mit der hygienischen und aseptischen Abfüllung von Lebensmitteln und Pharmazeutika befassen, erstmals eine Methode verfügbar, die die bisher verwendeten Challenge-Tests tatsächlich validierbar macht.
Maschinenprüfungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten oder von verschiedenen Institutionen durchgeführt wurden, werden durch die „Eichung“ des Bioindikators Bakterienspore vergleichbar. Auf diese Weise erhalten diese Tests hinsichtlich der Sicherheit der erzielten Ergebnisse eine wesentliche Qualitätssteigerung, und das Risiko falsch ausgelegter Entkeimungsprozesse reduziert sich erheblich.
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