KI-generiertes Symbolbild zur Pharmazeutischen Forschung

(Bild: Dall-E3 / OpenAI)

Seit der Jahrtausendwende fließt mehr und mehr Kapital nach China: in der Spitze weit mehr als die Hälfte aller Ausgaben für Maschinen und Fahrzeuge, Forschung und Entwicklung sowie Bauten. Einzig mithalten können die USA. Sie haben von China ihre Spitzenposition als attraktivsten Investitionsstandort im Bereich Maschinen und Anlagen sowie Forschung und Entwicklung seit 2015 zurückgewonnen. Das zeigt eine Auswertung des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA) in der neuesten Ausgabe des Macroscope Pharma Economic Policy Briefs.

Die Gründe für die unterschiedliche Entwicklung in den USA und der EU im Vergleich zu China liegen in den Akzenten, die die US-Wirtschaft in wichtigen Zukunftsfeldern setzt: Finanzmärkte, IT-Services und Online-Handel. In all diesen Bereichen konnten die USA einen deutlichen Vorsprung erringen.

Internet-Giganten und KI-Vorsprung

„Die Erkenntnis, dass die USA mit ihren Online-Handels-Plattformen, ihren Internet-Giganten, dem Vorsprung in der KI-Forschung und ihrer traditionell starken Finanzbranche Akzente für die Investitionstätigkeit setzen, überrascht nicht. Dass aber selbst die deutsche Industrie ins Hintertreffen gerät, ist ein Hinweis, dass sich strukturelle Standortprobleme verstärken“, sagt VFA-Chefvolkswirt Dr. Claus Michelsen. „Deutschland sollte bei den Investitionen des industriellen Sektors führend sein, um auch künftig auf diesen Kern des Wirtschaftsstandorts bauen zu können. Stattdessen sinken die Anteile bei den Ausrüstungsinvestitionen und auch bei den immateriellen Gütern.“

Um die Investitionen in Deutschland zu beleben, wäre eine staatliche Flankierung wichtig. Eine zukunftsgerichtete Industriepolitik sollte dabei die Investitionen anregen, vor allem aber den Fokus auf Anreize für die Entwicklung geistigen Eigentums legen und damit die dringend notwendige Modernisierung des heimischen Kapitalstocks vorantreiben. Eine Möglichkeit sind Superabschreibungen für Investitionen in moderne und nachhaltige Produktionsanlagen.

Medizinforschungsgesetz für Pharmastandort Deutschland

Michelsen: „Ein guter Ansatz dafür ist die Pharmastrategie der Bundesregierung. Sie stärkt an vielen Stellen die Rahmenbedingungen für eine Schlüsselindustrie Deutschlands. Diese konsequent umzusetzen, Innovationsanreize im Gesundheitssystem zu stärken und mit öffentlichen Investitionen zu flankieren, ist ein erfolgversprechender Ansatz, um die gesamtwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.“

Ein wichtiges Reformvorhaben, das den Pharmastandort Deutschland stützen soll, ist das Medizinforschungsgesetz. Einen Entwurf dafür hat die Bundesregierung Ende März abgesegnet, damit durchläuft es nun die Prüfung durch Bundestag und Bundesrat. „Das Medizinforschungsgesetz wird der klinischen Arzneimittelforschung hierzulande endlich wieder neuen Schwung geben. Den braucht es jetzt auch!“, bekräftigt VFA-Präsident Han Steutel. „In internationalen Vergleichen hat Deutschland auf diesem Feld in den letzten Jahren dramatisch an Boden verloren.“

Das Gesetz soll die Grundlagen für beschleunigte Arzneimittelentwicklung legen. Die Verwendung von Standardvertragsklauseln (auch Mustervertragsklauseln genannt) bei Verhandlungen zwischen Unternehmen (oder anderen Studien-Initiatoren) und Kliniken kann dafür sorgen, dass geplante Arzneimittel-Studien wesentlich schneller beginnen können. Ein Vergleich mit Spanien oder Frankreich zeigt jedoch: Den Studienstandort insgesamt bringe das erst voran, wenn ihre Verwendung verbindlich ist, teilt der VFA mit. Am Gesetzentwirf kritisiert der Verband darum, dass diese Standardvertragsklauseln lediglich bekanntgemacht, nicht aber verbindlich werden.

Mit dem Medizinforschungsgesetz soll auch eine „Spezialisierte Ethik-Kommission für besondere Verfahren“ für die Bewertung von Anträgen auf besondere Formen von Arzneimittelstudien eingerichtet werden – etwa für komplexe Masterprotokollstudien, Gentherapiestudien und Studien, in denen Medikamente erstmals mit Menschen erprobt werden. Das sieht auch der VFA als eine Lösungsoption, um zu effizienteren Genehmigungsverfahren für solche Studien zu kommen. Dazu müsse aber geregelt werden, wie diese neue Kommission mit den bestehenden Ethikkommissionen etwa auf Ebene des Arbeitskreises der Ethikkommissionen (AKEK) interagieren soll. Letzterer solle gleichzeitig autorisiert werden, auf eine Harmonisierung der einzelnen Ethikvoten in Deutschland hinsichtlich gängiger Studien-Aspekte hinzuwirken. „Diese Interaktion lässt der Kabinettsentwurf leider weiterhin ungeregelt. Eine weiterhin fehlende Harmonisierung bzw. Parallelstrukturen bei deutschen Ethikvoten wären zum Schaden des Studienstandorts“, so der Verband.

„Leitplanken müssen zurückgenommen werden“

Hinzu kommt schließlich noch eine Erweiterung im Erstattungsrecht. Mit dem Medizinforschungsgesetz soll auch in Deutschland die Möglichkeit geschaffen werden, den von Hersteller und Krankenkassen verhandelten Erstattungsbetrag nicht öffentlich zu listen. Diese Option wird in anderen Ländern schon seit langem genutzt. „In der neuen Regelung sieht der VFA eine Ergänzung im Baukasten der deutschen Erstattungsregeln, geeignet für Einzelfälle, aber nicht als Schlüssel für verlässliche Erstattungsbedingungen“kommentiert hierzu VFA-Präsident Steutel. „Damit Deutschland seinen Spitzenplatz in der Versorgung von Patienten mit innovativen Therapien behält, brauchen vor allem Schrittinnovationen wieder eine Chance. Die sogenannten Leitplanken zur Preisfindung nach der Nutzenbewertung wirken wie ein zusätzlicher Rabatt. Sie müssen wieder zurückgenommen werden. Hier war das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz auf dem Holzweg, und das Medizinforschungsgesetz bietet die Möglichkeit, das noch zu ändern!“

Sie möchten gerne weiterlesen?