Gruppe Arbeiter in Schutzkleidung im Reinraum in der Pharmaindus

1: Um eine Kontamination mit Bakterien zu verhindern, wird in Reinräumen der Pharmaindustrie zunehmend Wasserstoffperoxid eingesetzt. (Bild: industrieblick - stock.adobe.com)

  • Wasserstoffperoxid ist ein wirksames Mittel zur Bio-Dekontamination und setzt sich gegenüber Formaldehyd immer mehr durch.
  • Um die Dekontamination präzise zu steuern und die richtige H2O2-Konzentration einzustellen, ist die relative Sättigung und deren Messung entscheidend.
  • Erstmalig ist es nun gelungen, die drei entscheidenden Raumparameter bei der Bio-Dekontamination mit einem einzigen Sensor zu messen.

Bis vor Kurzem wurde für die Bio-Dekontamination Formaldehyd eingesetzt – auch im Gesundheitsbereich. Bei einer Luftsättigung von 100 % und Temperaturen von mehr als 65 °C wurde dazu das Biozid in den abgedichteten Raum gelassen. Erst nach rund 18 Stunden war die Ausgasung des Formaldehyds und damit der Reinigungsprozess abgeschlossen und die Räume konnten wieder betreten werden. Zurück blieb allerdings ein weißer Niederschlag, der mittels aufwendiger Reinigung entfernt werden musste. Ein Prozess, der nach umfangreicher Arbeit klingt – und genau das auch war. Aber nicht nur die anschließende Reinigung trat die Suche nach einem alternativen Verfahren los, Formaldehyd ist darüber hinaus giftig und geruchsintensiv.

Raumdekontamination mit Wasserstoffperoxid statt Formaldehyd

Als saubere und umweltfreundliche Alternative zur Bio-Dekontamination mit Formaldehyd hat sich verdampftes oder vernebeltes Wasserstoffperoxid (H2O2) bewährt. Dieses Verfahren setzt sich mehr und mehr durch, da es selbst die resistentesten Mikroorganismen wie Bakteriensporen, Mykobakterien und Viren bei Raumtemperatur und bereits in niedrigen Konzentrationen abtötet. Während und nach dem Sterilisationsprozess zerfällt Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff, sodass es keine toxischen Rückstände hinterlässt. Darüber hinaus gilt die Reinigung mit H2O2 als besonders effektiv, da es mit einer Vielzahl von Materialien verträglich ist und ein breites Wirkungsspektrum abdeckt.

In der Regel wird dazu eine 35-%ige H2O2-Lösung mit einem speziellen Apparat in dem zu dekontaminierenden Raum verdampft, bis der Taupunkt erreicht ist. Je nach Raumgröße und Umgebungsbedingungen dauert diese Phase unterschiedlich lange. Durch die gleichmäßige Mikrokondensation auf allen Oberflächen wird der Reinraum dekontaminiert und anschließend über einen Katalysator umweltfreundlich in Wasser und Sauerstoff zerlegt.

Die Gesamtlänge der Reinigungsprozedur hängt dabei vom zu sterilisierenden Objekt ab, typische Zyklen liegen jedoch zwischen einer und zwei Stunden. Die Dekontamination mit H2O2 findet bei niedrigem Druck und niedriger Temperatur zwischen 6 und 60°C statt. Damit eignet sich die Methode besonders für Produkte, die entweder der Hitze einer typischen Dekontamination in Autoklaven (wie Kunststoff) nicht standhalten können, oder für Räume mit eingeschränkter Diffusion wie Medizinprodukte mit geringem Lumen.

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2: Wasserdampf (H2O) und H2O2 beeinflussen die relative Sättigung RS und relative Feuchtigkeit RH.

Permanente Überwachung der Raumparameter entscheidend

Bei der Messung der H2O2-Konzentration muss beachtet werden, dass bestimmte Umgebungsbedingungen und Materialien das Ergebnis beeinflussen können. Auch Temperatur und Feuchtigkeit beeinflussen die Konzentration von Wasserstoffperoxid, die maximal erreicht werden kann. Als Richtmaß für die Qualitätskontrolle während der Bio-Dekontamination mit verdampftem Wasserstoffperoxid können sowohl die relative Luftfeuchtigkeit (Relative Humidity, RH) als auch die relative Sättigung (Relative Saturation, RS) gemessen werden. Die Gesamtfeuchte wird während des Reinigungsprozesses vom H2O2-Gehalt in der dekontaminierten Luft beeinflusst.

Wichtig zu verstehen ist, dass die relative Luftfeuchtigkeit nur den Feuchtewert aus dem Wasserdampf angibt. Der relative Sättigungsmesswert hingegen gibt sowohl die Feuchtigkeit an, die vom Wasserstoffperoxid als auch vom Wasserdampf stammt. Damit ist die relative Sättigung der einzige Parameter, der anzeigt, wenn ein Luftgemisch zu kondensieren beginnt (100% RS) und damit zentral für die Überwachung der Dekontamination.

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3: Der kapazitive Dünnschicht-Polymer-Sensor ermöglicht wiederholbare Messungen.

Dazu wird – abhängig von den jeweiligen Raumparametern und den räumlichen Gegebenheiten – so viel H2O2 verdampft, bis der Taupunkt erreicht und die Mikrokondensation auf den Flächen einsetzt. Erst dann kommt es zu einem vollständigen Kontakt zwischen Wirkstoff und Oberfläche – die Dekontamination beginnt und ein optisch nicht sichtbarer Film mit einer Stärke von 2 bis 6 μm bildet sich auf den Oberflächen. Liegt die H2O2-Konzentration unterhalb des Taupunktes, ist der Kontakt von H2O2-Molekülen und Keimen nur zufällig – und damit nicht ausreichend für die strengen GMP-Auflagen in der pharmazeutischen Industrie.

Das Robert-Koch-Institut sieht vor, dass die physikalischen Parameter Temperatur, % rel. Feuchte und Wasserstoffperoxidkonzentration im Raum sowie die Betriebsdaten des Generators für die Konditionierung (ggf. Entfeuchtung), Desinfektion und Belüftung für einen kompletten Begasungszyklus mit geeigneten Prüfungen ermittelt und festgelegt werden müssen. Damit nicht genug, diese Parameter müssen auch fortlaufend kontrolliert und dokumentiert werden. Bisherige Messmethoden – etwa über elektrochemische Zellen oder Nah-Infrarot-Technologie – konnten diese Vorschrift bis jetzt nicht vollständig einhalten, da die Konzentrationen während des Dekontaminationszyklus unter anderem den Messbereich der elektrochemischen Verfahren überschreiten. Mit vorhandenen Verfahren konnte bislang auch lediglich H2O2 (ppm) gemessen werden, sodass für die Feuchtemessung ein zusätzlicher Sensor notwendig wurde.

Neue Messtechnologie für eine präzise H2O2-Begasung

Die Lösung: Ein neues Messverfahren, das sowohl die relative Luftfeuchtigkeit als auch die relative Sättigung sowie die Temperatur ermittelt und damit die Kontrolle über die drei entscheidenden Raumparameter bei der Bio-Dekontamination ermöglicht. Speziell für diese Zwecke entwickelt, nutzt die HPP272-Sonde den neu entwickelten Peroxcap-Sensor, der auf einer kapazitiven Dünnschicht-Polymer-Sensortechnologie basiert. Die Messung verwendet zwei zusammengesetzte Humicap-Sensoren, einen mit einer katalytischen Schutzschicht und einen ohne.

3 Die PEROXCAP-Messung verwendet zwei zusammengesetzte HUMICAP-Sensoren, einen mit einer katalytischen Schutzschicht und einen ohne

4: Prinzip der Peroxcap-Messung: Diese verwendet zwei zusammengesetzte HUMICAP-Sensoren, einen mit einer katalytischen Schutzschicht und einen ohne.

Wasser und Wasserstoffperoxid haben eine sehr ähnliche Molekularstruktur und beeinflussen beide die Feuchtigkeit der Luft, in der sie sich befinden. Die HPP272-Messung unterscheidet deshalb zwischen der Feuchtigkeit, die durch H2O2-Dampf und Wasserdampf verursacht wird, und der Feuchtigkeit, die nur durch Wasserdampf entsteht. Die katalytische Schicht des Humicap-Sensors katalysiert H2O2 aus dem Gasgemisch, sodass der Sensor mit dieser Schicht nur Wasserdampf erfasst und damit die relative Luftfeuchtigkeit misst. Der zweite Humicap-Sensor ohne katalytische Schicht erfasst das Luftgemisch aus verdampftem Wasserstoffperoxid und Wasserdampf. Die Differenz zwischen den Ablesungen der beiden Sensoren zeigt die Dampfkonzentration von H2O2 an.

Wegen der Wiederholbarkeit der Messung durch die Sonde ist die Verifizierung des Bio-Dekontaminationsprozesses Zyklus für Zyklus zuverlässig. Die sehr stabile 3-in-1-Sonde muss nur einmal pro Jahr kalibriert werden. Darüber hinaus sorgt die Heizfunktion des Sensors dafür, dass kein Wasser auf dem Sensor kondensieren kann, sodass die Messdaten auch bei extrem hoher Luftfeuchtigkeit zuverlässig bleiben.

Fazit: Die Wirksamkeit von verdampftem Wasserstoffperoxid zur Bio-Dekontamination ist schon längst kein Geheimnis mehr. Neu ist allerdings das Wissen um die Relevanz der relativen Sättigung, um die H2O2-Konzentration präzise zu ermitteln und den Bio-Dekontaminationsprozess wiederholbar zu steuern. Denn die Anforderungen an eine optimale Begasung variieren von Umgebung zu Umgebung und sind abhängig von einer Vielzahl an Parametern. Erstmalig ist es nun gelungen, die drei entscheidenden Raumparameter bei der Bio-Dekontamination mit einem einzigen Sensor zu messen.

Zur TECHNIK

Bio-Dekontamination mit Wasserstoffperoxid
Verdampftes Wasserstoffperoxid wird in großem Umfang bei der Bio-Dekontamination und Sterilisation von Räumen, Einrichtungen und Ausrüstungen in der pharmazeutischen Industrie und im Gesundheitswesen verwendet. Beispielsweise können Isolatoren, Behandlungsräume in Krankenhäusern und Krankenwagen mit verdampftem Wasserstoffperoxid gereinigt werden. In Laboratorien können kontaminierte Oberflächen oder Luft katastrophale Auswirkungen auf die Forschungsaktivitäten haben. Deshalb werden üblicherweise H2O2-Begasungsapparate zur Dekontamination von Versuchs- und Obduktionsräumen, Inkubatoren oder Sicherheitswerkbänken eingesetzt. Aber auch in der Lebensmittelherstellung kommt H2O2 zum Einsatz, um beispielsweise Verpackungsmaterial wie PET-Flaschen und Kunststoffbehälter vor dem Abfüllen zu desinfizieren.

Die komplexen Hygieneanforderungen bei der Herstellung von Medizinprodukten sind häufig nur im Reinraum einzuhalten. Die Reinraumdekontamination ist daher ein wichtiges Anwendungsfeld, um etwa Sauerstoffkonzentratoren, CPAP-Geräte oder Computertomografen aseptisch zu produzieren.

PEROXCAP HPP272_Vaisala Die 3-in-1-Messsonde Vaisala PEROXCAP® HPP272 misst verdampftes Wasserstoffperoxid, Feuchte und Temperatur

5: Die 3-in-1-Mess-sonde HPP272 misst verdampftes Wasserstoffperoxid, Feuchte und Temperatur.(Bilder: Vaisala)

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