- Bereits im Jahr 2014 rollte eine regelrechte Übernahmewelle über die Branchen Pharma, Food und Lifescience.
- Treiber hierfür waren damals vor allem hohe Gewinne, die die Unternehmen aufgrund der herrschenden Niedrigzinslage wieder reinvestieren mussten.
- Aber auch strategische Überlegungen wie das Fokusieren des eigenen Produktportfolios oder der Kauf kleinerer Start-ups mit vielversprechenden Medikamenten im Entwicklungsstadium spielten mit.
- Was damals galt, gilt bis heute. Und wie die Zahlen zeigen, wurde nun auch die Chemiebranche angesteckt.
Zeit also für ein Update, in dem wir uns der Frage widmen: Was ist seither geschehen? Hat sich die Industrie beruhigt, oder befanden sich die Marktteilnehmer auch 2015 weiterhin in einem ungebremsten Kaufrausch? Die Antwort lautet: Sie kaufen noch immer. Noch nie in der Geschichte wurden so viele Deals abgeschlossen wie in 2015; erstmals erreichten die Transaktionen branchenübergreifend eine Gesamtsumme von 4,6 Bio. US-Dollar. Das waren 300 Mrd. US-Dollar mehr als im bisherigen Rekordhalter-Jahr 2007. Und wenn man Vir Lakshman, Head of Chemicals und Pharmaceuticals beim deutschen Beratungsunternehmen KPMG, glauben darf, dann wird auch 2016 nicht enttäuschen. Sein Unternehmen brachte im Januar eine Studie auf den Markt, die die Aufkäufe des vergangenen Jahres zusammenfasst und Prognosen für das laufende wagt. Das firmeneigene „Deal Thermometer“ steht dabei für die Pharmabranche auf „Hot“, für die Chemie immerhin auf „Moderate“.
Pharma: Eine Branche im Kaufrausch
Klotzen statt kleckern – unter diesem Motto standen die wohl spektakulärsten Deals des vergangenen Jahres. In der Pharmabranche summierten sich allein die 10 größten, bereits abgeschlossenen Deals in 2015 auf ein Gesamtvolumen von 179 Mrd. US-Dollar, wobei sich hier vor allem Unternehmen aus den USA hervortun. Das war auch bereits im Vorjahr so. Der Grund von damals, der wohl noch immer maßgeblich ist: Die Konzerne konnten in den vergangenen Jahren extrem hohe Gewinne generieren, die sie aufgrund der niedrigen Zinslage nun ausgeben müssen, wollen sie ihren Ersparnissen nicht beim rezensionsbedingten Wegschmelzen zusehen. Die spektakulärste Übernahmemeldung des vergangenen Jahres war bisher nur eine Ankündigung: Nach längerem hin und her ist der Aufkauf von Allergan durch Pfizer nun fest beschlossene Sache. In der zweiten Hälfte 2016 sollen Fakten entstehen und 160 Mrd. US-Dollar den Besitzer wechseln. Mit einem Marktwert von 300 Mrd. US-Dollar wird der dann entstandene Konzern den bisherigen Branchen-Primus Johnson&Johnson vom Thron verdrängen.
Chemie: Auch hier dominieren die USA
Aber nicht nur Pharmazeuten können mit Zahlen beeindrucken: In der Chemiebranche beendeten Dow und Dupont das Jahr mit einem Donnerhall, als sie ihren Zusammenschluss verkündeten, der das größte Chemieunternehmen der Welt mit einem Marktwert von nunmehr 130 Mrd. US-Dollar entstehen lässt. Nicht zu Unrecht ließ sich damals Dow-CEO Andrew Liveris mit den Worten zitieren: „Diese Transaktion ist ein Game-Changer für unsere Branche.“ Der Riese ist aber schon wieder angezählt: in naher Zukunft will sich der Konzern in drei Unternehmen aufteilen: Eines für Kunststoffe, eines für Agrochemie und eines für Spezialchemikalien. Insgesamt flossen im vergangenen Jahr 74 Mrd. US-Dollar.
Im direkten Vergleich mit der Pharmabranche vielleicht nicht ganz so beeindruckend, trotzdem aber der höchste Wert seit 2011. Spitzenreiter der bereits abgeschlossenen Übernahmen war hier Merck. Der Konzern kaufte Sigma-Aldrich für eine Summe von 17 Mrd. US-Dollar. Diese Beispiele sind nicht nur durch ihre reinen Zahlenwerte interessant, sondern auch stellvertretend für die Beweggründe: Anders als in der Pharmabranche geht es hier nicht um das Anlegen von überschüssigem Kapital oder die Hoffnung auf neue Blockbuster, sondern strategische Neuausrichtungen: Dow-Dupont will sich spezialisieren, Merck sieht seine Rekordübernahme als wichtigen Baustein im „Fit für 2018″-Transformations- und Wachstumsprogramm, das die Geschäftsteile Healthcare, Life Science und Performance Materials stärken soll.
Es folgt: das Jahr der Superlative
Was auffällt, stellt man die umgesetzten und die für das laufende Jahr angekündigten Deals gegenüber (siehe Tabellen): Die Höhe der Spitzen-Transaktionen vervielfacht sich in beiden Branchen, Milliardenbeträge im zwei- und einmal sogar im dreistelligen Bereich prägen das Bild. Wird 2016 damit ein Rekord-Ereignis – oder Start einer neuen Ära? Die Antwort liefern wir Ihnen an dieser Stelle im kommenden Jahr.
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