Net-Zero-Heat-System

Das Net-Zero-Heat-System kann verschiedene Wärmeprozesse de-karbonisieren. (Bild: Kraftblock)

Entscheider-Facts

  • Das Speichergranulat hat eine Kapazität von bis zu 1,2 MWh pro Kubikmeter auf 1.300 °C.
  • Die Speicherphase kann zwischen wenigen Minuten und bis zu zwei Wochen betragen.
  • Das System kann eine zentrale Wärmequelle in Lebensmittelfabriken wie einen Brennkessel ersetzen.

Energie und insbesondere Brennstoffe zur Wärmeerzeugung sind momentan stark im Fokus vieler Unternehmen. Die Kosten für Gas sind weiter ungewiss, während die Kosten für den CO2-Ausstoß stetig steigen. Zugleich wächst der Druck von Konsumenten und Kunden in der Lieferkette, Produkte klimaneutral zu produzieren.

Energie ist hierbei für viele ein Knackpunkt. Pepsico geht nun in den Niederlanden einen neuen Weg und reduziert Emissionen um 98 %, indem das Unternehmen Gas als Energiequelle durch grünen Strom ersetzt. Neu daran ist das Speichersystem, das diesen Schritt wirtschaftlich ermöglicht.

Nördlich von Amsterdam steht ein großes Werk des Lebensmittelkonzerns. Hier produziert er Lay’s Kartoffelchips und Snacks für acht europäische Länder.

Der größte Aufwand: das Frittieren. Auf bis zu 300 °C muss das Frittieröl mittels Thermalöl erhitzt werden. Im Jahr ist das ein Bedarf von 9 Mio. m3 Gas, die 17.000 Tonnen CO2 ausstoßen. Um die Prozesswärme zu ersetzen und die Emissionen zu sparen, wird grüner Strom in Wärme umgewandelt und gespeichert. Der Speicher ermöglicht dem Konzern eine sichere Versorgung und Strom zu beziehen, wenn die Tarife günstig sind.

Mit der Technologie von Kraftblock soll der Speicher bei Pepsico der weltweit größte kommerzielle Hochtemperaturspeicher mit insgesamt etwa 150 MWh Kapazität werden. Er wird in zwei Schritten aufgebaut: Zunächst werden in einem Jahr 70 MWh Kapazität und 9 MW Ladeleistung installiert. Damit werden schon 51 % der Emissionen gespart. Darauf folgt der Bau weiterer Speichermodule für die komplette Kapazität, die den Gaskessel mit 22 MW Leistung ersetzt. Das flexible, sogenannte Net-Zero-Heat-System kann dabei in jede wärmeintensive Industrie übertragen werden, von Zucker-, Süß- und Backwaren über Milchprodukte und Kaffee bis zu alkoholischen Getränken oder Fruchtsäften.

Grafik
Das thermische Be- und Entladen funktioniert mit Luft, die erst das Material erhitzt und beim Entladen am Material heiß wird. (Bild: Kraftblock)

So funktioniert der Energiespeicher

In Widerstandserhitzern in industriellem Maßstab wird Strom in Wärme auf bis zu 1.300 °C umgewandelt. Das hat eine Effizienz von 98 %. Die hohen Temperaturen ermöglichen eine hohe Energiedichte, was einen kleinen Speicher zulässt und damit die Investitionskosten so gering wie möglich hält.

Der Erhitzer bläst die heiße Luft in den Kraftblock-Speicher. Im isolierten Speicher ist das von Kraftblock entwickelte Material. Das Speichergranulat ist eine Mischung aus bis zu 85 % Stahlschlacke, die sonst keinen technischen Nutzen hat, Additiven für gute Speichereigenschaften und einem Binder, der alles zu einer formbaren Masse bindet. Weder seltene Erden noch teure oder CO2-intensive Materialien werden benötigt.

Das Material erhitzt sich an der heißen Luft und nimmt so die Wärmeenergie auf. Diese Übertragung ist effizienter als bei herkömmlichen Speichermaterialien für Hochtemperaturen. Das Material ist bei einer täglichen Benutzung für über 40 Jahre getestet. Die Kapazität liegt bei bis zu 1,2 MWh pro Kubikmeter auf 1.300 °C. Ist das Material erhitzt, wird der Aufladevorgang gestoppt. Die Speicherphase kann zwischen wenigen Minuten und bis zu zwei Wochen betragen, je nach Bedarf des Anwenders. In energieintensiven Produktionen, die rund um die Uhr arbeiten, ist eine kurze Speicherung sinnvoll, dann sind weniger Speicher notwendig.

Wenn die Energie aus dem Speicher benötigt wird, wird kalte Luft durch den Speicher geblasen und erhitzt sich am Material. Über die Betriebsweise des Speichersystems werden Anwendungstemperaturen genau angepasst, ob für Pasteurisieren, Darren oder Frittieren. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Wärme auf andere Wärmemedien, etwa Dampf, Warmwasser oder Thermalöl, zu übertragen, wodurch die existierende Infrastruktur weiter genutzt werden kann.

Die Voraussetzungen für dieses Net-Zero-Heat-System sind etwa ein separater Stromanschluss mit mindestens 400 V und eine Mindestleistung von 200 KW thermischer Energie. Dazu braucht die Anlage etwas Platz in der Produktion oder nahe der Fabrik – das System umfasst mehrere Standardcontainer.

Strom kaufen, wenn es am günstigsten ist

Der Speicher erfüllt dabei mehrere Funktionen, die gegeben sein müssen, wenn grüne Energie genutzt wird: Versorgungssicherheit, niedrige Betriebskosten und niedrige Investitionskosten durch den Hochtemperatur-Ansatz. Bis zu zwei Wochen kann die Energie ökonomisch genutzt werden, wodurch Fluktuationen in Stromerzeugung und Preisen ausgeglichen werden können. Bei Bedarf kann der Speicher also die Versorgung sichern und Ausfälle kompensieren.

Eine täglich produzierende Industrie kann täglich zu günstigen Preisen Wärme aufladen, um die Betriebskosten zu senken. Strompreise variieren stark je nach Bedarf und nach Art der Stromerzeugung. Während Strom zu Zeiten hohen Bedarfs teuer ist und die Erzeugung aus Kohle oder Gas den Preis nach oben treibt, ist Strom aus Wind und Sonne günstig und bei niedrigem Bedarf können sogar Negativpreise entstehen.

Damit können die Betriebskosten mit Gas als Wärmequelle konkurrieren oder sogar darunter liegen. Durch die steigenden Kosten für den Emissionsausstoß, verbessern sich zukünftig die finanziellen Vorteile. Momentan kostet eine Tonne CO2 im europäischen Zertifikatshandel etwa 80 bis 100 Euro. Spätestens 2026 wird der Preis mit der Verschärfung des Systems weiter steigen.

Dekarbonisieren, ohne die Infrastruktur zu ersetzen

Diverse Branchen haben energieintensive Wärmeprozesse. Das können die Feuerungen in Brauereien sein, die verschiedenen Prozessschritte in einer Molkerei oder eine Zuckerfabrik. Oftmals gibt es eine zentrale Wärmequelle in Lebensmittelfabriken, einen Brennkessel, der verschiedene Wärmeanwendungen versorgt. Durch ein Net-Zero-Heat-System kann ein zentrales Element ersetzt werden, ohne die Infrastruktur in einer Fabrik zu ersetzen.

In einer Zuckerraffinerie versorgt die zentrale Wärmequelle Prozesse wie das Auslösen bei Rüben, die Trocknung der ausgelösten Rübenschnitzel, die Verdampfung der Molasse bis zur Trocknung des Zuckers. Der Gas- oder Kohlekessel kann gegen ein Net-Zero-Heat-System ausgetauscht werden. Zudem gibt es oft eine eigene Stromerzeugung, eine Anwendung, die mit Hochtemperaturspeichern ebenfalls verbessert werden kann. Wie bei Pepsico muss nicht alles direkt komplett ersetzt werden. Das modulare Speichersystem kann zunächst einen Teil der Energie stellen. Überschüsse aus eigenen Photovoltaik- oder Windkraftanlagen können damit ebenfalls für die Reduktion von Treibhausgasen genutzt werden.

grafische Darstellung Wärmeprozesse Zuckerfabrik
Wärmeprozesse in einer Zuckerfabrik werden üblicherweise von einer zentralen Wärmequelle versorgt. (Bild: Kraftblock)

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