Füll- und Verschließmaschine für Kleinstchargen
  • Gemeinsam mit dem Fraunhofer ITEM stand der Maschinenbauer vor der Aufgabe eine Kombinationsanlage zu konstruieren, die sowohl Vials als auch Ampullen platzsparend und unter strengen Anforderungen bezüglich der Sterilität befüllen und verschließen kann.
  • Wichtig für den Erfolg war es, dass Hard- und Softwareentwickler, Bediener und Modellbauer sowie Nutzer bereits zu einer frühen Entwicklungsphase kooperierten. Dies ermöglichte eine ständige Kontrolle, ob die Anlage auch den tatsächlichen Bedürfnissen im Alltag entsprach.

Die Pharmazeutische Biotechnologie des ITEM ist seit 20 Jahren in der Entwicklung biopharmazeutischer Wirkstoffe aktiv. Im Januar 1997 erhielt das Institut eine Herstellungserlaubnis gemäß § 13 AMG (Arzneimittelgesetz) für biopharmazeutische Wirkstoffe und im April 2010 eine Erweiterung für das manuelle aseptische Abfüllen von großvolumigen klinischen Prüfpräparaten. Mit dem Ausbau der Abteilung auf dem Campus des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig schuf Fraunhofer jetzt auch die räumlichen Voraussetzungen zum sterilen Abfüllen von kleinvolumigen Prüfarzneimitteln. Im Laminar-flow-Bereich (LF, laminare Strömung) ist es nun möglich, gemäß den Anforderungen von Annex 1 des EU GMP-Leitfadens zur aseptischen Herstellung Kleinchargen von Arzneimitteln, insbesondere Prüfarzneimittel der Phasen I und II, abzufüllen.

Die Idee: eine Kombi-Abfüllanlage
Im September 2013 weihten die Verantwortlichen die Wirkstätte in Braunschweig ein. Darunter ein Reinraum der Klasse B, in dem nun Prüfarzneimittel in Vials und Ampullen in Losgrößen bis 3.000 Stück abgefüllt werden. „Mit unserer über die Jahre hinweg akkumulierten fachlichen Kompetenz und der Technologieplattform schließen wir die Lücke zwischen präklinischer Forschung und klinischer Entwicklung. Wir sind zuversichtlich, dass unser jetziges Angebot die Entwicklung vieler kommender Biopharmaka beschleunigen wird und für die Industrie, insbesondere aber für neue Biopharmakandidaten öffentlicher Forschungseinrichtungen, von großem Interesse ist“, erklärt Dr. Holger Ziehr, Leiter der Pharmazeutischen Biotechnologie.

Vorgestellt wurde bei der Einweihung auch die Füll- und Verschließmaschine ARF 1010 von Bosch Packaging Technology, das Ergebnis des ersten gemeinsamen Projekts des Fraunhofer ITEM und Bosch. „Das ITEM möchte seinen Kunden schnellen Zugang zu sterilen biopharmazeutischen Prüfpräparaten bieten. Dafür benötigten wir eine Lösung, die auch bei kleinsten Chargen und unterschiedlichen Behältnissen noch effizient arbeitet. Unsere Idee war eine Kombinationsanlage, die sowohl Vials als auch Ampullen platzsparend, effizient und unter strikter Einhaltung geltender Aseptik-Anforderungen abfüllt und verschließt“, fasst Ziehr zusammen. „Wir kommen aus dem Wirkstoffbereich und hatten bisher keine Erfahrung mit dieser Art der Abfüllung. Schnell mussten wir feststellen, dass der Markt kaum Lösungen für uns bereithielt“, führt Dr. Luma Baydoun, Leiterin Qualitätskontrolle beim Fraunhofer ITEM, aus. Auf der Interpack 2008 kamen die Projektverantwortlichen mit Vertretern des Maschinenbauers ins Gespräch und legten den Grundstein für die spätere Zusammenarbeit.

Die Herausforderung: wenig Raum
Parallel zu den Arbeiten am Standort fanden die ersten Meetings der Partner statt. „Eine Herausforderung war, dass die Füll-und Verschließanlage in einem bestehenden Gebäude mit Verbindung zur Wirkstoffanlage untergebracht werden musste und uns darum nur beschränkte Platzkapazitäten zur Verfügung standen“, erinnert sich Ziehr. Der Vorteil an der zeitlichen Überschneidung der Umbauarbeiten und den Gesprächen: Die Anlage ist auf das Raumkonzept angepasst, sodass der Betreiber den bestehenden Platz jetzt optimal nutzen kann. Aus der Zusammenarbeit mit dem ITEM leiteten die Teammitglieder mehrere Designprinzipien wie Flexibilität, Umrüstbarkeit und Platzeinsparung ab. Denn erst am Mock-up-Holzmodell ist zu erkennen, ob am Reißbrett, in Brainstorming-Sessions oder gemeinsam mit den Nutzern erarbeitete Konzepte auch umzusetzen sind. Insbesondere die Anforderungen an Packmittel, Pumpen, Reinraumklassen und Beschutzung wurden detailliert am Modell ausgearbeitet; die Erkenntnisse flossen direkt in die weitere Entwicklungsarbeit ein.

In der frühen Phase war die Kooperation zwischen Hard- und Softwareentwicklern, Bedienern und Modellbauern besonders wichtig, um mithilfe der Nutzer zu prüfen, ob der Entwurf den Bedürfnissen im Alltag entspricht. Beim Verarbeiten von Wirkstoffen reichen herkömmliche sterile Abfüllanlagen nicht aus. Deshalb ist die Anlage mit einem Rabs (Restricted Access Barrier System) und einer LF-Beschutzung ausgestattet; der B-Reinraum mit 100 % Frischluft versorgt. Zur Dekontamination der biologisch aktiven Agenzien ist eine Sterilraum-Begasung mit H2O2 erforderlich, was wiederum eine robuste Anlage voraussetzt.

Die Herangehensweise: Arbeitsteilung
Aufgrund der räumlichen Beschränkungen beschloss das Institut, einige vorgelagerte Schritte an externe Partner zu vergeben. Das traditionelle aseptische Abfüllen teilt sich in drei Zonen auf: Beladen und Waschen; Sterilisieren und Entpyrogenisieren; Füllen und Verschließen. In Braunschweig liegt der Fokus auf Zone 3, für die beiden anderen wurden Kooperationspartner aus der Packmittelherstellung gesucht. Einer davon ist das in Norditalien ansässige und auf pharmazeutische Primärverpackungen aus Glas spezialisierte Unternehmen Nuova Ompi, das bereits in früheren Projekten mit Bosch zusammengearbeitet hat. Aus der EZ-fill-Produktlinie von Nuova Ompi bezieht das ITEM füllfertige, sterile und pyrogenfreie Vials. Indem die Linie die Quellen potentieller Belastung der Glasbehältnisse eliminiert, trägt das Konzept zu einer Vereinfachung der Produktionsabläufe bei und erhöht die Flexibilität im Abfüllprozess.

Die Behältnisse mit einem Fassungsvermögen von 10 mm erreichen das Labor in Braunschweig in einem Kunststoff-Tray. Dieses ist mit einem Deckel aus reißfestem Polyethylen versiegelt und zusätzlich durch einen doppelten Steribag geschützt. Der Anwender schleust die vorsterilisierten Vials in den Reinraumbereich. Von dort gelangen sie über eine Einschubklappe in das Rabs, wo der Bediener die Verpackung manuell über die Handschuh-Eingriffe entfernt. Im Anschluss verarbeitet die Füll- und Verschließmaschine mit dem einstelligen Schlauchpumpenfüllsystem 36 Vials pro Minute. Das kontinuierliche Nachbeschicken erfolgt über einen Schrägeinlauf. Über eine Vereinzelungsschnecke gelangen die Behältnisse in das getaktet umlaufende Sternrad, das sie schonend und tragend durch die Arbeitsstation transportiert. Nach dem Befüllen durch die Peristaltikpumpe setzt das System einen Stopfen auf die Vials und verbördelt die beiden. Die leeren Trays übergibt die Maschine einem speziellen Magazin, die unbrauchbaren Vials dem Schlechtausschub.

Der Anforderung: flexible Umrüstung
Innerhalb kurzer Zeit lassen sich alle Formatteile des Transportsystems werkzeuglos auf das Abfüllen von Ampullen umrüsten. „Wir wollten auch ein Primärpackmittel aus nur einem Oberflächenmaterial, und zwar aus dem Gold-Standard Glas, denn Gummistopfen bergen neben der zu adressierenden Frage der Leachables auch gewisse Risiken, etwa die Adsorption einzelner Formulierungskomponenten“, erklärt Ziehr. Deshalb kommen auf der Maschine sowohl offene als auch Aufbrennampullen aus Glas zum Einsatz. Die kontinuierlich laufende Vereinzelungsschnecke bringt sie in der Anlage auf Teilung und übergibt sie an das Sternrad, wo sie die Applikation, wenn erforderlich, öffnet, begast, befüllt und verschließt. Die Flammenregelung ist vollständig reproduzierbar. Die Ampullenverschließstation, die Flammenabsaugung und der Entsorgungsschacht für die Ampullenspieße sind so angeordnet, dass sie die laminare Strömung nicht beeinflussen. Begasungsstationen zum Vor-, Nach- und Schließbegasen der Vials und Ampullen mit N2 bilden den Abschluss der Anlage.

Interpack Halle 6 – A31-C58

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Syntegon Systems AG

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