Grafische Darstellung

Darstellung einer Schallemissionsprüfung (SEP): Sensoren an der Außenhülle erfassen Schallwellen. (Bild: Tüv Süd)

Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) verpflichtet Anlagenbetreiber, Druckgeräte wie Druckluftbehälter regelmäßig auf Dichtheit, Rissbildungen und Korrosionsfortschritte zu prüfen. Um die Festigkeit zu testen, werden die Behälter üblicherweise mit Wasser gefüllt und nach der Prüfung gereinigt und getrocknet. Damit sind lange Ausfallzeiten verbunden. Zudem sind in der Pharma- und Lebensmittelproduktion die Anforderungen an die Druckluftreinheit besonders hoch. Restfeuchte im System gefährdet den Herstellungsprozess und beeinträchtigt die Produktqualität.

Alternative Prüfmethoden sind zulässig, wenn ein entsprechendes Prüfkonzept des Betreibers gleichwertige Aussagen zur Betriebssicherheit ermöglicht und eine Zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) dies bestätigt. Eine solche Methode ist die Schallemissionsprüfung (SEP), die zu den zerstörungsfreien Prüfverfahren (ZfP) gehört. Sie kann mit Gas anstelle von Wasser ausgeführt werden und verhindert dadurch verbleibende Restfeuchte. Darüber hinaus müssen die Komponenten nicht außer Betrieb gesetzt werden, was den Stillstand auf ein Minimum reduziert.

Risswachstum erzeugt Schallwellen

Während der SEP wird der Druck im Druckgerät stetig erhöht und mit Sensoren überwacht. Bei einer Gasdruckprüfung sollte der Prüfdruck 10 % höher sein als der maximale Betriebsdruck. Wird dieser Wert erreicht, ersetzt die Prüfung zugleich die Innenbesichtigung des Druckgeräts. Aktive Fehler im Werkstoff, beispielsweise Risse, wachsen mit dem steigenden Druck und erzeugen dadurch einen mechanischen Bewegungssprung, der seine Umgebung anstößt. Diese federt zurück und löst damit elastische Schallwellen aus, die von piezoelektrischen Sensoren an der Behälterwand registriert und in elektrische Signale umgewandelt werden.

Die Schallemissionsquellen (SE-Quellen) sind mithilfe der abweichenden Messwerte an den verschiedenen Messpunkten genau zu lokalisieren. Ein Computer zeichnet die Signale auf und stellt sie grafisch dar, sodass ein erfahrener Prüfingenieur sie schließlich interpretieren und bewerten kann. Dabei werden die Signale nach ihrer örtlichen Anhäufung in Cluster eingeteilt. Die Anzahl der detektierten Signale innerhalb eines Clusters bestimmt den Grad der Aktivität des Bereichs. Bei der Analyse der Daten und um nötige Maßnahmen zu planen, hat es sich bewährt, die Cluster nach ihrem Grad der Aktivität und Intensität in drei Klassen einzuteilen (Tabelle). Mit dieser Methode können Veränderungen im Gefüge des Werkstoffs erkannt werden, bevor sie einen kritischen Zustand erreichen. Häufig ermöglicht die SEP zudem genauere Beurteilungen als herkömmliche Druck- und Sichtprüfungen. Unkritische Inhomogenitäten und Mikrorisse, die im Normalbetrieb nicht wachsen, können als solche erkannt und daher belassen werden.

Grafik TÜV Süd
Mehrere Sensoren erfassen und lokalisieren Schäden exakt. (Bild: TÜV Süd)

Komplexe Strukturen fortlaufend überwachen

Die Schallemissionsprüfung erkennt Defekte, während diese entstehen oder wachsen. Damit ist das Verfahren auch geeignet, Anlagen im laufenden Betrieb zu überwachen. Mit wenigen Sensoren an festen Positionen können Großbehälter, komplexe Geometrien oder schwer zugängliche Bereiche und Einbauten sicher und fortlaufend geprüft und überwacht werden. Ermöglicht wird das durch die enorm gestiegene Rechenleistung der letzten Jahre, von der auch die SEP profitiert. Mehrere Hundert detektierte Anomalien pro Sekunde lassen sich problemlos visualisieren.

Die fortlaufende Überwachung liefert wertvolle Daten für Konzepte einer Predictive Maintenance und für die Planung von Wartungsintervallen. Über Netzwerk oder Cloud ermöglichen die Daten auch Online-Monitoring. Ergänzt mit einer separaten Ultraschallmessung kann im Permanent-Monitoring-Verfahren unter anderem auch die Wandstärke der Druckbehälter und Leitungen dauerhaft überwacht werden.

Fallbeispiel: Pharmaproduktion

Das Pharmaunternehmen Hexal beauftragte TÜV Süd Industrie Service, einen Druckbehälter zu prüfen, der Druckluft für Herstellungsprozesse bereitstellt. Der Behälter aus warmfestem Kesselbaustahl (Werkstoff P 235 GH), Baujahr 1991, hat ein Volumen von 3.000 l. Da die Produktionsanlage im Dreischichtbetrieb läuft, sollte eine möglichst geringe Stillstandzeit während der Integritätsprüfung erzielt werden.

Zunächst wurde der Behälter innen visuell geprüft. Das ist zwar bei einer SEP nicht zwingend notwendig, doch der Behälter war über das vorhandene Mannloch gut zugänglich. Bei der Sichtprüfung wurden keine relevanten Schäden festgestellt und auch die mit Ultraschall gemessene Wanddicke war unbedenklich.

Zur Vorbereitung der Schallemissionsprüfung brachte der Prüfingenieur anschließend Sensoren an der Außenwand des Behälters an. Insgesamt acht Sensoren genügten, um die gesamte Struktur des Behälters zu kontrollieren. Der zulässige Betriebsdruck betrug 11 bar, daher war ein Prüfdruck von 12,1 bar nötig. Dieser wurde mit einem externen Kompressor aufgebracht und über 15 Minuten gehalten. Anschließend war der Behälter wieder betriebsbereit. Die Analyse der Aufzeichnungen zeigte, dass nur in wenigen Bereichen SE-Quellen erfasst wurden, die zudem der Klasse 1 zuzuordnen waren. Die Stabilität des Druckbehälters war somit nicht gefährdet und der Weiterbetrieb bis zur nächsten wiederkehrenden Prüfung sicher.

 

Tabelle TÜV Süd
Schallemissionsquellen klassifizieren und Maßnahmen ableiten. Quelle: TÜV Süd

Entscheider-Facts

  • Die Schallemissionsprüfung ist eine saubere und schnelle Alternative für die Stabilitätsprüfung von Druckgeräten, die sich auch zur kontinuierlichen Überwachung eignet.
  • Mit dieser Methode sind Veränderungen im Gefüge des Werkstoffs erkennbar, bevor sie einen kritischen Zustand erreichen. Häufig sind zudem genauere Beurteilungen möglich als mit herkömmlichen Druck- und Sichtprüfungen.

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