Blick in Produktionsstrasse mit Glasfläschchen

„Sicherungsringe, Sicherheitsdeckel, Aluminiumkappen oder Tropfeinsätze – mit den Linmot Hub-Dreh- und Linearmotoren (oben rechts) können wir zahlreiche Pharmaprodukte lückenlos abdecken“, sagt Pascal Witprächtiger, CEO von Zellwag Pharmtech. (Bild: Zellweg Pharmtech)

Entscheider-Facts

  • Präzise Antriebstechnik ist eine wichtige Voraussetzung für zuverlässige und reproduzierbare Abfüll- und Verschließprozesse nach Pharma-Standards.
  • Die beschriebenen Motorenmodule ermöglichen einem Maschinenbauer, Abfüllanlagen für diese hohen Ansprüche maßgeschneidert anzubieten. Die Anlagen sind flexibel und gleichzeitig einfach umzurüsten und zu warten.
  • Die Sensorausstattung der Motoren liefert detaillierte Daten für Dokumentation und präventive Wartung.

Sowohl die unmittelbaren Auswirkungen der Covid-19-Pandemie als auch die gesundheitspolitischen Eindämmungsmaßnahmen der darauffolgenden Krisensituation haben zu bisher nie da gewesenen Produktionshemmnissen, Lieferengpässen und zum beispiellosen Einbruch des Weltwirtschaftswachstums geführt. Dieser Dominoeffekt hat bis zum heutigen Tag zahlreiche – vor allem digital schwächer aufgestellte – Unternehmen in eine existenzielle Schieflage gebracht.

Zu den Ausnahmen gehört der Hersteller von semi- und vollautomatischen Füll- und Verschließanlagen Zellwag Pharmtech. Die Füll- und Verschließanlagen des Maschinenbauers bieten dem Pharmasektor hochgradige Prozesssicherheit und Reproduzierbarkeit sowie einen werkzeugfreien Format- und Produktwechsel. Auch aufgrund dieser Alleinstellungsmerkmale soll das Unternehmen bald als pharmazeutische Division der Muttergesellschaft Rychiger fungieren. „Die Richtung Engineering mit mechanischen Kompetenzen im Handlingbereich gab es schon im Jahre 1990“, blickt Pascal Witprächtiger, CEO von Zellwag Pharmtech, zurück und beleuchtet auch die strukturelle Wandlung durch die Zeit: „Die Firma war allerdings sehr breit aufgestellt und die stets wachsende Anzahl an Formatteilen für Schraubprozesse wurde zu einer grossen Herausforderung. Heute ist Zellwag anders strukturiert: Wir entwickeln die Software selbst und agieren als Maschinenbauer durch unsere Kernkompetenzen und Strategien mit klarem Fokus auf die Pharmaindustrie.“

Die hohe Anzahl an verschiedenen Formatteilen durch die Spezifizierung des Zielmarktes deutlich zu verringern, war allein noch kein Patentrezept für die weiteren Herausforderungen eines Maschinenbauers in der Pharmaindustrie. Die zahlreichen Zertifizierungen und die hygienischen Normvorschriften sowie die Datenaufzeichnung gemäss 21 CFR Part 11, darüber hinaus die mechanischen Anforderungen, beispielsweise die Genauigkeit eines Füllniveaus im Bereich von 0,5 mm und einer absolut fehlerfreien Ansteuerung vielfältiger Schliessprozesse stellen weitaus bedeutsamere Herausforderungen dar: „Manche Kunden wünschen sich Anlagen, welche bis zu 15 verschiedene Schraubprozesse durchführen können“, erläutert CEO Witprächtiger die Komplexität der Ansprüche. Demzufolge entsteht eine endlose Liste von Sicherungsringen und Sicherheitsdeckel, Aluminiumkappen und Tropfeinsätzen sowie Probeentnahmeröhrchen von Covid-19-Testkits, deren Verarbeitung ausschließlich mit dem obersten Maßstab des flexiblen Schraubprozesses erfolgen darf. Aufgrund dieser geforderten Flexibilität arbeitet das Unternehmen mit dem Antriebshersteller Linmot zusammen.

Zellwag-Chef Witprächtiger vor Anlage
Zellwag-Chef Witprächtiger zeigt eine der Z-110 Maschinen mit dem unerlässlichen Hubdreh-Motor der Serie PR02 von Linmot (hinten). (Bild: Zellwag Pharmtech)

Lösungen aus einer Hand

Die Hubdreh-Motoren von Linmot sind wie für die von Zellwag Pharmtech angewendeten, branchentypischen Bewegungsprozesse gemacht, bekräftigt Witprächtiger. Zu den ausschlaggebenden Unterschieden gegenüber anderen technischen Konzepten zählt er die jene im Pharmabereich unabdingbare Präzision der PR02-Motoren. Diese sieht der Betreiber beispielsweise mit pneumatischen Systemen – aufgrund deren eingeschränkter Regelbarkeit und der geringeren Widerholgenauigkeit – kaum realisierbar. Auch das eigene Moduldesign unterstützt die akkuraten Bewegungsabläufe. Die Motorserie verfügt über ein besonders filigranes, harteloxiertes – auf Wunsch aus Edelstahl gefertigtes – Gehäuse mit verkürzter Einbaulänge. In dieses lassen sich mehrere, besonders für die chemisch-pharmazeutische Industrie interessante Features des Motorenherstellers integrieren:

  • Kraft- und Drehmomentsensor ermöglichen Kraft- und Drehmomentregelung im geschlossenen Kreis sowie exakt reproduzierbare und protokollierbare Schraubprozesse.
  • Hohlwelle bietet eine Luftdurchführung durch das gesamte Modul für den Betrieb von pneumatischen Greifern oder für die Ansaugung über Vakuum.
  • Magnetische Lastkompensation «Magspring» kompensiert passiv die bewegte Masse des Werkzeugs und des Motors.
  • Elektrischer/pneumatischer Pusher ermöglicht dem Anwender eine zweite axiale, teleskopische Bewegung. Damit lassen sich gegriffene Elemente ausstoßen oder mechanische Greifer betreiben.

„Eine andere, entsprechende Mechanik zu bauen, welche die Schraubprozesse übernehmen könnte, wäre sehr mühsam“, fügt der Zellwag-Chef an und bestätigt somit das universale Können der Linmot Module – ohne dies wären weder eine Null-Fehler-Produktion noch die Bedingungen für präventive Wartung gegeben.

Erweiterter technischer Horizont

Mit ihrer weiterentwickelten Modularität und Skalierbarkeit gehören die ausgesprochen platzsparenden Rundtaktmaschinen der Serie Z-110 von Zellwag zu den modernen Abfülllinien weltweit. Konzipiert sind sie unter anderem für Probeentnahme- und Reagenzröhrchen für Immunoassays und molekulardiagnostische Reagienzen, welche – auch durch die Covid-10-Pandemie – auf dem Markt zunehmend gefragt sind. Nebst den zahlreichen Deckel- und Behälterformaten können die kompakten Monoblock-Geräte verschiedenste Inneneinsätze, wie Dosier- oder Tropfeinsätze und Aufbringpinsel, aber auch Sprayapplikatoren sowie Drehverschlüsse und Pilferproof-Verschlüsse anbringen – „teilweise sehr klein dimensionierte und leichte Teile, welche jedoch ein exakt bestimmtes Drehmoment benötigen“, hebt Witprächtiger einen ohnehin sehr wichtigen Punkt des Prozesses hervor, welcher in der Zeit der Industrie 4.0 und der von dieser verlangten Datenerhebung von besonderer Bedeutung ist.

Die bereits erwähnten Ausstattungsoptionen der Antriebsmodule lassen für den Maschinenbauer keine Wünsche bezüglich der Daten der Kraftregelung und -Messung übrig: Neben den aus dem Servoregler zur Verfügung gestellten Sollwerten bieten die Kraft- und Torque-Sensoren die Möglichkeit, Prozessparameter in Echtzeit mit einer Genauigkeit von 1 % des Nennwerts zu überwachen. Für die Datenerhebung stehen bei den PR02-Modulen die analoge Signalschnittstelle des Motors und – wie bei Zellwag Pharmtech umgesetzt – Linmot Servo Drives mit Feldbus zur Verfügung.

Präzise Dokumentation für präventive Wartung

Eine so präzise Dokumentation der Prozessdaten kommt allerdings nicht nur einer kurzzeitigen Beobachtung oder Diagnose möglicher Abweichungen von Parametern wie Position, Hub, Drehmoment, Drehwinkel oder Vorschubkraft zugute. Durch eine langfristige Erhebung der Produktionsinformationen können auf der einen Seite vermeidbaren Verschleiß verursachende Konstruktionsprobleme und allfällige Abnutzungen mechanischer Teile rechtzeitig aufgedeckt sowie bevorstehende Wartungsintervalle exakt geplant werden. Damit genügen die Module den Voraussetzungen der erwähnten Digitalisierungsbestrebungen, die sowohl einen wirtschaftlichen Aufschwung trotz rezessiver Lage als auch die von Endanwendern immer häufiger erwünschte präventive Wartung der Anlagen ermöglichen.

Darüber hinaus leisten die Module einen wichtigen Beitrag in einem weiteren essenziellen Schritt der Entwicklungsphase von Verschließanlagen und Schraubprozessen, über die Grenzen der Industrie 4.0 hinaus, nämlich im Reverse Engineering: „Bei Zellwag nehmen wir erstmal das Produkt des Kunden in die Hand, um zu verstehen, was unsere Anlagen machen sollen. Durch die unheimlich vielen Sensoren der menschlichen Hand wissen wir wesentlich genauer, welche Bewegungen mit der Software ausgeführt werden müssen“, beschreibt Witprächtiger den hauseigenen Prozess des Reverse Engineerings, und hebt hervor: „Diese hochpräzisen Bewegungen lassen sich mit den Linmot-Lösungen perfekt parametrieren.“

Aus der Zusammenarbeit der beiden Firmen gehen keineswegs entwicklungsgeistlose Fliessbandmaschinen hervor. Vielmehr verwirklicht die Zellwag-Linmot-Kooperation die prinzipiellen Gedanken der Industrie 4.0, indem sie Maschinen konzipieren, die einerseits als hochgradig individualisiert gelten, und andererseits die in der chemisch-pharmazeutischen Branche zunehmend benötigten massenindividualisierten Produkte durch ihre Eigenschaften auch herstellen können.

Grafik
Informationen, wie Presskraft, Drehmoment, Schliesswinkel oder lineare Position stehen durch die Echtzeit-Motordaten des PR02 bei jedem Verschliessvorgang zur Verfügung. (Bild: Linmot)

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