Der Vorteil der Papierverpackung: Nach der Nutzung lässt sie sich – inklusive der Beschichtung – in der Altpapiertonne entsorgen. Die Forscher im Projekt Bioactivematerials der Fraunhofer‑Institute für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) sowie für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) nutzen die Kombination zur Herstellung typischer und funktioneller Verpackungsmaterialien: verschließbare Siegelrandbeutel oder Einschlagpapier. Das Basismaterial Papier wird dabei über Standardverfahren mit der neuen Beschichtung versehen. Für diese nutzen die Wissenschaftler Proteine und Wachse mit biobasierten Additiven. Die spezielle Formulierung der langzeitstabilen Beschichtung soll gleich mehrere Funktionen erfüllen: Zum einen dienen die Proteine als Sauerstoffsperrschicht und die Wachse als Wasserdampfbarriere, so trocknet beispielsweise Obst nicht so schnell aus. Zum anderen verleihen die biobasierten Additive antioxidative und antimikrobielle Wirkung. Fleisch und Fisch verderben dann nicht so schnell. Insgesamt soll sich die Haltbarkeit des Lebensmittels dadurch deutlich verlängern. Auch die Proteine in der Beschichtung übernehmen bestimmte Aufgaben: Sie verhindern, dass Mineralöl aus dem Papier auf die Lebensmittel übergeht. Gerade Altpapier enthält Reste von mineralölhaltiger Druckerfarbe.
Die richtige Mischung macht‘s
Bei der Wahl der Rohstoffe für die Beschichtung setzte das Fraunhofer‑Team auf natürliche, lebensmittelrechtlich zugelassene Substanzen. Für die Protein‑Komponente etwa experimentierten sie mit Raps, Lupinen, Molke oder Sonnenblumen. In der Praxis könnten landwirtschaftliche Betriebe nicht verwertete Reststoffe aus der Produktion an die Verpackungsindustrie liefern. Bei den Wachsen setzen die Forscher auf Bienenwachs und auf Wachse, die aus dem in Nordmexiko vorkommenden Candelilla‑Busch sowie aus der brasilianischen Carnauba‑Palme gewonnen werden. Diese Wachse sind besonders geeignet, da sie biologisch abbaubar, lebensmittelrechtlich zugelassen und auf dem Markt leicht verfügbar sind. Die Kunst besteht im Mischungsverhältnis und in der Reihenfolge, in der man die einzelnen Substanzen dazugibt. „Die Flexibilität beim Mischungsverhältnis der Substanzen ermöglicht es uns auch, die Beschichtung für bestimmte Anwendungen zu optimieren«, erklärt Dr. Michaela Müller, Leiterin des Innovationsfelds Funktionale Oberflächen und Materialien am Fraunhofer IGB. So könnte etwa eine Verpackung für Fleisch durch mehr Antioxidantien eine besonders starke antimikrobielle und antioxidative Wirkung entfalten, während der Salat in der Tüte durch eine Wachsbeschichtung besonders gut vor Austrocknung geschützt ist.
Auch für tiefgekühlte Lebensmittel
Die im Forschungsprojekt entwickelten beschichteten Papiere sollen so eine Alternative zu derzeitigen Verpackungen für Lebensmittel aller Art bieten. Die Verbraucher können die papierverpackten Lebensmittel genauso lagern und handhaben wie die mit Kunststoff verpackten. »Unsere papierbasierten Verpackungen sind auch für Lebensmittel geeignet, die gekühlt werden müssen, beispielsweise Fleisch. Hierbei bleibt die Schutzfunktion vor Sauerstoff erhalten«, ergänzt Dr. Michaela Müller. Sogar Tiefkühlkost lässt sich darin verpacken. Auch an weitere praktische Aspekte haben die Forscher gedacht. So lässt sich neben Papier auch Karton mit der bioaktiven Beschichtung ausstatten. Ein Bedrucken der Verpackung ist dabei kein Problem. Ein Hersteller könnte sein Logo oder lebensmittelrechtlich vorgeschriebene Angaben zu Inhaltsstoffen aufdrucken. Und nach der Nutzung wandert die Verpackung einfach in die Altpapiertonne: die Beschichtung ist biologisch abbaubar und stört das Papierrecycling nicht. [jg]