Seit 2019 führt Schubert Additive Solutions ihre Kunden mit dem 3D-Druck in die Welt der organischen Formen, in virtuelle Lager und die Fertigung per Mausklick. Der Replikator dieser neuen Welt heißt Partbox. Er kombiniert die Part-Streaming-Plattform des Verpackungsmaschinen-Herstellers, auf der zertifizierte Druckjobs für 3D-Teile lagern, mit einer sicheren Internetverbindung über das Industrial Gateway GS Gate – ebenfalls eine hauseigene Entwicklung. Anwender benötigen nur noch einen handelsüblichen Filament-Drucker, um Bauteile zu reproduzieren. Unter der Leitung von Marcus Schindler als Bereichsleiter Supply Chain Management steigt die Zahl der gedruckten 3D-Teile stetig weiter – im Jahr 2020 wurden mehr als 60.000 Stück produziert. Die Menge beschränkt sich nicht allein auf Pick-and-Place-Werkzeuge für die Roboter in den Verpackungsmaschinen. Schindler erklärt: „Wir können bei Schubert Additive Solutions Betriebsmittel, Ersatz- und Verschleißteile oder Werkzeuge für die gesamte Industrie herstellen und arbeiten mit Kunden aus verschiedensten Branchen intensiv daran, unser Portfolio beständig zu erweitern.“
Hohe Anforderungen durch Produktvielfalt
Die Zusammenarbeit mit dem Naturkosmetikhersteller Laverana ist ein beispielhaftes Visionsprojekt, das sichtbar macht, wie Anwender vom 3D-Druck on demand profitieren können. Seit über 30 Jahren erfüllt Laverana mit den Naturkosmetik-Produkten seiner Marke Lavera die Beautywünsche von Kunden aus aller Welt – mit hohem Anspruch an die Qualität der Produkte, Verpackungen und Produktionsprozesse. Bei den neuen Verpackungsmaschinen bestand die Herausforderung für die Entwickler in der großen Vielfalt an Kosmetikprodukten – von Pflegecreme über Shampoo und Deodorants bis hin zu Make-up – und der Anforderung, die Formate ständig und schnell wechseln zu müssen. Denn auf derselben Produktionslinie werden jetzt schon zehn unterschiedliche Produkte und Losgrößen verpackt. „Heute ist in unserer Branche große Agilität und eine möglichst kurze ‚Time-to-Market‘ gefragt. Unsere bestehenden Anlagen waren dafür allerdings nicht ausgelegt und forderten bislang für jeden Produkt- oder Formatwechsel ein umständliches und zeitraubendes Umrüsten der Maschinen“, berichtet Thomas Haase, geschäftsführender Gesellschafter bei Laverana. Deshalb entwickelte er zusammen mit dem Team von Daniel Traub, Gruppenleiter bei Schubert-Cosmetics, eine völlig neuartige vollautomatische Abfüll- und Verpackungslinie.
Die agile Visionsanlage mit hoher Linieneffizienz wurde basierend auf den bewährten TLM-Systemkomponenten gebaut. Alle Einzelteile der Verpackung wie Flaschen, Kappen, Bürsten und Pumpen werden formatteilfrei über ein Band zugeführt. Das herstellereigene 3D-Kamerasystem erfasst die unsortierten und teilweise übereinanderliegenden Objekte dreidimensional. Ein Pick-and-Place-Roboter nimmt diese Komponenten zielgenau auf („Griff ins Chaos“) und platziert sie auf dem Transportroboter Transmodul. Dieses führt die Komponenten zu einer der beiden vielseitig programmierbaren Abfüllstationen, an denen auch 2-Phasen-Produkte präzise abgefüllt werden. Nach dem Befüllen überprüft die Anlage vollautomatisch, ob alle Flaschen das gewünschte Gewicht aufweisen und justiert gegebenenfalls nach. Durch das neue, vollumfänglich integrierte Etikettier-Aggregat werden die Behälter anschließend verschlossen, etikettiert und bedruckt. Der Umkarton wird in einem Arbeitsschritt aufgerichtet und mit den Produkten beladen. Ohne eine einzige externe Schnittstelle steht am Ende der Linie die fertige Palette mit den verpackten Produkten für den Versand bereit.
Schnell sein mit 3D-Druck
Die Gründe für die hohe Agilität der Visionsanlage liegen, neben den kurzen Formatwechselzeiten, vor allem im 3D-Druck. Mit Ausnahme der Magazinplatte sind alle Wechselteile an den Robotern 3D-Druckteile. Das gilt sowohl für die Transportplatten auf dem Transmodul, als auch für die Greifer und Sauger der Pick-and-Place-Roboter. Ersatzteile oder gänzlich neue Formatteile für weitere Kosmetikprodukte druckt sich Laverana zukünftig über das digitale Lager auf der Partbox selbst – schnell, günstig und flexibel. „Wichtig für unsere Kunden ist, dass die Investition in die Partbox wirklich einen Nutzen bringt“, kommentiert Schindler und fügt hinzu: „In solchen Anwendungen steckt ungeheures Potenzial.“ Die einwandfreie und gleichbleibende Druckqualität wird auf der Plattform durch sogenannte „Certified Printjobs“ sichergestellt.
Kreatives Umdenken ist gefragt
Das Potenzial solcher Maschinen möchte die Schubert-Tochter weiter ausbauen. Dazu braucht es findige Konstrukteure, die Arbeitsschritte genau analysieren, kreativ umdenken und dafür passende 3D-Teile entwerfen können. „Die Ideen für neue Teile sind unser geistiges Eigentum“, betont Geschäftsführer Schindler. Der Anwender bezahlt für jeden Druck einen geringeren Preis als für das konventionell gefertigte und gelieferte Bauteil. Er bekommt ein qualitativ einwandfreies Bauteil mit einem sicheren Herstellungsprozess, verbunden mit einer kürzeren Lieferzeit. Rund um die Partbox ist zudem eine große Bandbreite an weiterführenden Consulting- und Service-Angeboten geboten, inklusive Beratung rund um die additive Technologie.
Die dezentrale Fertigung bekommt durch die globalen Auswirkungen der Pandemie und der Klimaveränderung eine besondere Dringlichkeit. Schindler ist von diesem Weg überzeugt: „In einer Masterarbeit wurde untersucht, dass ein über die Partbox hergestelltes 3D-Teil im Vergleich mit einem konventionell gefertigten Teil bis zu 89 % CO2 einsparen kann. Lean-and-green-Management ist die Basis einer gesunden wirtschaftlichen Zukunft. Irgendwann ist es weltweit alltäglich, statt gefertigter Bauteile einfach Daten zu versenden – genauso, wie wir heute schon Musik streamen.“